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# taz.de -- Kinofilm „Ein Gauner & Gentleman“: Unerschütterliche Lässigke…
> Das Alter des Helden als eine Frage des Stils: „Ein Gauner & Gentleman“
> ist der gloriose wahrscheinlich letzte Filmauftritt von Robert Redford.
Bild: Allein die Liebesgeschichte zwischen Tucker und Jewel ist das Ticket wert
[1][Robert Redford ist alt genug], um sich der Mehrheit der aktiven
Filmegucker auf die eine oder andere Weise ins Gedächtnis gegraben zu
haben. Sei es als das Sundance Kid zu Butch Cassidy natürlich, als Träger
von beigen Cordanzügen in „Die Unbestechlichen“ oder als Meryl Streeps
Haare waschender Hallodri in „Jenseits von Afrika“.
Stets waren es nicht nur die Rollen, die er spielte, die sich so nachhaltig
einprägten, sondern die Aura von unirritierbarer Lässigkeit, die er dabei
bewahrte. Man verbindet sie mit dem charmanten Lächeln unter dem vielen
Blondhaar oder auch mit dem „Nasenstupser“, den er und sein von Paul Newman
gespielter Kompagnon in „Der Clou“ als Zeichen austauschen.
Wenn spät in „Ein Gauner & Gentleman“ der von Casey Affleck gespielte
Polizist sich von dem ans Bett gefesselten, von Redford verkörperten
Bankräuber mit ebenjener Geste verabschiedet und sich mit dem rechten
Zeigefinger diskret an die Nase tippt – dann ist das der vielleicht
berührendste Moment des ganzen Films.
Was natürlich auch damit zu tun hat, dass Redford angekündigt hat, dass
dies sein letzter Auftritt als Schauspieler sei. Und es wäre sehr viel
leichter, daran nicht zu glauben, wenn Regisseur David Lowery ([2][„A Ghost
Story“]) aus der „wahren“ Geschichte des Senioren-Bankräubers Forrest
Tucker mit „Ein Gauner & Gentleman“ nicht einen Film gemacht hätte, der
tatsächlich als Requiem auf die „Leinwandpersona“ von Robert Redford
daherkommt.
## Bewusst keine „Action“
Das beginnt mit der Einblendung zum Auftakt: „This story, also, is mostly
true“ – was sich auf die Erklärung am Anfang von „Butch Cassidy and the
Sundance Kid“ bezieht: „Most of what follows is true.“ Das nimmt seinen
Fortlauf mit den Bildern von Redford, die Casey Afflecks Polizist auf
seiner Spurensuche sammelt, auf denen man weniger die Figur als vielmehr
den Schauspieler vom Jugendlichen zum reifen Mann altern sieht.
Und es endet längst nicht mit den direkten Zitaten aus Redfords
Filmografie. Etwa wenn eine Szene aus „Ein Mann wird gejagt“ von 1966 als
Illustration eines der vielen Ausbrüche von Forrest Tucker herhalten muss.
Oder wenn Tucker zuletzt sogar auf ein Pferd steigt, um seinen Verfolgern
zu entfliehen.
Robert Redford hat solche Typen wie Tucker unzählige Male gespielt: der
Verbrecher als Individualist, der Gesetzlose als Rebell gegen die
Konvention, der Außenseiter als Lebemann und Genießer. So lässig und
stimmig wirkt Lowerys Film dabei, dass man am Ende davon überzeugt ist,
dass die wahre Geschichte sich wohl umgekehrt verhält: Nicht Redford spielt
hier den Berufskriminellen Tucker nach, sondern Tucker hat offenbar sein
Leben lang Robert Redfords Kinohelden imitiert.
„Ein Gauner & Gentleman“ ist dabei nicht nur ein Film mit einem alternden
Helden im Zentrum, sondern einer, der aus dem Alter seines Helden einen
Stil macht. Ob bei den Vorbereitungen zum nächsten Coup oder der Flucht
unmittelbar danach, stets geht es gemächlich zu. Alles, was als „Action“ im
herkömmlichen Sinn verstanden werden könnte, lässt Lowery bewusst aus.
## Pure Kinomagie
Als einmal etwas schiefgeht und Tuckers Mitverschwörer Teddy (Danny Glover)
angeschossen wird, nimmt die Kamera nur das Danach in den Blick; einerseits
am Tatort die Spurensicherung durch die Polizei, andererseits im Motel das
Ächzen der alten Männer bei der Wundpflege. Verfolgungsjagden beobachtet
man stets aus der Perspektive des zufälligen Passanten, wobei Letzteres
zugleich die erfolgreiche Verkleidung für den flüchtigen Tucker darstellt.
Die wahre Spannung zieht Regisseur Lowery sowieso aus der lässigen Eleganz
seines Helden, den man sich als glücklichen Bankräuber und Menschen
vorstellen muss. Nicht nur, dass er seine Taten stets mit einem
freundlichen Lächeln einleitet, er muntert auch regelmäßig die
Bankangestellten auf, die ihm ängstlich die Scheine einpacken, weil er
ihnen seine Waffe gezeigt hat. Ob er je wirklich schießen würde?
Noch die Bemühungen der Polizei auf seinen Fersen verfolgt er mit
Sympathie. Was im Fall von Afflecks John Hunt (wie Forrest Tucker der wahre
Name einer historischen Figur) auch nicht schwer ist, tritt der Polizist
doch stets vorbildlich bescheiden auf. Ob er die „pistolenbepackten Opas“
denn fassen könnte, wird er in einem Fernsehinterview gefragt. Nun, die
Alten hätten einige Jahre mehr Erfahrung im Bankraub als er beim
Verbrecherjagen, aber er würde sich Mühe geben, lautet seine Antwort.
Für Tuckers Interaktion mit seinen Mitverschwörern Teddy (Danny Glover) und
Waller (Tom Waits) nimmt sich der Film leider nur wenig Zeit. Dafür fängt
er in den Szenen mit Jewel (Sissy Spacek), Tuckers „love interest“, pure
Kinomagie ein. Wie diese beiden „Alten“ hier einander zuerst abschätzen,
dann zu flirten beginnen und schließlich über Lügen hinweg zu einer im
wahrsten Sinne des Wortes erotischen Vertrautheit finden, das allein ist
das Ticket wert. Oder auch die Unterschrift unter eine Petition, die
erwirken könnte, dass Redford weiter Filme macht.
27 Mar 2019
## LINKS
[1] /Robert-Redford-wird-80/!5325922
[2] /Indie-Horrorfilm-A-Ghost-Story/!5464893
## AUTOREN
Barbara Schweizerhof
## TAGS
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