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# taz.de -- Ausstellung über das Nova Musik Festival: Zwischen Trauma und Hoff…
> „The moment music stood still“ zeigt die Sicht der Überlebenden auf das
> Massaker. Ein Rundgang durch die Ausstellung über das Nova Musik
> Festival.
Bild: Hinterlassenschaften der Besucher:innen sind wichtiger Bestandteil der Au…
Berlin taz | Schreie, Schüsse, immer wieder „Allahu Akbar“-Rufe: Im Wechsel
mit dieser verstörenden Geräuschkulisse läuft Trance-Musik, man hört
Menschen lachen. Flackerndes Kerzenlicht, Lichterketten und LEDS
durchfluten den Raum mit warmem Licht.
Die Ausstellung [1][„The moment music stood still. The Nova Music Festival
Exhibition“] erinnert an den Überfall der Hamas und ihrer
Unterstützer*innen auf das Nova-Musikfestival in Israel am 7. Oktober
2023. Basierend auf Audio- und Videomaterial verschiedener Quellen sowie
Hinterlassenschaften der Besucher*innen bietet sie einen Einblick in
die Gefühlswelt der Überlebenden, die in den letzten zwei Jahren von
Trauma, Schmerz, aber auch Hoffnung und Zusammenhalt geprägt ist.
Nachdem die Ausstellung bereits in Israel, den USA und Argentinien zu sehen
war, eröffnete sie am Sonntagabend mit 500 geladenen Gäst*innen im
ehemaligen Flughafen in Tempelhof, bevor sie ab Dienstag offiziell für
Besucher*innen geöffnet wird. Die Ausstellung sei nicht nur ein Ort,
das Geschehene zu verarbeiten und zu erinnern, sondern auch „ein Zeichen
für Resilienz und ein Versprechen für das Leben“, sagt Reut Feingold,
Direktorin der Ausstellung, in ihrer Eröffnungsrede.
Der Angriff auf das Festival mit 3.500 Besucher*innen war der größte
Terrorangriff auf ein Elektrofestival weltweit. Nach Angaben der
Ausstellungsmacher wurden bei dem Massaker 411 Besucher*innen getötet
und mehr als 40 in den Gazastreifen verschleppt. Auf dem internationalen
Festival kamen Raver*innen, Künstler*innen und Crewmitglieder aus 17
Ländern zusammen. Es verstand sich nicht nur als Ort zum Feiern, sondern
stand nach eigenen Angaben auch für Werte wie Freiheit, gegenseitige
Akzeptanz und Frieden ein.
## Unsägliche Gräueltaten
Dokumentiert ist das Geschehene unter anderem durch Handyaufnahmen der
Opfer sowie durch Propagandavideos der Terroristen selbst. Unsägliche
Gräueltaten wurden von den Tätern live gestreamt, das Ausmaß der Gewalt und
die Verhöhnung der Opfer und ihrer Angehörigen in den sozialen Netzwerken
erschütterten das Sicherheitsgefühl von Israelis und Jüdinnen:Juden
weltweit.
Das spürt auch Ofir Amir, Mitbegründer und Überlebender des Nova-Festivals.
Er ist zur Eröffnung aus Tel Aviv angereist. In Deutschland geboren und mit
11 Jahren nach Israel gezogen, kennt er die Angst, die viele Israelis und
Jüdinnen:Juden hierzulande im Alltag begleitet, allzu gut. Häufig würde
er etwa bei Taxifahrten in Berlin überlegen, ob er seinen richtigen Namen
angeben soll. Immer wieder seien auch das Festival und die Überlebenden zur
Projektionsfläche von Hass geworden, sagt er.
Dementsprechend sei auch in Sicherheitsmaßnahmen für die Ausstellung
investiert worden. Seitdem er das Massaker am 7. Oktober überlebt hat, hat
Ofir Amir wie viele andere Überlebende sein Leben der Unterstützung anderer
Überlebender, der Aufklärungsarbeit und dem Aufbau von
Unterstützungsstrukturen gewidmet.
„Als Enkel von Schoa-Überlebenden ist es für mich von besonders tiefer
Bedeutung, zu diesem Anlass nach Berlin zurückzukehren“, sagt er am Sonntag
zur taz. Berlin sei für viele junge Israelis eine Stadt von besonderer
Bedeutung, nicht zuletzt wegen der Clubszene. „Ich hoffe, dass Menschen
verstehen, dass es hierbei nicht darum geht, sich auf eine Seite zu
stellen. Es geht um das Grauen, was vielen jungen, feiernden Menschen
angetan wurde. Es geht hier um Zusammenhalt in der Musik- und Feierszene.“
## Kampf gegen die Verleugnung
Leider sei das Schweigen in der Feier- und Clubszene weltweit noch viel zu
groß. In Berlin haben die Überlebenden in der Clubkultur laut Amir nur
durch den Technoclub [2][://aboutblank] Unterstützung erfahren. Die
Ausstellung sei für ihn auch ein Kampf gegen die Verleugnung des
Geschehenen, die teilweise immer noch stattfinde.
Die Original-Exponate vom Festivalgelände machen den Horror dieses Tages
greifbar: Man sieht verbrannte Autos, in denen Festival-Besucher*innen
versuchten zu flüchten und teilweise bei lebendigem Leib verbrannten, nach
Schüssen umgekippte Dixi-Toiletten vom Festivalgelände, in denen sich
Menschen panisch versteckten, aber doch keinen Schutz fanden. Auch viele
private Gegenstände, die die Opfer des Massakers hinterließen, sind zu
sehen. Offene Zelte, aus denen Schlafsäcke und Kleidungsstücke
heraushängen.
Daneben gibt es Videos mit Interviews und Augenzeugenberichten sowie
Originalaufnahmen von Festival-Besucher*innen, die sich während des
Überfalls vor den Terroristen versteckten. In Audioaufnahmen hört man die
letzten Telefonate, die Ermordete und Entführte mit ihren Eltern führten,
bis die Verbindung abbricht.
Neben den Einblicken in das Grauen zeigt die Ausstellung eindrucksvoll, wie
Überlebende des Festivals das Trauma verarbeiten und sich gegenseitig
unterstützen. Nur wenige Tage nach dem Massaker gründeten Überlebende die
Nova Tribe Community Association – ein Kollektiv, das Überlebende und
trauernde Familien unter anderem durch therapeutische Angebote unterstützt.
## Flashbacks, Panikattacken und Schlafstörungen
Laut der Ausstellungsmacher leiden viele Überlebende bis heute an
Flashbacks, Panikattacken und Schlafstörungen. Voriges Jahr wurde der Fall
von Shirel Golan bekannt, die das Nova-Festival überlebte und sich zu ihrem
22. Geburtstag das Leben nahm. Wie viele weitere Überlebende des
Nova-Festivals Suizid begangen haben, ist nicht bekannt.
Im letzten Raum der Ausstellung sitzt am Sonntagabend Tal Shimony und
spielt auf einer Handpan, um die Besucher*innen der Ausstellung
musikalisch hinauszubegleiten. Die 27-Jährige setzt sich, seitdem sie das
Massaker am 7. Oktober überlebt hat, unermüdlich für Aufklärungsarbeit ein
und reist dafür um die Welt.
Auf Festivals in Europa habe sie neben viel Unterstützung auch Anfeindungen
erlebt, erzählt sie. Viele Menschen würden rechtfertigen, was ihr und
anderen Festivalbesucher*innen geschehen sei, statt ihren Schmerz
anzuerkennen. Besonders groß sei ihre Enttäuschung über das Schweigen in
der Clubszene, da sie sich dieser selbst verbunden fühle und in der
Berliner Technoszene gearbeitet habe.
Shimony sagt, immer wieder komme der Vorwurf auf, es sei unangemessen
gewesen, ein Festival so nah an der Grenze zu Gaza zu veranstalten. Viele
Menschen würden nicht verstehen, welche Bedeutung Trance-Parties für
Israelis hätten.
Ähnlich wie in Berlin sei es auch in Israel aufgrund von Repressionen
zunehmend schwierig, Outdoor Raves zu veranstalten. Häufig würden deshalb
entlegene Regionen als Veranstaltungsort gewählt. Für viele Menschen in
Israel sei das Gefühl von Freiheit und Unbeschwertheit auf den Raves
angesichts der fortwährenden Realität von Krieg, Terroranschlägen und
transgenerationalen Traumata unverzichtbar. „Auf dem Nova-Festival feierten
Menschen unterschiedlicher Herkunft und Religion das Leben. Die Terroristen
der Hamas haben keinen Unterschied darin gemacht, ob sie jüdische
Festivalbesucher*innen oder Muslim*innen erschossen“, sagt
Shimony zur taz.
Umso wichtiger sei es, dass der Angriff auf das Nova-Festival auch als
Angriff auf die Rave-Kultur und ihre gemeinsamen Werte verstanden werde.
Weiterhin auf Partys und Festivals zu gehen, sei für sie und viele
Überlebende dennoch zentral, um zu heilen: „‚We will dance again‘ ist ke…
leere Phrase. Immer wenn wir tanzen gehen, tanzen wir auch für unsere
ermordeten Freund*innen weiter.“
Bis 16. November, Platz der Luftbrücke 5, Di.–Do. 11–20 Uhr, Freitag 11–…
Uhr, Samstag und Sonntag 11–20 Uhr
6 Oct 2025
## LINKS
[1] https://www.thf-berlin.de/aktuelles/veranstaltungen/veranstaltung/the-nova-…
[2] https://berliner.party/de/nachtclubs/about-blank
## AUTOREN
Lea Wolters
## TAGS
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