# taz.de -- Friedensdemos in Berlin und Stuttgart: Sie ringen um Frieden und Gl… | |
> Für den 3. Oktober rufen Friedensgruppen zu Demonstrationen in Berlin und | |
> Stuttgart auf. Die Ukraine wird in der Ankündigung nicht explizit | |
> genannt. | |
Bild: Ralf Stegner, SPD MdB, auf der bundesweiten Demonstration der deutschen F… | |
Berlin taz | Ob er nicht befürchtet, am 3. Oktober [1][wieder ausgepfiffen | |
zu werden]? Ralf Stegner gibt sich gelassen. „Weder in der Friedensbewegung | |
noch sonst geht es darum, es jedem recht zu machen“, antwortet der | |
SPD-Bundestagsabgeordnete. „Wir sind ja heterogen zusammengesetzt.“ Er habe | |
sich angewöhnt, stets seine Meinung zu sagen. Natürlich bleibe er dabei, | |
dass es sich in der Ukraine um einen Angriffskrieg Russlands handelt. Für | |
diese Aussage hatte Stegner im vergangenen Jahr auf der Demo Buh-Rufe | |
kassiert. | |
Auch dreieinhalb Jahre nach dem völkerrechtswidrigen Überfall Russlands auf | |
die Ukraine ist es der Friedensbewegung [2][nicht gelungen, kollektiv einen | |
glaubwürdigen Umgang mit dem fürchterlichen Krieg in der Ukraine zu | |
finden]. Aber an diesem Freitag, dem Tag der Deutschen Einheit, wollen sie | |
trotzdem versuchen, gemeinsam zu demonstrieren, in Berlin und Stuttgart. In | |
Berlin soll Stegner erneut als einer der Redner:innen auftreten. | |
„Nie wieder kriegstüchtig! Stehen wir auf für Frieden“, lautet das Motto | |
der beiden parallelen Demonstrationen, zu denen zahlreiche | |
Friedensorganisationen aufrufen. Mit dabei sind pazifistische Verbände wie | |
die DFG-VK, Pax Christi oder der Internationale Versöhnungsbund ebenso wie | |
der SPD-nahe [3][Erhard-Eppler-Kreis] und die Linkspartei. Hinzu kommen | |
Parteien mit einem eher eigenwilligen Friedensverständnis, wie das Bündnis | |
Sahra Wagenknecht (BSW), die DKP, die MLPD oder „Die Gerechtigkeitspartei – | |
Team Todenhöfer“. | |
Gemeinsam unterzeichnet haben sie einen Demonstrationsaufruf mit einer | |
ganzen Reihe an Forderungen an die Bundesregierung. Der Katalog reicht von | |
„Keine Stationierung von US-Mittelstreckenwaffen in Deutschland“ über „N… | |
zur Wehrpflicht“ bis zu „Asyl für Menschen, die sich dem Krieg verweigern | |
und von Krieg bedroht sind“. | |
## Differenzen übertünchen | |
Um den letzten Punkt – konkret um die Frage des Asyls für | |
Kriegsdienstverweigerer und Deserteure aus Russland, Belarus und | |
der Ukraine – hatte es im Vorfeld der letzten Demonstration vergangenes | |
Jahr noch Ärger gegeben. Diese Forderung fehlte bewusst in dem zentralen | |
Aufruf, [4][der damals von dem BSW-nahen Personenbündnis „Nie wieder Krieg | |
– Die Waffen nieder“ verantwortet wurde]. Deswegen beteiligte sich der | |
Bundesvorstand der DFG-VK nicht an der Demo. Das ist diesmal anders. | |
Außerdem fordern die Unterzeichner:innen von der Bundesregierung ein | |
„diplomatisches Engagement für ein schnelles Ende der Kriege in Europa und | |
im Nahen und Mittleren Osten“. Sie dürfe sich „nicht weiter mitschuldig | |
machen an einer von immer mehr Staaten und Organisationen als Völkermord | |
klassifizierten Kriegsführung im Gazastreifen“. | |
Die Beschränkung auf Forderungen an die deutsche Regierung dient auch dem | |
Zweck, Differenzen zu übertünchen. Zwar lehnen die verschiedenen Spektren, | |
die sich zur Friedensbewegung zählen, gemeinsam den Hochrüstungskurs ab. | |
Auch in ihrer Kritik an dem maßlosen militärischen Vorgehen der | |
israelischen Regierung nach dem Terrorangriff der Hamas am 7. Oktober 2023 | |
sind sie sich einig. In der Bewertung des Ukrainekriegs sind sie das | |
jedoch nicht. Entsprechend taucht nicht einmal das Wort „Ukraine“ in dem | |
Aufruftext auf. | |
Das liegt daran, dass ein Teil der Friedensbewegung in dem Krieg in der | |
Ukraine nur einen Stellvertreterkrieg der USA gegen Russland sehen. Da | |
reicht es dann nur zu der Forderung nach „Verhandlungen, die die Realitäten | |
am Boden anerkennen und die Interessen aller Seiten berücksichtigen“, wie | |
es Joachim Guilliard vom Heidelberger Forum gegen Militarismus und Krieg am | |
Montag bei einer Pressekonferenz zu der Demo sagte. | |
Unabhängig davon, wie ihre jeweilige Realisierungschance eingeschätzt | |
wurde, waren Forderungen wie „Amis raus aus Vietnam“ oder „Amis raus aus | |
Irak“ einst Konsens in der Friedensbewegung. Für die Forderung „Russland | |
raus aus der Ukraine“ gilt das heute nicht. „Ich glaube, das ist ein Teil | |
der Schwäche der Friedensbewegung“, räumt Stegner ein. Er würde sich | |
„wünschen, dass man zu so einer Forderung kommen könnte“. Doppelmoral und | |
Einäugigkeit seien „der falsche Ansatz“. | |
Wichtig sei ihm jedoch vor allem, „dass hier eine Friedensbewegung da ist, | |
die zeigt, dass sie dem was entgegensetzen will, was an Aufrüstung, Krieg | |
stattfindet“, sagt Stegner. Wie wohl diesmal die Demonstrant:innen auf | |
ihn reagieren werden? Auf der Bühne in Berlin sollen außer ihm noch der | |
DFG-VK-Bundessprecher Jürgen Grässlin, die Linken-Europaabgeordnete Özlem | |
Alev Demirel sowie je ein Kriegsdienstverweigerer aus Russland und der | |
Ukraine stehen. | |
Für Stuttgart geplant sind unter anderem Auftritte der früheren | |
EKD-Ratsvorsitzenden Margot Käßmann, von Rihm Hamdan von der Initiative | |
„Palästina spricht“ sowie der ehemaligen Bundestagsabgeordneten Lothar | |
Binding (SPD) und Sevim Dağdelen (BSW). | |
2 Oct 2025 | |
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## AUTOREN | |
Pascal Beucker | |
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