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# taz.de -- Nach historischem Vorbild: Hamburg baut Synagoge wieder auf
> Die einst größte Synagoge Norddeutschlands soll wieder errichtet werden.
> Auch ein liberaler Tempel ist geplant, aber ohne die liberale Gemeinde.
Bild: Soll äußerlich an den 1938 niedergebrannten Vorgängerbau erinnern: Sie…
Hamburg taz | Der Architekturwettbewerb für den Wiederaufbau von Hamburgs
größter Synagoge ist entschieden. Der Sakralbau soll sich nach dem
historischen Vorbild richten und von weiteren Gebäuden gerahmt werden,
sodass daraus ein kleines jüdisch geprägtes Quartier direkt am Campus der
Hamburger Universität entsteht.
Ob ein Wiederaufbau der sogenannten Bornplatzsynagoge am heutigen
Joseph-Carlebach-Platz der [1][richtige Weg ist oder das hier geschehene
Unrecht unsichtbar macht,] war im Vorfeld umstritten. Das Projekt wird von
der orthodox ausgerichteten Jüdischen Gemeinde in Hamburg getragen und von
der Stadt wie dem Bund unterstützt. Die liberale jüdische Gemeinde, die im
Israelitischen Tempelverband organisiert ist, wurde nicht beteiligt.
Zwischen den beiden Gemeinden gibt es seit Jahren Streit.
Der Siegerentwurf wurde am Freitag unter Beteiligung von reichlich
Prominenz vorgestellt. Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD), per Video
von einer Delegationsreise nach Kanada zugeschaltet, sprach von einem
weiteren großen Schritt, „um einen zentralen Ort für das jüdische Leben und
die jüdische Kultur in unserer Stadt zu schaffen“.
Ob das wirklich ein zentraler Ort in diesem Sinne wird, ist allerdings
offen. Zwar sieht der Entwurf in der Randbebauung eine herausgehobene
Synagoge für das liberale Judentum vor. Für den Israelitischen
Tempelverband kommt es aber nicht in Frage, dort einzuziehen – zu groß ist
die Angst, dass dort am Ende nur die orthodoxe Gemeinde das Sagen haben
wird, die den Anspruch erhebt, Einheitsgemeinde zu sein.
## Liberale Juden fordern Gleichbehandlung
Der Tempelverband versteht sich als legitimer Erbe des Vorkriegsjudentums
in Hamburg, dem dieses [2][Recht von der Jüdischen Gemeinde streitig
gemacht] werde, die eine Neugründung sei. Sein kulturell-religiöses Erbe
knüpfe an die als Ruine noch erhaltene Synagoge in der Poolstraße an. Er
verlangt, dass der Senat die jüdischen Gemeinden gleich behandeln und dem
Tempelverband einen [3][Wiederaufbau der Synagoge an der Poolstraße]
ermöglichen müsse.
„Das liberale Judentum findet auch auf dem Bornplatz statt“, betonte
Philipp Stricharz, der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde in Hamburg, auf
die Nicht-Beteiligung des Tempelverbandes angesprochen. „Juden lassen sich
nicht auseinanderdividieren.“ Hamburg sei dafür bekannt, dass es schon im
19. Jahrhundert eine Einheitsgemeinde gehabt habe. „Die Gemeinde, die die
Synagoge verloren hat, baut sie wieder auf.“
Dazu schlagen die Architekten des Leipziger Büros Schulz und Schulz einen
Wiederaufbau in Form einer Abstraktion vor, „die der kollektiven Erinnerung
an den Bau entspricht“. Will heißen, die äußere Form wird zum großen Teil
rekonstruiert, das Innere neu aufgeteilt. Die Fassade soll mit Ziegeln aus
der Zeit vor dem Bau 1906 gemauert werden, die aus dem ganzen Bundesgebiet
gespendet werden sollen. Zudem sollen erhaltene Bruchstücke (Spolien) der
1938 von einem Mob niedergebrannten Synagoge verbaut werden.
Drei zurückhaltende Gebäude mit fein gegliederten Fassaden aus Backstein
sollen die Synagoge flankieren – „wie ein Bilderrahmen, der der Synagoge
die notwendige Aufmerksamkeit schenkt“, formulierte Hamburgs
Oberbaudirektor Franz-Josef Höing. Die Randbebaung ist für Verwaltung,
Wohnungen, Schule, Kindergarten und ein Jugendzentrum vorgesehen. Als
Kopfbau soll den rechten Flügel nach der Planung die liberale Synagoge
überragen, deren oberes Drittel verglast ist – so wie auch die neu-alte
Synagoge im Gegensatz zum Original eine gläserne Kuppel erhalten soll.
Ins Erdgeschoss der liberalen Synagoge soll gegenüber dem Programmkino
Abaton ein Café einziehen. Überhaupt soll das parkartige Gelände zwischen
den Gebäuden offen zugänglich sein. Bei jüdischen Festen soll es durch
vorbereitete Elemente abgesperrt werden können. Alle Gebäude sollen
mithilfe unterirdischer Verbindungsgänge durch die zentrale
Sicherheitsschleuse der großen Synagoge erreichbar sein.
## Jüdisches Leben nicht hinter Zäunen
Der Entwurf solle ein lebendiges Quartier schaffen, sagte Oberbaudirektor
Höing. „Es ist der stille Sieg der Gerechtigkeit und des jüdischen Lebens
über die Nazis“, sagte Daniel Sheffer, der Vorsitzende der Stiftung
Bornplatzsynagoge. Der Entwurf sei eine Einladung an die Stadt, weshalb
auch keine Zäune hierher gehörten. „Die deutsche Gesellschaft kann nicht
funktionieren, wenn jüdisches Leben hinter Zäunen stattfindet“, sagte
Sheffer. „Ich glaube an diese zweite Chance.“ Dass das funktionieren könne,
zeige das Vorbild München. Allerdings sei die Gemeinschaft gefordert, sich
schützend vor Minderheiten zu stellen.
Der Bund habe 13 Millionen Euro für die [4][Machbarkeitsstudie des
Projekts] und den Architekturwettbewerb ausgegeben, sagte der Hamburger
CDU-Abgeordnete und Parlamentarische Staatssekretär im
Bundesinnenministerium, Christoph de Vries. Angeschoben hatten das die
ehemaligen Bundestagsabgeordneten Johannes Kahrs (SPD) und Rüdiger Kruse
(CDU).
Vom 21. Oktober bis zum 10. November sollen die eingereichten
Wettbewerbsentwürfe im Hamburger Rathaus zu sehen sein. Als Nächstes muss
der [5][Siegerentwurf technisch ausformuliert] werden. Zudem steht dem
Projekt noch ein Hochbunker im Wege, den die Nazis auf dem Gelände der
zerstörten Synagoge errichtet haben.
19 Sep 2025
## LINKS
[1] /Buch-zur-Hamburger-Synagogen-Debatte/!5981796
[2] /Kritik-an-Antisemitismusbeauftragtem/!6014445
[3] /Juedische-Geschichte-digital-aufbereitet/!6062088
[4] /Synagogen-Neubau-in-Hamburg/!5876474
[5] https://www.hamburg.de/politik-und-verwaltung/behoerden/senatskanzlei/aktue…
## AUTOREN
Gernot Knödler
## TAGS
Synagoge
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Antisemitismus
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