# taz.de -- Höhere Bemessungsgrenzen: Gutverdienende sollen mehr Sozialabgaben… | |
> SPD-Arbeitsministerin Bas will die Beitragsbemessungsgrenzen anheben. | |
> Linken-Chefin Schwerdtner ist das zu wenig. Nötig sei ein | |
> „Gerechtigkeitsschub“. | |
Bild: Bärbel Bas bei einem Wahlkampftermin vor dem Wahlkreisbüro der SPD in S… | |
Berlin taz | Wer gut verdient, soll mehr vom Lohn für Gesundheit, Pflege | |
und Rente in die Sozialversicherungskassen einzahlen. Arbeits- und | |
Sozialministerin Bärbel Bas (SPD) will per Verordnung die | |
Beitragsbemessungsgrenzen zu Beginn des nächsten Jahres anheben. Ein | |
entsprechender Referentenentwurf aus ihrem Haus beruft sich dabei auf die | |
um fünf Prozent gestiegenen Löhne im vergangenen Jahr. Der Entwurf, welcher | |
der taz vorliegt, wird seit Freitag zwischen den Ministerien abgestimmt. | |
Derzeit zahlen Arbeitnehmer:innen bis zu einem Bruttogehalt von 8.050 | |
Euro Rentenbeiträge, ab Januar soll diese Grenze laut Entwurf auf 8.450 | |
Euro steigen. Eine ähnliche Anhebung ist auch für Kranken- und | |
Pflegeversicherung geplant, hier soll die Gehaltssumme, welche für die | |
Berechnung der Beiträge herangezogen wird, um 300 Euro auf 5.812,50 | |
steigen. | |
Für eine Ärztin, die monatlich 6.500 Euro brutto verdient, würde das | |
bedeuten, dass sie ab Januar rund 30 Euro pro Monat mehr Sozialabgaben | |
zahlen muss. Ein Unternehmensberater, mit monatlich 8.500 Euro brutto, | |
würde rund 90 Euro zusätzlich zahlen. | |
Vorausgesetzt, beide sind und bleiben gesetzlich versichert. Die | |
Pflichtversicherungsgrenze in der Krankenversicherung liegt derzeit bei | |
6.150 Euro, Bas will sie auf 6.450 Euro anheben. Doch sowohl die beiden | |
fiktiven Beispiele, die Ärztin und der Unternehmensberater, könnten in die | |
private Krankenversicherung wechseln, statt freiwillig in die gesetzlichen | |
Kassen einzuzahlen. Dieses reale Risiko geht mit einer Anhebung der | |
Bemessungsgrenzen einher. | |
## Linke fordert Aufhebung der Bemessungsgrenze | |
Die Beitragssätze selbst sollen stabil bleiben. Diese liegen bei 18,6 | |
Prozent in der Rente, die jeweils zur Hälfte von Arbeitnehmer:innen | |
und Arbeitgeber:innen getragen werden. Für Krankheit und Pflege fallen | |
zurzeit Beiträge von 14,6 und 3,6 Prozent an. Auch diese teilen sich | |
Arbeitnehmer:innen und Arbeitgeber:innen, wobei kinderlose Versicherte | |
etwas mehr für die Pflege zahlen und die Krankenkassen aktuell noch | |
Zusatzbeiträge verlangen. | |
Die Beitragsbemessungsgrenzen folgen der Lohnentwicklung und werden in der | |
Regel jährlich erhöht. Ungewöhnlich ist die Anhebung daher nicht. Sie fällt | |
allerdings in die politische [1][Debatte um eine Reform des Sozialstaats]. | |
Die Union fordert Kürzungen von Sozialleistungen, die SPD ist dagegen und | |
will die Basis der Einzahlenden verbreitern. | |
## Schwerdtner: „Radikaler Gerechtigkeitsschub“ nötig | |
Linken-Vorsitzende Ines Schwerdtner teilte der taz mit, der Eindruck, es | |
würde Gutverdienenden durch die Erhöhung der Beitragsbemessungsgrenzen | |
richtig ans Portmonee gehen, sei falsch. Auch [2][die bedrohliche | |
Unterfinanzierung von Renten- und Krankenversicherung] werde damit | |
überhaupt nicht beendet. „Wir brauchen einen radikalen Gerechtigkeitsschub | |
in den Sozialversicherungen generell: Alle müssen sich endlich an deren | |
Finanzierung beteiligen und vor allem Reiche und Vermögende müssen deutlich | |
mehr tragen als bisher.“ | |
Es könne nicht sein, dass der Handwerker auf sein komplettes Einkommen | |
Sozialabgaben zahlt, ein Manager hingegen nur auf einen Teil, meint | |
Schwerdtner und fordert: „Deswegen muss die Beitragsbemessungsgrenze in der | |
Rentenversicherung deutlich erhöht werden und bei der Krankenversicherung | |
wegfallen.“ | |
Auch der Vorsitzende der Grünen, Felix Banaszak, erklärte auf taz-Anfrage, | |
man solle sich nichts vormachen. Die Anhebung der Bemessungsgrenzen sei | |
eine ganz normale und faire Entscheidung, die schlicht der Lohnentwicklung | |
folge. „Damit allein sind die Finanzierungsprobleme unserer | |
Sozialversicherungen nicht gelöst.“ Wer langfristig Stabilität wolle, | |
brauche weitergehende Reformen und den Mut, das System solidarisch und | |
zukunftsfest zu machen. | |
Kritik kam hingegen vom Bund der Steuerzahler. Dessen Präsident, Reiner | |
Holznagel, nannte Bas' Idee in der Bild-Zeitung „Bullshit.“ „Finger weg v… | |
den Beitragsbemessungsgrenzen“, sagte Holznagel. Eine Erhöhung treffe vor | |
allem Facharbeiter und Selbständige, behauptete er. | |
7 Sep 2025 | |
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## AUTOREN | |
Anna Lehmann | |
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