| # taz.de -- Rückkehr nach Damaskus: „Ich habe wieder gefühlt, dass ich wirk… | |
| > Aghyad Alnwelati und Ahmad Awad sind nach Syrien zurückgekehrt. Der eine | |
| > hat seine Erinnerungen an Deutschland sorgsam weggepackt, der andere | |
| > pendelt nun zwischen zwei Leben. | |
| Bild: Damaskus, 5. Dezember: mit wehenden Fahnen zu den Feierlichkeiten des Jah… | |
| Damaskus taz | Ahmad Awad und Aghyad Alnwelati haben ihr Leben riskiert, um | |
| Deutsche zu werden. Sie sind in überfüllte Boote gestiegen, tagelang quer | |
| durch Europa gelaufen. Sie haben in Asylbewerberheimen auf engem Raum mit | |
| fremden Menschen gelebt, es mit dem deutschen Bürokratielabyrinth | |
| aufgenommen, die Sprache gelernt und einen Wissenstest über Kultur und | |
| Geschichte des Landes bestanden. | |
| Dann passiert das, was zuvor unmöglich schien: [1][Die Diktatur in Syrien | |
| stürzt], eine neue Übergangsregierung kommt an die Macht. Syrien, das Land, | |
| in dem sie aufgewachsen sind, das ihnen die Jugend nahm, öffnet nun die | |
| Arme. Die Regierung sagt: Ihr seid willkommen. Und Deutschland sagt: Dann | |
| geht jetzt wieder. | |
| Ahmad Awad und Aghyad Alnwelati sind beide nach Syrien zurückgekehrt. Wie | |
| geht es ihnen dort? Und was bedeutet für sie Zuhause? | |
| 7. Dezember 2025, es ist Abend und kalt in Damaskus. Ahmad Awad steht auf | |
| dem Umayadden-Platz, lautes Feuerwerk um ihn herum. Der 29-Jährige ist mit | |
| seinen Freunden hierher gekommen, [2][um zu feiern]. Seine Haare sind mit | |
| Gel nach oben fixiert, trotz tiefer Stimme wirkt er quirlig und lebendig, | |
| er spricht schnell. Manchmal muss er gegen den Lärm im Hintergrund anreden. | |
| „Bis jetzt kann ich nicht glauben, dass ich wieder nach Syrien kann, wann | |
| ich will“, sagt er. Es ist dunkel, ein großer Bildschirm erhellt den Platz. | |
| Darauf steht: „Ein neues Kapitel“. Die Behörden haben eine Bühne aufbauen | |
| lassen, der „Tag der Befreiung“ soll groß zelebriert werden. | |
| Ein Jahr ist es her, dass ein Milizenbündnis das Regime in Syrien gestürzt | |
| hat. Während des 14 Jahre andauernden Krieges wurden mehr als 181.000 | |
| Menschen gewaltsam verschleppt oder willkürlich inhaftiert. Hunderttausende | |
| wurden vom Assad-Regime getötet, über die Hälfte der Bevölkerung war | |
| geflohen. | |
| Ahmad Awad erzählt seine Geschichte. Er ist 15 Jahre alt, als er 2012 das | |
| Land verlässt, um der Gewalt zu entkommen. „Das war so auf die Schnelle“, | |
| erinnert er sich. Sein Vater schickt ihn mit 700 US-Dollar in der Tasche zu | |
| einem Bekannten nach Jordanien, denkt, dass sein Sohn dort zwei, drei | |
| Monate bleibt und sich die Lage bis dahin schon beruhigt. Aus den geplanten | |
| drei Monaten werden dreieinhalb Jahre. „Der Kumpel meines Vaters hat selbst | |
| auch Schwierigkeiten gehabt, wie alle Syrer. Er hatte alles verloren in | |
| Syrien, konnte nichts für mich bezahlen.“ | |
| Den Tag, an dem er beschließt zu fliehen, hat er noch genau im Kopf. | |
| „Vater, guck mal, hier gibt es keine Arbeit, hier habe ich keine Zukunft. | |
| Ich überlege, wie alle anderen, nach Europa zu gehen“, sagt er damals zu | |
| seinem Vater am Telefon. Über das Meer, dieses Risiko in Kauf nehmen? „Das | |
| kannst du komplett vergessen“, entgegnet der. Awad sagt nur „okay“, legt | |
| auf, ruft einen Freund an, bittet ihn, ihm einen Flug in die Türkei zu | |
| buchen. Ende 2015 macht er sich mit seinem Kumpel auf die Reise, die ihnen | |
| das Leben kosten könnte. | |
| Mit Russlands Eingreifen in Assads Krieg gegen die eigene Bevölkerung | |
| [3][fliehen 2015 besonders viele Menschen aus Syrien]. Sie fliehen vor | |
| flächendeckenden Bombardierungen durch Fassbomben, Beschuss und | |
| Giftgasangriffe des Regimes. Vor allem Männer wollen raus, um nicht in | |
| Assads Militär eingezogen oder verhaftet zu werden. | |
| Gemeinsam mit seinem Freund sitzt Ahmad Awad bald in einem überfüllten | |
| Schlauchboot über das Mittelmeer nach Griechenland. Weil andere | |
| Syrer*innen, die den Weg schon genommen haben, Informationen und Bilder auf | |
| Facebook teilen, wissen sie ungefähr, was sie erwartet. Danach sind sie 13 | |
| Tage zu Fuß unterwegs, über grüne Grenzen durch Wälder, durch Bulgarien, | |
| Mazedonien, Serbien, Österreich und dann: Deutschland. | |
| ## Ankunft | |
| „In München angekommen, musste ich zur Polizei. Dann in ein Asylheim, da | |
| bin ich vier, fünf Tage geblieben.“ Dort bekommt er ein Bahnticket nach | |
| Schweinfurt. Nach einer Nacht muss er weiter in eine Unterkunft in Bad | |
| Neustadt an der Saale. „Dort bin ich ungefähr sechs Monate geblieben. Dann | |
| durfte ich eine Wohnung nehmen und habe die Wirtschaftsschule angefangen, | |
| in einer Klasse extra für Ausländer.“ | |
| Er macht Integrationskurse, lernt Deutsch. Zwei Jahre lang geht er in die | |
| Schule, arbeitet dazu in Nebenjobs. „Ich habe meinen Führerschein gemacht, | |
| für eine Bäckerei als Fahrer in der Nacht gearbeitet.“ So spart er sich ein | |
| bisschen Geld an. Denn obwohl ihm Behörden und Freunde raten, eine | |
| Ausbildung zu machen, hat Ahmad Awad andere Pläne: einen eigenen | |
| Friseurladen. | |
| „Alle haben mich davor gewarnt. Das war Anfang 2018, ich war erst zwei | |
| Jahre in Deutschland, konnte noch nicht so gut Deutsch. Ich kannte mich mit | |
| Selbstständigkeit überhaupt nicht aus. Ich wusste nicht, was Steuer heißt. | |
| Ich wusste nicht, was Krankenkasse bedeutet. Ich hatte wirklich keine | |
| Ahnung.“ Doch er will unbedingt etwas Praktisches machen. „Eine Ausbildung | |
| wäre gar nichts für mich gewesen. Ich kann nicht länger als fünf Minuten | |
| auf dem Stuhl sitzen.“ Er erzählt das mit etwas Trotz und auch Stolz, sich | |
| in alles selbst eingearbeitet zu haben. | |
| Am letzten Tag der Schule unterschreibt er den Mietvertrag für einen | |
| kleinen Laden, bezahlt die erste Monatsmiete und Kaution. Dann fällt ihm | |
| auf: „Ich habe gar kein Geld mehr für Möbel und Ausstattung!“ Ein syrisch… | |
| Freund, den er in der Asylunterkunft kennengelernt hat, hilft ihm, | |
| kostenlose Paletten zu organisieren und die Möbel für den Laden zu bauen. | |
| Noch immer fehlt ein Logo, eine Preisliste und – wie er dann erst lernt: | |
| ein Gewerbeschein. „Als ich ein Gewerbe anmelden wollte, hat die | |
| Handwerkskammer gesagt: ‚Stopp! Du darfst das überhaupt nicht. Du brauchst | |
| einen Meister. Und dafür brauchst du eine Ausbildung.‘ Da wurde mir richtig | |
| schlecht. Das war eine sehr krasse Zeit für mich, ich war psychisch | |
| wirklich fertig.“ | |
| Doch hinschmeißen kommt für ihn nicht infrage. Er sucht nach Informationen | |
| und findet heraus, dass es eine Ausnahmebewilligung für Friseure gibt. | |
| Dafür prüft die Handwerkskammer die Kenntnisse in einer Eignungsprüfung ab. | |
| „Ich bin noch mal zu demselben Typ von der Handwerkskammer gegangen. Ich | |
| habe ihn darauf hingewiesen, dass es diese Regelung gibt. Der war | |
| schockiert. Er musste seinen Chef anrufen, der mir recht gab. Da war ich | |
| richtig stinksauer.“ | |
| Ahmad Awad lernt hart für Eignungsprüfung, bekommt daraufhin die | |
| Ausnahmebewilligung. „Das war für mich der entscheidende Moment in meinem | |
| Leben. Ich habe gleich meinen Vater angerufen. Er hat geweint, ich habe | |
| geweint.“ | |
| ## Anfang | |
| Gleich am nächsten Tag öffnet er endlich seinen Barbershop: ohne Namen, | |
| ohne Logo. „Ich habe einfach so angefangen. Mit dem ersten Kunden habe ich | |
| 35 Euro Umsatz gemacht. Das war für mich wie 3 Millionen. Und dann | |
| irgendwann ist es super gelaufen. Ein, zwei Wochen, dann ist es bei mir | |
| richtig eskaliert.“ Einen Frisör nur für Männer, der mit Rasiermesser Bär… | |
| und Haare formt, mit Faden die Augenbrauen zupft. Das gab es in Neustadt an | |
| der Saale vorher nicht. Innerhalb eines Jahres kann Ahmad Awad sechs | |
| Angestellte einstellen – und 2019 eine zweite Filiale eröffnen. Dann | |
| übernimmt er einen bestehenden Friseursalon mit sieben Mitarbeitern. „Das | |
| war ein deutscher Friseur mit deutschen Mitarbeitern, also deutsche | |
| Frisuren für Damen und Männer. Das Geschäft war im Minus.“ Awad geht das | |
| Risiko ein, übernimmt alle Mitarbeiter. 2020 eröffnete er eine dritte | |
| Filiale – mit Möbeln ganz nach seinem Geschmack. Es ist sein „Traumsalon�… | |
| Irgendwann bekommt Awad auch einen deutschen Pass. Doch schnell merkt er, | |
| dass etwas nicht stimmt. „Innerlich war irgendwas leer“, sagt er. „Du hast | |
| keine Familie, keine Freunde. Ich war nicht glücklich. Ich hatte einfach | |
| keine Gefühle mehr.“ 15 Jahre lang, seit dem Beginn des Bürgerkriegs, habe | |
| er nicht gewusst, was Zuhause für ihn sei. „Ich kann mich nicht deutsch | |
| fühlen. Ich kann mich aber nicht als Syrer fühlen. Du hockst da allein am | |
| Abend, mit den schönen Erinnerungen an deine Familie, und du kannst das | |
| nicht mehr erleben. Ich habe mich gezwungen, Syrien zu vergessen.“ | |
| Doch dann stürzt das Regime, im März 2025 fliegt Ahmad Awad zum ersten Mal | |
| nach langer Zeit wieder zurück. Nur zu Besuch. „Ich habe mich mit dem Typ | |
| getroffen, der gegenüber von uns wohnt. In einer kleinen Straße haben wir | |
| am Straßenrand gesessen, Tee getrunken, geredet. So wie wir das mit 14 | |
| gemacht haben. Das waren die glücklichsten Minuten.“ Damals merkt er: „Ich | |
| will einfach der sein, der da auf dieser Straße erwachsen ist. Danach habe | |
| ich gefühlt, dass ich wirklich lebe.“ | |
| Ahmad Awad nennt das den Elektroschockmoment. „Ich habe mich gefühlt wie | |
| auf der Intensivstation und dann, auf einmal, wird dir neues Leben | |
| eingehaucht.“ | |
| Seitdem war er sechsmal in Syrien. Mit seinem Bruder arbeitet er an einem | |
| Geschäft, sie importieren Verpackungsmaterialien wie Kartons aus Europa und | |
| verkaufen sie an den Großhandel in Syrien. Komplett umziehen möchte er | |
| nicht. „Ich habe Verantwortung für meine Mitarbeiter, die haben ja auch | |
| Familie. Die kann ich nicht hängen lassen.“ Wie viele Mitarbeitende er | |
| heute hat? „Da muss ich zählen. Ich habe einen Syrer, vier aus dem Irak, | |
| eine aus Kosovo, eine aus Russland, einen Deutschen, im zweiten Salon | |
| sieben deutsche Mitarbeiter und zwei Azubis, ich darf sogar ausbilden …“ | |
| Ahmad Awad lebt nun mal in Deutschland, mal in Syrien. | |
| Aghyad Alnwelati hingegen hat sein deutsches Leben hinter sich gelassen. | |
| Alles, was davon übriggeblieben ist, befindet sich in einer orangenen | |
| Kladde. Seine Krankenkassenkarte, die Sozialversicherungsbestätigung, | |
| Sparkassen-Dokumente. Die Bescheinigung über den Test „Leben in | |
| Deutschland“, bestanden mit 25 von 33 Punkten, seinen | |
| Gabelstapler-Führerschein und: die Abmeldebestätigung seines Wohnsitzes. | |
| Der 35-Jährige ist ein ruhiger Mensch. Ihm ist es wichtig, seine | |
| Fluchtgeschichte komplett auf Deutsch zu erzählen, denn er ist stolz | |
| darauf, die Sprache zu können – und möchte sie auch anwenden. Sein | |
| Lieblingswort ist „natürlich“. Natürlich hat er alle seine Dokumente | |
| ordentlich gesammelt, natürlich steht seine Tür für Besuch offen. Natürlich | |
| wollte er zurück nach Syrien. Er sitzt im Majlis, einem Gemeinschaftsraum, | |
| seine Mutter hat Schokokuchen und Sesamkekse auf den Glastisch gestellt. | |
| Der Boden ist mit einem rot-beige gemusterten Teppich ausgelegt. Fahme, | |
| eine graue Katze, liegt auf dem Boden, kratzt mit ihren Krallen am Teppich. | |
| Was er am meisten vermisst hat? „Alles! Meine Eltern. Fahme. Und den | |
| Ausblick.“ Durchs Fenster ist Damaskus zu sehen, mit Blick direkt auf die | |
| große Umayyaden-Moschee. | |
| ## Zurück? | |
| Als das Assad-Regime fiel, wusste er sofort: „Ich möchte zurück nach Syrien | |
| gehen! Ich bin am 19. Dezember zur Diakonie gegangen und habe ihnen gesagt, | |
| dass ich in mein Heimatland zurück möchte. Sie haben mir sehr geholfen.“ | |
| Der ganze Papierkram zog sich hin, doch seit Oktober ist er nun wieder | |
| hier. Er wohnt in der Wohnung seiner Eltern, schläft im Stockbett in seinem | |
| alten Kinderzimmer. Zwar hat er eine eigene Wohnung, in die er mit einer | |
| zukünftigen Ehefrau ziehen könnte, doch zurzeit möchte er einfach bei | |
| seinen Eltern sein. „Ich kann putzen, ich kann kochen. Ich kann das alles. | |
| Aber ich habe so lange allein gelebt.“ | |
| 2013 ist er aus Syrien ausgereist. Lebte zwei Jahre im Libanon, zwei Jahre | |
| in der Türkei. Danach in Saudi-Arabien und wieder in der Türkei. 2019 kam | |
| er über das Mittelmeer und die Balkanroute nach Deutschland. Sieben Jahre | |
| lang hat er im Ruhrgebiet gelebt, war in einer Bäckerei tätig und als | |
| Reinigungskraft in Hotels und Bürogebäuden. Auch Gabelstaplerfahrer bei | |
| einem Möbelhaus war er eine Zeitlang. | |
| „Ich hatte keine Leute, keine Freunde, um mal feiern zu gehen, Kaffee zu | |
| trinken.“ Die Kollegen seien nach der Arbeit nach Hause gegangen zu ihren | |
| Familien. Wir waren alle müde. In der einen Woche steht er morgens um 5.40 | |
| Uhr auf, in der nächsten arbeitet er bis spät in die Nacht. Fünf Tage die | |
| Woche. „Am Wochenende habe ich meine Wohnung geputzt und dann allein dort | |
| gesessen.“ | |
| In Syrien könne er mit seiner Familie zusammensitzen, im Laden seines | |
| Vaters arbeiten. Dieser hat ein Geschäft für Küchenutensilien in der | |
| Altstadt. Die Wohnung, in der er aufwuchs, befindet sich im Norden von | |
| Damaskus, in der Umgebung wohnt die erweiterte Familie, Onkels, Cousins. | |
| Wenn Aghyad Alnwelati aus dem Haus geht, wird er auf der Straße sofort | |
| begrüßt. | |
| In Deutschland sei es mit der Nachbarschaft ganz anders gewesen: „Ich habe | |
| eine Nachbarin gehabt, eine alte Frau. Wenn ich ihr Hallo gesagt habe, hat | |
| sie gesagt: ‚Was?‘ Und sie hat so an mir herabgeschaut, so abwertend.“ Er | |
| macht ihren Blick nach, sein Mund verzieht sich, die Stirn wird kraus. Er | |
| traut sich damals nicht, mit den anderen Menschen in seinem Haus zu | |
| sprechen. Denn: „Wenn ich mit Leuten gesprochen habe, haben die immer | |
| geantwortet: „Was? Ich verstehe dich nicht.“ | |
| In Damaskus sei das ganz anders. „Hier kannst du mit allen Leuten auf der | |
| Straße sprechen. Alle Leute helfen dir – in Deutschland nicht. Tut mir | |
| leid, das zu sagen.“ In der U-Bahn zum Beispiel habe er immer gehört, wie | |
| die Leute zueinander gesagt hätten: „Guck mal, der hat Asyl“, erzählt | |
| Alnwelati. „Was ist das Problem daran? Ich bin doch kein Terrorist.“ | |
| Gegen die Einsamkeit in seiner Bochumer Wohnung hat sich Aghyad Alnwelati | |
| eine Katze zugelegt. Er vermisst sie, aber in Syrien hat er mehr als nur | |
| eine Katze. „Hier habe ich viele Kollegen, viele Freunde. Die kann ich | |
| treffen, mit ihnen zusammensitzen.“ Und endlich könne er wieder gut | |
| spazieren gehen: „Das Wetter ist sehr schön. Wenn du in Deutschland | |
| spazieren möchtest, regnet es immer!“, sagt er und lacht. | |
| ## Zuhause | |
| Was ist Zuhause für ihn? „Zuhause ist ein Ort und Liebe. Es ist Zeit für | |
| mich und mit anderen.“ | |
| „Zuhause? Das ist eine gute Frage“, antwortet der Frisör Ahmad Awad. „Ich | |
| weiß erst seit diesem Jahr, was Heimat ist, seitdem ich wieder zurück nach | |
| Syrien darf.“ Zuhause bedeute für ihn Sicherheit und dass er sagen könne, | |
| was er wolle. „Dass ich meine Rechte nicht verliere und dass ich als Mensch | |
| behandelt werde. Also mit Respekt.“ Heimat, das sei bezahlbarer Wohnraum, | |
| ein gutes Gesundheitssystem. „Ich muss mich wohlfühlen. Ich muss Freunde | |
| und Familie haben.“ | |
| Die Übergangsregierung in Syrien sorgt nicht für die Sicherheit all ihrer | |
| Bürger*innen. Drusen, Alawiten und Christen sind in diesem Jahr [4][bei | |
| Massakern ermordet worden]. Manche syrische Drusen oder Christen im Ausland | |
| können ihre Familien in Syrien aus Angst vor Gewalt nicht besuchen. Auch in | |
| Deutschland [5][kann der Schutzstatus aberkannt] und die Rückkehr verwehrt | |
| werden, sollten Geflüchtete einmal nach Syrien eingereist sein. Diejenigen | |
| Syrer*innen, die aus Deutschland zurückkehren, sind oft finanziell gut | |
| gestellt. Und sie haben einen deutschen Pass und damit die Wahl, wo sie | |
| leben möchten. | |
| Die beiden Männer haben Glück, die Wohnungen ihrer Familien stehen noch. | |
| Ganze Stadtviertel liegen in Trümmern, darunter Schulen und Krankenhäuser. | |
| Die Wasserversorgung ist eingeschränkt. Blindgänger bedrohen das Leben der | |
| Menschen. Es mangelt an Strom, sauberem Wasser, Krankenhäusern. | |
| Arbeitsmöglichkeiten sind begrenzt. Das Geflüchtetenhilfswerk der Vereinten | |
| Nationen meldet, dass vielen Rückkehrenden Ausweispapiere fehlen. Das | |
| erschwert den Zugang zu Eigentumsrechten und grundlegenden | |
| Dienstleistungen. | |
| Seit Dezember 2024 sind laut UNHCR [6][etwa 1 Million Syrer*innen] | |
| zurückgekehrt, die zuvor im Ausland waren, 1,9 Millionen Binnenvertriebene | |
| leben wieder in ihren Herkunftsgebieten. Mehr Vertriebene wünschen sich, | |
| zurückzugehen. Doch ihre Häuser stehen nicht mehr, es gibt keine | |
| staatlichen Hilfen für den Wiederaufbau. | |
| „Hättest du mir die Frage nach Heimat vor zwei Jahren gestellt, hätte ich | |
| gesagt: Deutschland ist meine Heimat“, sagt Unternehmer Ahmad Awad. Heute | |
| würde er sagen, dass er sowohl in Damaskus als auch in Deutschland Zuhause | |
| ist. Aghyad Alnwelati fasst es so zusammen: „Heimat ist Gemeinschaft.“ | |
| 19 Dec 2025 | |
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| ## AUTOREN | |
| Julia Neumann | |
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