# taz.de -- Urteil im Dieselskandal: Ehemalige VW-Manager müssen ins Gefängnis | |
> Prozess zur VW-Dieselaffäre endet mit Haftstrafen für vier | |
> Ex-Mitarbeiter. Weitere Prozesse laufen noch, darunter gegen | |
> Ex-Konzernchef Winterkorn. | |
Bild: Vier frühere VW-Führungskräfte sind wegen Betrugs im Strafprozess zur … | |
taz | Berlin Vier Jahre und 175 Verhandlungstage hat es gedauert. Jetzt hat | |
das Landgericht Braunschweig in einem ersten Strafverfahren zur | |
Dieselaffäre bei VW vier ehemalige Führungskräfte wegen Betrugs verurteilt. | |
Sie sehen sich als Bauernopfer. Die wohl wichtigste Person stand nicht vor | |
Gericht: der ehemalige Konzernchef Martin Winterkorn. Sein Verfahren ist | |
aus gesundheitlichen Gründen abgetrennt. Und auch Anleger müssen weiter | |
warten, ob sie Entschädigung für Kursverluste bekommen. | |
Zwei der Ex-Manager müssen ins Gefängnis. Ein ehemaliger Leiter der | |
Dieselmotorenentwicklung bekam viereinhalb Jahre. Der ehemalige Leiter der | |
Antriebselektronik muss zwei Jahre und sieben Monate in Haft. Einen | |
ehemaligen Abteilungsleiter verurteilte die Wirtschaftsstrafkammer zu einem | |
Jahr und zehn Monaten auf Bewährung. Der ranghöchste Angeklagte, ein früher | |
Entwicklungsvorstand der Marke Volkswagen, erhielt ein Jahr und drei Monate | |
auf Bewährung (Az 6 KLs 411 Js 49032/15 (23/19)). | |
Die Staatsanwaltschaft hatte zwischen zwei und vier Jahren Gefängnis | |
gefordert. Die Verteidiger verlangten drei Freisprüche und eine Verwarnung. | |
Ob das Verfahren wirklich beendet ist, ist offen – das Urteil ist noch | |
nicht rechtskräftig. Strafrechtlich ist der Dieselskandal weiter nicht | |
vollständig aufgearbeitet. Allein in Braunschweig laufen noch vier | |
Verfahren gegen insgesamt 31 Angeklagte. Bei bisher 56 Beschuldigten wurden | |
Verfahren oder Ermittlungen gegen Geldauflagen eingestellt. | |
## Winterkorn ist gesundheitlich angeschlagen | |
Und was wusste Martin Winterkorn, langjähriger Konzernchef mit Hang zu | |
Detailfragen? Womöglich wird es nie eine öffentliche Antwort geben. | |
Winterkorn hätte bei dem Prozess in Braunschweig ursprünglich mit auf der | |
Anklagebank sitzen sollen. Das Landgericht trennte sein Verfahren aber | |
bereits zum Auftakt 2021 ab. Der ehemalige Manager, heute 78 Jahre alt, ist | |
nach einem Unfall gesundheitlich angeschlagen, der Prozess unterbrochen. | |
Wann und ob es weitergeht, ist unklar. Bei den wenigen Auftritten als | |
Angeklagter und, in einem anderen Prozess, als Zeuge wies er jede | |
Verantwortung für den Dieselskandal von sich. Der Konzern äußerte sich | |
zurückhaltend. Man sei nicht an dem Strafverfahren beteiligt und sehe | |
„keine nennenswerten Folgen für Rechtsstreitigkeiten vor Zivilgerichten“, | |
so ein Sprecher. Mehrere Autobesitzer mit manipulierten Dieselmotoren | |
versuchen, Geld von VW zu erstreiten. | |
Auch Anleger, die sich geschädigt sehen, müssen noch auf ein Urteil warten. | |
Der Prozess läuft noch. Der Kurs der VW-Aktie war nach Bekanntwerden der | |
Manipulationen abgestürzt. Eine der entscheidenden Fragen: Ab wann wusste | |
Winterkorn von den Tricksereien? Schließlich hätte er die Aktionäre sofort | |
darüber informieren müssen. Manch Anleger erhofft sich noch einen Ausgleich | |
für seine Verluste. Das Geld müsste Volkswagen zahlen. | |
Im September 2015 hatten die US-Umweltbehörde EPA und die gemeinnützige | |
Organisation ICCT öffentlich gemacht, dass Dieselfahrzeuge von VW auf dem | |
Teststand zwar die gewünschten Grenzwerte für Stickoxide einhielten, im | |
Straßenbetrieb dann aber um ein Vielfaches überschritten. In Motoren des | |
Typs EA189 waren illegale Abschalteinrichtungen verbaut. Die Steuersoftware | |
erkannte den Testbetrieb und stellte den Motor entsprechend ein. In der | |
Folge kam heraus, dass offenbar bereits seit den frühen 2000er Jahren beim | |
VW-Konzern im Geheimen an den Tricks gearbeitet wurde. | |
## Gute Folgen des Skandals | |
Winterkorn trat wenige Tage nach Bekanntwerden der Tricksereien im | |
September 2015 zurück. Weltweit waren elf Millionen Fahrzeuge betroffen. | |
In den USA musste VW mehr als 100.000 Autos zurücknehmen. Den Konzern | |
kostete der Skandal bisher rund 33 Milliarden Euro. Betroffen waren die | |
Konzernmarken Audi, Seat, Skoda und VW. In der Folge des Skandals führte | |
Europa eine neue Messmethode im echten Fahrbetrieb ein, die die Abgaswerte | |
besser bestimmen soll. Der neue Standard RDE (Real Drive Emissions) löste | |
das sogenannte Nefz-Verfahren ab, ein standardisierter Test auf dem | |
Prüfstand. | |
Für den VW-Konzern hatte der Skandal 2015 auch eine gute Folge, wie einige | |
Beobachter meinen. Das Unternehmen musste sich in Teilen radikal neu | |
aufstellen und konzentrierte sich unter Winterkorns Nachnachfolger Herbert | |
Diess auf E-Mobilität. Das Thema hatte Volkswagen bis dahin kaum verfolgt. | |
Trotz vieler Probleme etwa mit der selbst entwickelten Software sind | |
inzwischen reine Elektroautos im Programm. Chinesische Autohersteller sind | |
allerdings immer noch weiter. Inzwischen leitet Oliver Blume den | |
Volkswagen-Konzern. | |
Von den Spitzenmanagern des VW-Konzerns ist bisher nur einer verurteilt: | |
Rupert Stadler. Das Landgericht München II sah beim ehemaligen Chef der | |
Tochter Audi Betrug durch Unterlassen als erwiesen an. Stadler gestand. Im | |
Gegenzug erhielt er ein Jahr und neun Monate Haft auf Bewährung und musste | |
1,1 Millionen Euro Auflage bezahlen. Stadler ging nach dem Urteil in | |
Revision, es ist nicht rechtskräftig. | |
26 May 2025 | |
## AUTOREN | |
Björn Hartmann | |
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