# taz.de -- Steigende Ausgaben: Krankenkassen stehen „finanziell massiv unter… | |
> Die Krankenversicherungen geben immer mehr Geld für ihre Leistungen aus, | |
> doch Beitragssteigerungen will die Koalition verhindern. Helfen sollen | |
> Finanzspritzen – und komplexe Strukturreformen. | |
Bild: Nina Warken (CDU), Bundesministerin für Gesundheit, gibt ein Statement z… | |
Berlin epd/dpa/taz | Angesichts der Finanzierungslücken in Milliardenhöhe | |
bei der [1][Pflege]- und Krankenversicherung drängt | |
Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU) zu schnellen Maßnahmen. Die | |
[2][gesetzliche Krankenversicherung stehe „finanziell massiv unter Druck“], | |
sagte die Ministerin am Freitag in Berlin. Es brauche kurzfristige | |
Maßnahmen und langfristig wirkende Strukturreformen. | |
Zwar hätten die gesetzlichen Krankenkassen (GKV) im ersten Halbjahr einen | |
Überschuss von 2,8 Milliarden Euro erzielt, dieser diene jedoch der | |
Auffüllung der sehr niedrigen Finanzreserven auf die gesetzlich geforderte | |
Mindestreserve. In den vergangenen Jahren hatte es einen massiven | |
Rücklagen-Abbau gegeben. | |
Außerdem stiegen die Ausgaben der Krankenkassen weiter an. Im ersten | |
Halbjahr gaben die rund 90 gesetzlichen Krankenkassen 166,1 Milliarden Euro | |
für ihre Leistungen aus. Das ist eine Steigerung um 7,95 Prozent gegenüber | |
dem Vorjahreszeitraum, wie aus den aus neuen Kennzahlen des | |
GKV-Spitzenverbands hervorgeht. | |
Für das kommende Jahr betrage das Defizit der gesetzlichen | |
Krankenversicherung vier Milliarden Euro, während in der Pflege eine | |
Finanzierungslücke von zwei Milliarden Euro drohe, erklärte Warken: „Ohne | |
tiefgreifende Reformen kann sich das System nicht mehr selber finanzieren“. | |
## Darlehen vom Bund | |
Der Bund leiste einen großen Beitrag zur Stabilisierung der Krankenkassen, | |
so Warken, darunter Darlehen von 2,3 Milliarden Euro für das laufende und | |
das kommende Jahr. Diese Mittel sind in den vom Kabinett auf den Weg | |
gebrachten Haushaltsentwürfen für 2025 und 2026 schon vorgesehen. Das | |
Gesundheitsministerium hatte aber mehrfach signalisiert, dass dies nicht | |
ausreiche, um Beitragsanhebungen Anfang 2026 zu verhindern. Warken | |
wiederholte diese Einschätzung am Freitag: Die Hilfen würden „mit hoher | |
Wahrscheinlichkeit nicht ausreichen“, um die Beiträge mit Blick auf das | |
kommende Jahr zu stabilisieren. | |
Zusätzliches Geld stellt die schwarz-rote Koalition im Haushalt 2025 jedoch | |
nicht bereit, teilte Unions-Haushaltsexperte Christian Haase nach den | |
abschließenden Ausschussberatungen mit. Der CDU-Politiker wies zugleich auf | |
das Ziel der Koalitionsspitzen hin, Beitragserhöhungen zu vermeiden. | |
SPD-Haushaltsexperte Thorsten Rudolph sagte, dazu würden Vorschläge von | |
Gesundheitsministerin Nina Warken (CDU) mit Blick auf den Etat 2026 | |
erwartet. | |
Für langfristige Reformen kündigte die Ministerin die Einsetzung einer | |
Expertenkommission in diesem Monat an. Diese soll bereits im Frühjahr 2026 | |
erste Ergebnisse vorlegen, die ab 2027 wirksam werden. Ziel sei es, „die | |
beinahe zur Routine gewordene Beitragssteigerung zum Jahreswechsel“ zu | |
durchbrechen. Strukturreformen sollten für mehr Effizienz sorgen, so | |
Warken, etwa ein [3][Primärarztsystems], eine Reform des Notfall- und | |
Rettungsdienstes und eine [4][Anpassung der unter ihrem Vorgänger Karl | |
Lauterbach (SPD) verabschiedeten Krankenhausreform]. | |
## Schwarz-Rot will Beiträge stabil halten | |
Zuletzt hatte es Anfang 2025 Beitragserhöhungen gegeben: Die Kassen hoben | |
den Zusatzbeitrag auf durchschnittlich 2,9 Prozent an, daneben gilt der | |
allgemeine Beitragssatz von 14,6 Prozent des Bruttolohns. Schwarz-Rot | |
betont immer wieder, die Beiträge stabil halten zu wollen, auch im | |
Koalitionsausschuss am Mittwochabend hat man das noch einmal bekräftigt. | |
Die Beitragszahlenden sollten nicht weiter belastet, der dringend erhoffte | |
Wirtschaftsaufschwung durch Beitragserhöhungen nicht zusätzlich gefährdet | |
werden. | |
Die Kassen machen für die schlechte Finanzlage vor allem die Gesetzgebung | |
der vergangenen Jahre verantwortlich, wie ein Verbandssprecher erläuterte. | |
Honorardeckel wurden demnach beispielsweise für immer mehr ärztliche | |
Leistungen abgeschafft und Preisvorgaben bei Arzneimitteln gelockert. | |
Der Vorsitzende des GKV-Spitzenverbandes, Oliver Blatt, forderte ein | |
Ausgabenmoratorium und Strukturreformen. Diese sollten für die Versicherten | |
im Alltag spürbar werden – zum Beispiel durch schnellere Arzttermine. | |
Langfristig will Blatt aber auch verhindern, dass die Schere zwischen | |
Ausgaben und Einnahmen weiter auseinander geht, und „wieder zu stabilen | |
Finanzen kommen“. Grundsätzlich müsse verhindert werden, dass die | |
Krankenkassen mehr ausgeben müssen als sie einnehmen. Der Anstieg der | |
Kosten müsse wieder auf „ein Normalmaß“ zurückgeführt werden. | |
5 Sep 2025 | |
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