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# taz.de -- Verhandlungen über ein Ende des Kriegs: Worum es beim Ukraine-Gipf…
> Die Gespräche über einen möglichen Friedensschluss in der Ukraine gehen
> in Berlin in eine entscheidende Phase. Die wichtigsten Fragen und
> Antworten.
Bild: Selenskyj (2. v. r.), Präsident der Ukraine, begrüßt neben Bundeskanzl…
dpa | Das Schicksal der Ukraine sei das Schicksal Europas, sagte
Bundeskanzler Friedrich Merz kürzlich. Entscheidende Weichen für die
Zukunft des von Russland angegriffenen Landes könnten [1][in diesen Tagen
in Berlin] gestellt werden. Dabei dürfte sich zeigen, ob Europa, das seit
dem Amtsantritt von US-Präsident Donald Trump weitgehend eine
Zuschauerrolle zugewiesen bekam, seinen Einfluss geltend machen kann.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj und seine Berater sowie
US-Vertreter hatten [2][bereits am Sonntag mit Gesprächen in der
Bundeshauptstadt begonnen]. Die US-Delegation wird vom Sondergesandten
Steve Witkoff und Trump-Schwiegersohn Jared Kushner angeführt. Nach
ukrainischen Angaben sollen die Gespräche heute fortgesetzt werden.
Merz (CDU) hatte am Sonntag nach dpa-Informationen aus Regierungskreisen
außer bei einer kurzen Begrüßung nicht an den Gesprächen teilgenommen. Eine
aktivere Rolle dürfte dem Kanzler heute zufallen. Neben einem
deutsch-ukrainischen Wirtschaftsforum steht ein Treffen der Staats- und
Regierungschefs der wichtigsten europäischen Unterstützer Kyjiws an.
## Wie ist der Stand der Gespräche?
Konkrete Ergebnisse wurden zunächst nicht bekannt. Selenskyj wollte bei den
Gesprächen vor allem seine jüngsten Vorschläge zum Friedensplan von
US-Präsident Donald Trump erörtern. Kyjiw zufolge geht es um einen
20-Punkte-Plan, an dessen Ende ein Waffenstillstand stehen soll.
Der ursprünglich von Trump vorgelegte Plan war als Wunschliste Moskaus
kritisiert worden. Als heikelste Punkte gelten die Frage nach
Sicherheitsgarantien, also wie Russland von einem erneuten Angriff auf die
Ukraine abgehalten werden kann, sowie die Frage nach möglichen
Gebietsverzichten.
Wie selbstbewusst Selenskyj bei den Gesprächen mit den US-Vertretern
auftreten kann, dürfte auch von der Unterstützung abhängen, die ihm die
Europäer zusichern können. Dazu gehört die Frage, ob Kyjiw auf Milliarden
aus russischen Vermögenswerten, die in der EU eingefroren sind, hoffen
kann. Brüssel will das Geld für Kyjiw nutzbar machen. Washington hatte dazu
andere Vorstellungen. Dem ursprünglichen US-Vorschlag zufolge sollten die
Gelder nicht ausschließlich der Ukraine, sondern auch den USA und Russland
zugutekommen.
## Welche Rolle spielt Bundeskanzler Merz?
Einen Erfolg kann Kanzler Merz schon verbuchen: Dass sich eine hochrangige
US-Delegation überhaupt stundenlang mit dem ukrainischen Präsidenten im
Kanzleramt zusammensetzt, war nicht selbstverständlich.
Das Treffen untermauert auch die zunehmend führende Rolle, die Deutschland
bei der Unterstützung der Ukraine in Europa spielt. Auch der französische
Präsident Emmanuel Macron und der britische Premier Keir Starmer
beanspruchen eine solche Rolle für ihre Länder. Beide Politiker werden am
Abend neben rund einem Dutzend europäischer Staats- und Regierungschefs in
Berlin erwartet.
## Was ist aus EU-Sicht das schwierigste Thema?
Aus europäischer Sicht ist die kniffligste Frage die der
Sicherheitsgarantien. In Brüssel wird davon ausgegangen, dass die Ukraine
in Gebietsfragen zu schmerzhaften Zugeständnissen gegenüber Russland bereit
sein dürfte, wenn sie im Gegenzug von den Amerikanern und europäischen
Nato-Partnern rechtlich verbindliche Zusagen für umfassende militärische
Unterstützung bekommt.
Diese müssen aus ukrainischer Sicht so umfassend sein, dass sie Russland
zuverlässig vor einem erneuten Angriff abschrecken. Für die Europäer und
Amerikaner stellt sich dabei die Frage, wie weit sie bei den
Sicherheitsgarantien gehen wollen und ob sie im Ernstfall auch bereit
wären, der Ukraine mit dem Einsatz von eigenen Streitkräften zur Seite zu
stehen.
Berlin will hier eine rechtlich verbindliche Abmachung erreichen, hinter
der die europäischen Nato-Partner stehen und auch die USA.
## Was will die EU mit dem russischen Vermögen machen?
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat vorgeschlagen, [3][die
russischen Vermögenswerte für Darlehen an die Ukraine zu nutzen]. Moskau
soll das Geld demnach nur dann zurückbekommen, wenn es nach einem Ende des
Krieges Wiedergutmachung für die entstandenen Schäden leistet.
Im Idealfall soll die Umsetzung des Plans an diesem Donnerstag bei einem
Treffen der Staats- und Regierungschefs der EU-Staaten beschlossen werden.
Bislang bremst hier mit Belgien allerdings noch ein wichtiger Akteur. Die
dortige Regierung sieht erhebliche rechtliche und finanzielle Risiken und
fürchtet um die Existenz des belgischen Finanzinstituts Euroclear. Der
sogenannte Zentralverwahrer verwaltete zuletzt etwa 185 Milliarden Euro der
russischen Zentralbank, die nun zumindest vorläufig für die Ukraine genutzt
werden sollen.
## Wie ist die Haltung der Ukraine?
Die Haltung der Ukraine lässt sich auf die Formel reduzieren „Ja, aber …�…
Für Kyjiw besteht weiter die Kunst darin, einerseits Washington das Gefühl
zu geben, dass die Hauptpunkte des Friedensplans unterstützt werden, jedoch
gleichzeitig zusätzliche Bedingungen zu stellen, die eine Annahme von
russischer Seite ausschließen. Augenscheinlich ist dies bei der
Schlüsselfrage möglicher Gebietsabtretungen. So ließ Selenskyj zuletzt zu,
dass die ukrainischen Truppen sich aus den noch verbliebenen Teilen des
Donbass zurückziehen könnten. Doch verlangt er gleichzeitig einen für
Moskau inakzeptablen Rückzug der russischen Einheiten aus der Region.
Ähnlich verhält es sich mit dem zweiten für Kyjiw essenziellen Punkt – dem
Nato-Beitritt. Auch hier ist für Selenskyj eine Form von Verzicht
vorstellbar, wenn es gleichzeitig vergleichbare bilaterale
Sicherheitsgarantien von den USA gibt. Kyjiw erwartet dabei jedoch mehr als
nur Geld und Waffenlieferungen. Die Garantien sollten zumindest eine
abschreckende Truppenpräsenz enthalten.
## Wie ist die Haltung Russlands zu den Friedensverhandlungen?
Russland erwartet von der Beteiligung der Europäer an den Verhandlungen aus
Sicht des Kremls nichts Gutes. Kremlchef Wladimir Putin wirft der EU vor,
den Krieg mit Waffenlieferungen an die Ukraine am Laufen zu halten.
Russland warnt auch davor, sein in Belgien eingefrorenes Milliardenvermögen
für die weitere Finanzierung des Krieges zu nutzen. Zwar hatte sich Putin
bereit erklärt zu Verhandlungen. Zugleich wies er darauf hin, dass Moskau
seine Kriegsziele auch auf dem Schlachtfeld erreichen könne, sollten die
diplomatischen Bemühungen scheitern.
Putin besteht vor allem darauf, dass eine Nato-Mitgliedschaft der Ukraine
dauerhaft und rechtlich verbindlich ausgeschlossen wird. Das Streben der
Ukraine in die Nato ist aus Kremlsicht eine Initialzündung für Russlands
Überfall auf die Ukraine im Februar 2022.
Zweiter großer Knackpunkt sind Russlands Gebietsforderungen. Der Kreml
verlangt, dass Kyjiw seine Truppen auch aus jenen Teilen in der umkämpften
Industrieregion Donbass abzieht, die Russland bisher nicht erobern konnte
und die von der Ukraine weiter kontrolliert werden. Russland lobte dabei
vor den Gesprächen in Berlin den Einsatz der USA. „Die Amerikaner kennen
nicht nur unsere Position, sondern verstehen sie auch“, sagte Putins
außenpolitischer Berater Juri Uschakow nach Gesprächen mit dem US-Gesandten
Steve Witkoff, der in Berlin auch die Kreml-Haltung überbringen soll.
## Wie ist die Lage an der Front?
An der Front verschlechtert sich die Situation für die ukrainischen Truppen
fast an allen Frontabschnitten. Die strategisch wichtige Bergarbeiterstadt
Pokrowsk ist gefallen, verbliebene ukrainische Einheiten im benachbarten
Myrnohrad sind von einer Einschließung bedroht. In der Stadt Kostjantyniwka
wird bereits gekämpft, und nach dem Fall von Siwersk könnte sich die Front
auch bald der Großstadt Slowjansk wieder nähern.
Auch im südukrainischen Gebiet Saporischschja wankt die ukrainische
Verteidigung immer öfter. Bei Huljapole konnte ein russischer Durchbruch
vorerst mit Mühe aufgehalten werden. Das ukrainische Grundproblem, der
Mangel an Soldaten, macht sich überall bemerkbar. Die jüngste Anordnung,
Statistiken zu Fahnenflucht geheim zu halten, wird den allgemeinen Trend
dabei kaum ändern können.
15 Dec 2025
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