| # taz.de -- Steve Witkoff: Putins Mann in Berlin | |
| > Zu den Ukraine-Verhandlungen schickt Trump seinen Sondergesandten. Dem | |
| > werfen sogar Republikaner Interessenkonflikte vor. Was ist das für ein | |
| > Typ? | |
| Bild: Steve Witkoff, Sondergesandter der Vereinigten Staaten, trifft Wolodymyr … | |
| Viele halten ihn für den zweitwichtigsten Mann in der US-Regierung: Steve | |
| Witkoff. Zuletzt war der 68-jährige Jurist als Bauunternehmer tätig, jetzt | |
| versucht er sich als Friedensarchitekt. Donald Trump machte ihn zum | |
| Sondergesandten für Friedensmissionen, gibt ihm viel Freiraum, aber auch | |
| große Verantwortung. | |
| Zunächst beschränkte sich sein Aufgabengebiet auf den Nahen Osten. | |
| Inzwischen scheint es unbegrenzt. Ganz oben auf Witkoffs Agenda steht | |
| aktuell der Krieg zwischen Russland und der Ukraine. Dafür hat er sich | |
| dieses Jahr mindestens fünfmal mit dem russischen Präsidenten Wladimir | |
| Putin getroffen. | |
| Witkoffs Eigenschaften und Erfahrungen aus der Baubranche spielten ihm | |
| dabei in die Karten, betont ein früherer Geschäftspartner im Gespräch mit | |
| der taz: „Um einen Immobiliendeal abzuschließen, muss man Kompromisse | |
| eingehen“, sagt Bob Knakal. Der New Yorker Makler kennt Witkoff seit mehr | |
| als 30 Jahren. „Er ist ein sehr aufmerksamer Zuhörer, er stellt gezielte | |
| Fragen. Es ist viel einfacher, einen Konsens zu erzielen, wenn man die | |
| Ziele der Gegenseite versteht“, so der langjährige Geschäftspartner. | |
| Doch sein größter Trumpf: „Witkoff ist praktisch Trumps bester Freund“, | |
| erklärte der ehemalige Nationale Sicherheitsberater des US-Präsidenten, | |
| Robert O’Brien, gegenüber Semafor. Witkoff genieße Legitimität bei anderen | |
| Regierungen, die ein gewöhnlicher Diplomat vielleicht nicht hätte, fügte | |
| O’Brien hinzu. „Wenn er sagt, dass er für Trump spreche, dann wissen die | |
| Leute, dass er das tatsächlich tut.“ | |
| ## Trumpf oder Risiko? | |
| Aus Sicht seiner Kritiker ist genau das eine Schwachstelle. Sie bemängeln: | |
| Witkoff fehle diplomatische Erfahrung, um Konflikte und Kriege nicht nur zu | |
| beenden, sondern auch für nachhaltigen Frieden zu sorgen. Der Leak eines | |
| Gesprächs zwischen Witkoff und dem außenpolitischen Berater von Putin, Yuri | |
| Ushakov, verdeutliche laut Kritikern, dass Witkoff in seiner Rolle | |
| überfordert sei. | |
| Laut Bloomberg soll Witkoff während eines Telefonats am 14. Oktober | |
| Anweisungen an die russische Regierung gegeben haben, wie sie mit Trump | |
| umgehen sollte, damit dieser ihren Forderungen nachkommt. Etwa, dass Putin | |
| beim nächsten Gespräch Trump für dessen Friedensbemühungen in Nahen Osten | |
| gratulieren solle. | |
| Für Beobachter in den USA war spätestens das ein Grund, Witkoffs Entlassung | |
| zu fordern. Sogar republikanische Abgeordnete im Repräsentantenhaus | |
| kritisierten den Sondergesandten. „Man darf ihn diese Verhandlungen nicht | |
| führen lassen“, schrieb der Republikaner Don Bacon auf den sozialen Medien. | |
| Er sagt, es sei klar, dass Witkoff „auf der Seite Russlands steht“. | |
| Trump zeigte sich unbeeindruckt und verteidigte seinen Freund. Es gehe bei | |
| Verhandlungen eben darum, beide Seiten anzuhören, ihnen gut zuzureden und | |
| zu versuchen, einen Kompromiss zu finden, meinte der Präsident. | |
| Auch Knakal ist überzeugt von Witkoffs Verhandlungsgeschick. Er schaffe es, | |
| alle Beteiligten zu kontrollieren, „ohne dass sich jemand unter Druck | |
| gesetzt fühlt“, erzählt der langjährige Geschäftspartner. | |
| ## Ein Sandwich für Trump | |
| Witkoffs Weg zu dieser Position begann mit einem Zufall. Er begegnete Trump | |
| 1986 in einem Sandwichladen, als er noch als Anwalt tätig war und seine | |
| Kanzlei die Familie des späteren Präsidenten bei Immobiliendeals beriet. | |
| Witkoff soll Trump ein Käse-Schinken-Sandwich spendiert haben. Jahre später | |
| trafen sie sich wieder. | |
| Den Anwaltsberuf gab Witkoff auf und gründete 1997 das | |
| Immobilien-Unternehmen Witkoff Group. Wie Trump ist er New Yorker und hat | |
| mit Immobilien Milliarden verdient. Beide leben im sonnigen Florida und | |
| lieben Golf. Bereits in Trumps erster Amtszeit stand Witkoff seinem Freund | |
| beratend zur Seite. | |
| Seinen ersten großen Auftritt in der Politik hatte Witkoff vergangenes | |
| Jahr, als er auf dem Parteitag der Republikaner in Milwaukee eine Rede | |
| hielt. Er sprach über Trumps menschliche Seite, die in den Medien zu kurz | |
| komme. Danach plante er die Einweihungsfeier für dessen zweite Amtszeit. | |
| Wenige Tage später wurde er zum Sondergesandten für den Nahen Osten | |
| berufen. | |
| Dort konnte er seinen bislang größten Erfolg feiern. Bereits vor Trumps | |
| Amtsantritt hatte Witkoff es geschafft, einen Waffenstillstand zwischen | |
| Israel und Hamas auszuhandeln. Auch die Freilassung von 33 Geiseln aus Gaza | |
| gegen mehr als 2.000 palästinensische Inhaftierte aus Israel waren Teil der | |
| Vereinbarung. | |
| Darauf folgten Monate der Ernüchterung und weitere Kämpfe zwischen Israel | |
| und Hamas. Die Todeszahlen im Gazastreifen stiegen weiter, und die | |
| internationale Gemeinschaft wendete sich immer mehr von Israel ab. Erst im | |
| Oktober kam der Durchbruch, ein 20-Punkte-Plan, der für [1][Frieden | |
| zwischen Israel und Hamas] sorgen soll. | |
| Experten glauben jedoch, dass Witkoffs Verhandlungsstil bei Putin auf taube | |
| Ohren stößt. Dem gehe es nicht um Leistungen oder Reichtum. Putins Ziel ist | |
| ein starkes Russland, das das Vermächtnis der Sowjetunion weiterführt. | |
| Wie Trump muss auch Witkoff anerkennen, dass die Lösung nicht so einfach | |
| ist. „Ich habe die Schwierigkeiten des Jobs definitiv unterschätzt“, gab | |
| Witkoff bereits im März zu. Klar ist: Das Ziel der US-Regierung eines | |
| Abkommens steht über den Interessen der Ukraine, seien es territoriale, | |
| seien es Sicherheitsgarantien. | |
| ## Dubiose Geschäfte | |
| Die Liste der Vorwürfe über Interessenkonflikte Witkoffs ist lang. Einer | |
| davon lautet, dass die Witkoff Group, die mittlerweile von Sohn Alex | |
| geleitet wird, dubiose Geschäfte mit Golfstaaten betrieben haben soll. Das | |
| Krypto-Unternehmen World Liberty Financial, das von Familienmitgliedern | |
| Trumps und Witkoffs gegründet wurde, erhielt zwei Milliarden Dollar von | |
| einer Firma, die der emiratische Politiker [2][Tahnoun bin Zayed Al Nahyan] | |
| leitet – nachdem die US-Regierung Exporte von Computerchips erlaubt hatte. | |
| Auch seine Geschäftsbeziehung zu dem von der Ukraine sanktionierten | |
| [3][Milliardär Leonard Blavatnik] wirft Fragen auf. Blavatnik ist Gründer | |
| des aus Deutschland bekannten Sport-Streaming-Service Dazn. Witkoff und | |
| Blavatnik sollen eine finanzielle Partnerschaft pflegen, die mit einem | |
| gemeinsamen Bauprojekt in New York vor vier Jahren begann. Auch wird | |
| Blavatnik eine enge Beziehung zum Putin-nahen Oligarchen Victor Vekselberg | |
| nachgesagt. | |
| Auch wenn es bisher keine offiziellen Beweise für die Beeinflussung der | |
| Politik Witkoffs durch Akteure aus den Golfstaaten oder Russland gibt, | |
| reichen die Indizien aus, um genauer hinzuschauen. Zwei demokratische | |
| Senatoren haben im November angekündigt, dies zu tun. Dass er seine | |
| Finanzen nicht überzeugend offengelegt habe, verschärfe ihre Bedenken nur | |
| noch. | |
| Doch Trump scheint – bislang – volles Vertrauen in Witkoff zu haben. | |
| 14 Dec 2025 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Waffenstillstand-in-Gaza/!6119322 | |
| [2] https://de.wikipedia.org/wiki/Tahnoun_bin_Zayed_Al_Nahyan | |
| [3] https://de.wikipedia.org/wiki/Len_Blavatnik | |
| ## AUTOREN | |
| Hansjürgen Mai | |
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