# taz.de -- Nachruf auf Robert Redford: Für sein Amerika muss man weiter kämp… | |
> Der Schauspielstar Robert Redford war auf uneitle Weise blendend und | |
> politisch engagiert. Von ihm hätte man sich gern kidnappen lassen. | |
Bild: Ein Lächeln, das alle betört: Robert Redford und Barbra Streisand in �… | |
Die Kurzgeschichte beginnt mit dem Satz „In a way, he was like the country | |
he lived in; everything came too easily to him“. Ihr Titel lautet „The | |
All-American Smile“, und mehr als den ersten Satz und den Titel gibt es | |
nicht. Das braucht es auch nicht. Die Erzählung ist das literarische Debüt | |
des fiktiven Hubbell Gardiner in Sidney Pollacks Liebesdrama „The Way We | |
Were“ von 1973. Und sowohl Satz als auch Titel sind so treffend, dass | |
Hubbells zeitweiliges Love Interest Katie nicht nur sie für immer im Kopf | |
behält, sondern vor allem den dazugehörigen Mann: Der talentierte Hubbell, | |
dem „alles zu leicht zuflog“, während sein Lächeln sämtliche Umstehenden | |
betörte, wurde von Robert Redford gespielt. Den vergisst man nicht so | |
leicht. | |
Der 1936 im kalifornischen Santa Monica geborene Schauspieler begann seine | |
Karriere mit Anfang 20. Nachdem er ein paar Semester Malerei studiert und | |
auf einer Europareise seine Liebe zur Kunst vertieft hatte, schrieb er sich | |
bei der New Yorker American Academy of Dramatic Arts ein und stand im | |
Jahrzehnt der einengenden Traditionstreue das erste Mal auf einer Bühne: | |
„In den 50er Jahren konnte ich nicht leben“, sagte er später in einem | |
Interview. 1960 entdeckte die Kamera den weizenblonden Mann und verliebte | |
sich unsterblich in ihn. | |
Einige zum Teil sehr anspruchsvolle, ausgezeichnete Fernsehrollen folgten, | |
Redfords Talent, Präsenz und Wandelbarkeit zusammen mit besagtem | |
„All-American Smile“ katapultierte ihn direkt auf die große Leinwand – u… | |
ebenso schnell in die vorderste Riege der Hollywood-Helden. Seine | |
Rollenauswahl war dabei durchgehend tadellos: Für Alan J. Pakula spielte er | |
1963 den bisexuellen Ehemann von Natalie Wood in „Inside Daisy Clover“, | |
drei Jahre später stand er in Sidney Pollacks Tennessee Williams-Verfilmung | |
„Dieses Mädchen ist für alle“ wieder neben Wood. | |
## Attraktive Rolle als Gangster | |
Er spielte mehrfach als Partner von Jane Fonda, unter anderem als spießiger | |
Anwalt, der sich den Stock aus dem Hintern ziehen muss, in Gene Saks und | |
Neil Simons entzückender New York-Komödie „Barfuß im Park“. Schon Ende d… | |
1960er Jahre befürchtete er (zu Recht), als ewiger, viriler Heldtypus | |
getypecastet und festgelegt zu werden – und nahm 1969 eine in Wirklichkeit | |
kaum weniger attraktive Rolle als Gangster in „Butch Cassidy and the | |
Sundace Kid“ neben Paul Newman an. Das anziehende, blauäugige Halunkenduo | |
stand 1973 mit „Der Clou“ ein weiteres Mal erfolgreich vor der Kamera, und | |
brachte Redford die erste Oscarnominierung ein. | |
Kurz zuvor hatte seine Figur aus „The Way We Were“, mit der er zunächst | |
unzufrieden war, weil man Hubbell ursprünglich nur als Sidekick für die | |
Geschichte der energischen, politischen Katie vorgesehen hatte, eine ganze | |
Nation Frauen und Männer betört: „Er sieht so gut aus! Ich glaube, er | |
riecht auch gut!“, stöhnt ein nicht weiter definierter Fan 1973 in einer | |
der vielen Redford-Biografien. | |
Sein Rezept, charmante, weitgehend gewaltfreie, moralische, immerhin | |
eigenständige, wenn auch nie wirkliche „Anti“-Helden zu spielen, blieb | |
erfolgreich. Mit Sidney Pollack drehte er – vollbärtig – den nachdenklichen | |
Spätwestern „Jeremiah Johnson“, glattrasiert und -gegelt verhalf er der | |
trotz Opulenz etwas blutleeren F. Scott Fitzgerald-Adaption „The Great | |
Gatsby“ zum Mega-Kinoerfolg. | |
## Unabhängigen Stimmen eine Plattform geben | |
Zwei seiner besten und politischsten Filme drehte er in der zweiten Hälfte | |
der 70er Jahre, wieder mit seinen Lieblingsregisseuren: [1][Pollacks „Die | |
drei Tage des Condor“], ein philosophischer, eindringlicher Thriller über | |
Spionage und Paranoia, und „Die Unbestechlichen“, Pakulas Meisterwerk über | |
die Watergate-Affäre, zeigen Redford in konzentriertester, tatsächlich | |
unbestechlichster Form. | |
Auch wenn er in jenen Werken gegen sein blendendes Äußeres anzuspielen | |
schien, überzeugend, natürlich und uneitel agierte, war es im wahrsten | |
Wortsinn schlichtweg nicht zu übersehen: Als er in „Die drei Tage des | |
Condor“ als CIA-Bücherwurm auf der Flucht vor einem Auftragskiller (Max von | |
Sydow) zufällig im Auto von Kathy (Faye Dunaway) landet, und sie mit | |
vorgehaltener Pistole zwingt, ihn zu verstecken, möchte das gesamte Kino | |
auf der Stelle von ihm gekidnappt werden. | |
Natürlich reichte dem kunst-, film- und naturinteressierten Mann das | |
Schauspiel nicht: Bereits 1978 hatte er das bis heute existierende und | |
filmisch wegweisende „Utah/US Filmfestival“ (später „Sundance Film | |
Festival“) gegründet, um unabhängigen US-amerikanischen Stimmen und „New | |
Hollywood“-Produktionen eine Plattform zu geben. | |
## Einsatz für die Rechte von indigenen und queeren Menschen | |
Sein Regiedebüt „Ordinary People“ von 1980 wurde ein Jahr später mit vier | |
Oscars ausgezeichnet, unter anderem mit dem für die beste Regie. In | |
„Brubaker“ gab er einen humanistischen Gefängniswärter, der sich gegen das | |
System stellt, in Pollacks zugegeben kitschiger, aber extrem | |
atmosphärischer Karen Blixen-Adaption „Out of Africa“ sagt er als | |
bindungsunwilliger Weltenbummler und Liebhaber lakonisch zu seiner | |
Freundin, gespielt von Meryl Streep: „Heiraten ist nichts Revolutionäres, | |
manche Tiere bleiben das ganze Leben zusammen. Gänse zum Beispiel.“ | |
Redford drehte und spielte weiter, seine eigenen Produktionen waren zumeist | |
politisch. [2][2013 spielte er mit „All Is Lost“] seine Version einer | |
Robinsonade, 2018 zog er sich als Schauspieler zurück. Er setzte sich | |
weiter für die Umwelt und für die Rechte von indigenen und queeren Menschen | |
ein, unterstützte Obama und teilte gegen Trump aus. Redford, der am | |
Dienstag im Alter von 89 Jahren in seiner Heimat Utah im Schlaf starb, zwei | |
Ehefrauen, vier Kinder und sieben Enkelkinder, kaum Skandale, aber | |
Millionen gebrochener Herzen hinterlässt, war fast zu gut um wahr zu sein. | |
Seine Freundin und Kollegin Jane Fonda, mit der er im Ganzen neunmal vor | |
der Kamera stand und die seine politischen Ansichten teilt, brachte es | |
gegenüber einem Nachrichtenportal auf den Punkt: „Er stand für ein Amerika, | |
für das wir weiterhin kämpfen müssen.“ Vielleicht flog Redford, dessen Haar | |
[3][Barbra Streisand] ihm in „The Way We Were“ immer wieder versonnen und | |
verzückt aus der schönen Stirn streichen muss, wirklich vieles leicht zu. | |
Verdammt hingebungsvoll war er trotzdem. | |
17 Sep 2025 | |
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## AUTOREN | |
Jenni Zylka | |
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