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# taz.de -- Andrzej Steinbachs Fotografien: Die Bedeutung liegt allein im Auge …
> Andrzej Steinbach inszeniert Objekte und Personen vor der Kamera: Seine
> erweiterten Menschenbilder sind in Braunschweig zu sehen.
Bild: „Erweiterungen (Industriespiegel)“, 2024
Als streng und methodisch, zudem sich einer unmittelbaren Dechiffrierung
verweigernd, mögen viele die schwarz-weißen Fotoserien empfunden haben, die
Andrzej Steinbach in den vergangenen Jahren veröffentlichte: „Figur I,
Figur II“ war es 2015, „Gesellschaft beginnt mit drei“ folgte 2017.
Immer standen starke, ernst dreinblickende Personen vor Steinbachs Kamera:
neutrale „Figuren“, also generische Stellvertreter und keine betonten
Individuen. Sie wechselten ihre Kleidung oder die Position in einem
ausgetüftelten Arrangement in einem ebenfalls neutralen Raum. Und hatte man
gehofft, in den Begleitpublikationen ein paar erklärende Worte zu finden:
Fehlanzeige!
Andrzej Steinbach, 1983 in Polen geboren, ist in Chemnitz, ehemals
Karl-Marx-Stadt, in der DDR aufgewachsen, hat 2013 sein Fotografiestudium
an der HGB in Leipzig abgeschlossen und lebt in Berlin. Er bezeichnet
[1][seinen Bildzugriff als „dokumentarisch“.] Aber es ging ihm nicht mehr
um die Aussagedichte des traditionellen Porträts, schon gar nicht um die
Dokumentation eines sozialen Milieus oder des gesellschaftlichen Status
einer Persönlichkeit.
Denn die Zeiten homogener gesellschaftlicher Systeme, die einst
Referenzgrößen wie August Sander oder Walker Evans zu ihren Studien
motivierten, sind einem modernen Pluralismus, sind fluiden bis brüchigen
Sozialstrukturen gewichen. Steinbachs ästhetische Ambition bestand darin,
so viel wie möglich zu reduzieren, auszutesten, wenn überhaupt noch etwas
„zu sehen“ ist. Dabei berief er sich auf [2][Walter Benjamin, der Sanders
Porträts als „Übungsatlas“ für die Augen charakterisierte]. Der Klarheit
seiner Fotografie stellte Steinbach einen weiten Interpretationsspielraum
des Gesehenen entgegen, den er einzig den Betrachtenden überließ.
Dann kam die Coronapandemie und vereitelte ihm, menschliche „Figuren“ im
Atelier weiter aufzustellen. Steinbach begann zu erforschen, wie Menschen
durch Gegenstände, die etwa auf ihre Arbeit verweisen, repräsentiert werden
können. Als „erweitertes Menschenbild“ bezeichnet er das.
## Werkzeuge als Erweiterung
Er zerlegte seine alte mechanische Schreibmaschine, ein
„Bedeutungsherstellungsapparat“, wie er sagt, und porträtierte ihre
Einzelteile in 14 Aufnahmen: filigrane Arme der Drucktypenträger, etwa,
oder ein mysteriöses Objekt, das sich als Unterbau der Leertaste entpuppt.
Die Inszenierungen sind als offenes, handwerkliches System gedacht: Man
sieht den Rand der Fotografie, die großformatigen Abzüge hängen locker im
Rahmen.
Und er entdeckte die von Fotoamateuren geschätzte Makrofotografie für eine
Serie von Werkzeugen. Er reizt die Detailfülle der Fotografie aus, lädt
eine alte Zange oder Nägel wie Fetische in ihrem erotischen Charakter auf,
erstmals auch in Farbe.
Das Museum für Photographie in Braunschweig zeigt jetzt eine Auswahl aus
den letzten 13 Jahren Steinbach’scher Bildproduktion. Erstmals in
Deutschland ist ein Auszug aus Steinbachs jüngster Werkgruppe zu sehen,
„Erweiterungen/Extensions“ von 2024. Nun tritt wieder eine ernste „Figur�…
auf, in Beziehung zu Objekten wie Handwerkszeug oder einem Computer, den
Erweiterungen humaner Leistungsfähigkeit. Steinbach operiert dabei
humorvoll mit kunsthistorischen Bezügen: Eine Fahrradfelge auf einem
Hocker, [3][das kennt man doch irgendwie.]
12 Oct 2025
## LINKS
[1] /Fotografie-Ausstellung-in-Hannover/!5209099
[2] /Das-Typische-und-das-Besondere/!483001
[3] /Duchamp-Ausstellung-in-Frankfurt/!5850928
## AUTOREN
Bettina Maria Brosowsky
## TAGS
Ausstellung
zeitgenössische Fotografie
Fotografie
Porträt
Videokunst
Wolfenbüttel
zeitgenössische Fotografie
Schwerpunkt Stadtland
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