| # taz.de -- Arte-Serie „Ana und Oscar“: Millennial Love-Story aus Spanien | |
| > Die spanische Serie „Ana und Oscar“ erzählt von einer komplizierten | |
| > Liebesbeziehung: Schlaglichtartig über mehrere Jahre. Ungemein | |
| > realistisch und nah. | |
| Bild: Ana (Iria del Rio) und Oscar (Francesco Carril) lernen sich an Silvester … | |
| Ana (Iria del Rio) und Oscar (Francesco Carril) können es kaum glauben, als | |
| sie sich auf einer Silvesterfeier 2015 in Madrid begegnen. Er ist gerade 30 | |
| Jahre alt geworden und war in Spanien eins der letzten Kinder, das 1985 zur | |
| Welt kam. Sie hat an Neujahr Geburtstag und war eine der ersten Geburten im | |
| Jahr 1986. Ana und Oscar haben gerade eine Trennung hinter sich, flirten | |
| ausgiebig und landen am Neujahrstag miteinander im Bett. Aus dem | |
| vermeintlichen One-Night-Stand entwickelt sich eine langjährige und | |
| komplizierte Liebesbeziehung. | |
| Die spanische Serie „Ana und Oscar“, eine Koproduktion von Arte und | |
| Moviestar, erzählt in zehn Episoden über den Zeitraum von einer Dekade | |
| spotlightartig ausschließlich an Silvesterabenden und Neujahrstagen von der | |
| Liebe der beiden Großstadt-Millennials. Sie hat Journalismus studiert, will | |
| aber eigentlich etwas ganz anderes machen und nach Kanada auswandern. Er | |
| ist Internist, schiebt Schichten im Krankenhaus und verbringt viel Zeit mit | |
| den engen Freunden aus seiner Clique. | |
| Die dialoglastige Serie erinnert in ihrer kammerspielartigen Erzählweise | |
| mitunter eher ans Theater und ist ästhetisch wie dramaturgisch das radikale | |
| Gegenteil der zeitgemäß dominierenden actiongeladenen Serien- und | |
| Filmunterhaltung mit simplen Spannungsbögen. Die unglaublich realistische, | |
| an der banalen Wirklichkeit entlang erzählte Millennial-Geschichte mutet | |
| fast ein wenig an wie die [1][Romane von Sally Rooney.] Nur, dass einem | |
| hier nicht ständig Klassenstandpunkte um die Ohren gehauen werden. | |
| Eine Episode besteht etwa aus einem Abendessen der beiden mit ihren Eltern, | |
| bei dem über generationelle Unterschiede und Konflikte gesprochen wird, | |
| über den neuesten Familienklatsch, es geht um Vorstellungen und Konzepte, | |
| wie Beziehungen sein können oder nicht sein dürfen. Diese dialogreiche | |
| Erzählstruktur hat absolut ihre Längen, entwickelt aber über die Dauer der | |
| ganzen Serie einen unglaublichen erzählerischen Sog. | |
| ## Sie kämpfen heftig um ihre Beziehung | |
| Was aus den jeweiligen Plänen der beiden Millennials, etwa in einem Jahr | |
| für einige Monate nach Edinburgh zu ziehen oder den Job zu wechseln, | |
| wirklich wird, erfahren die Zuschauer eher nebenbei aus Gesprächen. Etwa | |
| wenn am Silvesterabend, wie in Spanien üblich, opulent und lang andauernd | |
| gespeist wird oder wenn bei munteren Silvesterpartys zu jedem | |
| [2][Glockenschlag um Mitternacht eine Traube hinuntergewürgt wird, wie in | |
| Spanien üblich]. | |
| Während eines Silvesterkurztrips nach Berlin ziehen die beiden hippen | |
| Spanier durch Secondhandläden und Technoclubs, um sich am Ende auf der | |
| Taxifahrt zum Flughafen so krass und ausdauernd zu streiten, wie man das | |
| sonst im Film eigentlich kaum zu sehen kriegt. Das wirkt so ungemein | |
| realistisch, dass man sich fragt, ob das wirklich als Dialog geschrieben | |
| wurde oder die beiden einfach nur genial improvisieren. | |
| Ana zieht schließlich irgendwann nach Lyon, verliebt sich in einen anderen | |
| Mann, mit dem sie außerdem ein Kind bekommt, und eröffnet einen | |
| Delikatessenlieferservice. Anas harte, immer wieder erniedrigende | |
| Arbeitsrealität und der Umzug ins Nachbarland wird ebenso pointiert in | |
| Szene gesetzt wie Oscars Krankenhausarbeit während der Coronapandemie und | |
| seine schleichende Vereinsamung. | |
| Beide wollen etwas arbeiten, was sie interessiert und Spaß macht, aber | |
| keiner will sich im Job verwirklichen. Viel wichtiger sind | |
| Familienkonflikte mit den Eltern und Geschwistern, die [3][Drogensucht] | |
| eines engen Freundes von Oscar oder die eigenen Beziehungsprobleme, um die | |
| immer wieder gerungen wird. Ana und Oscar kämpfen heftig um ihre Beziehung, | |
| selbst als sie schon vorbei zu sein scheint und sie sich einander immer | |
| mehr entfremden. Aber dennoch finden sie immer wieder zueinander. Am Ende | |
| läuft es auf eine Trennung hinaus, die auf besondere Weise zelebriert wird. | |
| Aber nicht ohne ganz zum Schluss noch ein Hintertürchen offenzulassen. | |
| 6 Nov 2025 | |
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| [2] https://www.spain.info/de/spanien-entdecken/silvester-spanien/ | |
| [3] /Drogenkonsum-in-Berlin/!6107010 | |
| ## AUTOREN | |
| Florian Schmid | |
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