# taz.de -- Rückblick auf Dieselgate: Als die US-Behörden noch Vorbilder für… | |
> In Deutschland müssen frühere Auto-Manager wegen Betrugs mit Abgaswerten | |
> in den Knast. Aufgedeckt hatte den vor zehn Jahren die | |
> US-Umweltverwaltung. | |
Bild: 2015 flog Volkswagen mit dem Betrug bei Abgaswerten auf – aber nicht be… | |
Merken Sie sich diese Namen: Paul aus Chicago, Andy aus Washington, Raylene | |
aus Oakland, Mimi vom Pazifikstrand, unzählige Rangers in Nationalparks. | |
Und viele mehr: US-BürgerInnen, die mich beeindruckt haben. Interessiert, | |
interessant, liberal und weltoffen. Die die Welt jeden Tag mit einem Lachen | |
retten. Die für Freiheit, Gleichheit und Geschwisterlichkeit kämpfen. | |
Auf Französisch würde ich sagen: Amis, die echte Amis sind. Herzensgute, | |
rechtschaffende AmerikanerInnen, deren Arbeit derzeit von der Clique der | |
orangen Demokratie-Abrissbirne und ihrem MAGA-Gepöbel überdröhnt und | |
entwertet wird. | |
Dass wir solche Binsenweisheiten verbreiten müssen, zeigt, wie sehr die | |
deutsch-amerikanischen Beziehungen auf den Hund gekommen sind. Und es | |
erinnert daran, was man in Zeiten von Trumps Stiefellecker Elon Musk und | |
seinen DOGE-Extremisten völlig vergessen hat: Dass es US-Behörden gab, die | |
ihre Aufgabe exzellent gemacht haben – besser als ihre deutschen | |
Amtskollegen. | |
Zum Beispiel die CARB, eine Tochter der kalifornischen Umweltbehörde, die | |
letztlich den Dieselskandal von VW aufdeckte. Und mit der Hilfe von NGOs | |
wie ICCT bewies, was deutsche Behörden nicht beweisen wollten: wie dreist | |
VW Millionen Dieselautos manipulierte. | |
Daran musste ich denken, als Anfang der Woche die ersten Urteile gegen | |
VW-Mitarbeiter gefällt wurden. Drei Dutzend [1][Manager gehen ins | |
Gefängnis] oder zahlen hohe Geldstrafen. Aber zehn Jahre nach dem Skandal | |
haben wir den eigentlichen [2][Skandal] vergessen oder nie sehen wollen: | |
Wie der Betrug offensichtlich und systemisch war und wirklich fast alle | |
mitgemacht haben. | |
## Jobs retten statt Aufklärung | |
Der VW-Konzern bis hin zu den obersten Chefs: Viele wussten oder ahnten, | |
dass da illegal rumgefummelt wurde. Behörden wie das Kraftfahrtbundesamt: | |
Ignorierten über Jahre Hinweise von Wissenschaft und NGOs; das | |
Verkehrsministerium unter diversen CSU-Politikern, einer davon der aktuelle | |
Verfassungsminister Alexander Dobrindt. Wollten nichts wissen, ließen | |
Vorgänge liegen. | |
Der Verkehrsausschuss des Bundestags: wollte die VW-Jobs retten statt | |
Aufklärung betreiben. Viele Medien und die Öffentlichkeit: ignorierten | |
Vorwürfe, recherchierten nicht nach. | |
[3][Und dann gab es Mary Nichols, die CARB-Chefin]: Ihre Aussage 2017 im | |
VW-Untersuchungsausschuss des Bundestags hat mich schwer beeindruckt. | |
Nichols sagte damals: Sie hätten sich ein Schummeln der Deutschen nicht | |
vorstellen können, sondern einfach immer weiter gefragt, bis VW den Betrug | |
zugab. | |
Und als deutsche Behörden und Politik sich verrenkten, um bei vielen | |
anderen Herstellern „Thermofenster“ anzuerkennen, wo die Abgase höher als | |
erlaubt sein dürfen, sagte Nichols: Ein Auto, das in den USA zugelassen | |
werden will, müsse in allen 50 US-Staaten in allen vier Jahreszeiten die | |
Grenzwerte einhalten. Basta! Wow, dachte ich. So sollten Behördenchefs | |
denken, sprechen und handeln. Auch das: eine Binsenweisheit, die heute zur | |
Schlagzeile wird. | |
Nur eines konnte Nichols nicht wissen: Wie sich ihr Land verändern würde. | |
Sie beschwerte sich damals, dass Kanzlerin Merkel beim kalifornischen | |
Gouverneur geklagt hatte, wie unfair die US-Behörden VW behandelten. Und | |
dann sagte Nichols: Solches Lobbying könne sie sich „von einem | |
US-Präsidenten nicht vorstellen“. Tja. | |
29 May 2025 | |
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## AUTOREN | |
Bernhard Pötter | |
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