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# taz.de -- Gangsterfilm mit Michael Caine: Gegen die feine britische Art
> Ein spektakulärer Raubfall alternder Krimineller: der Spielfilm „Ein
> letzter Job“ mit einer würdigen Starbesetzung um Michael Caine.
Bild: Es ist wichtig auch im Alter aktiv zu bleiben: „Ein letzter Job“ mit …
Als 2015 kurz nach Ostern bekannt wurde, in den Tresorraum der Londoner
Schließfachfirma Hatton Garden war eingebrochen worden, war die englische
Presse voller Bewunderung: Vom „größten Raub der britischen Geschichte“ w…
die Rede. Vermutet wurde eine Beute von bis zu 240 Millionen Euro. Die Tat,
so hieß es, weise auf ein hochspezialisiertes Team von körperlich und
geistig extrem fitten Kriminellen hin.
Kaum sechs Wochen später waren diese Thesen in spektakulärer Weise
widerlegt: der geschätzte Wert des Gestohlenen wurde zuerst auf 24, dann
auf 16 Millionen korrigiert, und verhaftet wurde eine Bande von „bösen
Opas“ im Alter zwischen 60 und 76. Mit diversen Diabetes-, Arthrose- und
Alkoholikerdiagnosen am Leib zählten sie weder zu den Hellsten noch zu den
Fittesten ihrer Zunft. Was ihnen noch mehr bewundernde Schlagzeilen
einbrachte.
James Marsh, der für seinen Dokumentarfilm „Man on Wire“ über einen ander…
„Gesetzesbrecher“, [1][Philip Petit und seinen
World-Trade-Center-Hochseilakt von 1974], einen Oscar bekam, setzt mit „Ein
letzter Job“ der Bewunderung noch eins drauf: Verkörpert werden die „bösen
Opas“ von einem Dream-Team des britischen Schauspieladels, zuvorderst
Michael Caine als Rädelsführer Brian Reader, der Jim Broadbent, Tom
Courtenay und Ray Winstone erklärt, wo’s langgeht. Später stößt auch noch
Michael Gambon dazu. Und Charlie Cox, Marvel-Serienkundigen als blinder
Anwalt mit Nebenidentität „Daredevil“ bekannt, gibt als schüchterner
„Alarmanlagenspezialist“ Basil seinen Protegé.
Wie man es erwartet von alten Herren, die sich zu einem „letzten Job“
zusammenfinden, beginnt alles sehr launig mit Prahlerei über vergangene
Taten und derben Witzen über Beschwerden beim Pinkeln und andere Leiden.
Und dann, gerade als man es sich als Zuschauer gemütlich machen will in
dieser Gaunerkomödie, deren größte Pointe darin besteht, dass sie so
ähnlich ja tatsächlich passiert ist – schleicht sich ein immer ätzender
werdender Ton unter den Helden ein.
## Zickenkrieg im Diebstrio
„Es gibt keine Ehre unter Dieben“, heißt es im Englischen. Die
Berufskriminellen in „Ein letzter Job“ haben die Beute noch gar nicht in
der Hand, da beginnen sie schon auf Zickenkriegart, immer zwei gegen einen,
übereinander herzuziehen. Und selbstverständlich versucht jeder von ihnen,
sich unterwegs heimlich was in die eigene Tasche zu stecken.
Diese Gemeinheiten stören die beschauliche Behäbigkeit, mit der Marsh
inszeniert. Sie reiben sich am nostalgischen, an Swinging-Sixties-Filme
erinnernden Stil der Londonaufnahmen, untermalt mit jazzigem Score. Man
kann den Film von da in zwei völlig unterschiedlichen Perspektiven
betrachten: Einerseits als durchaus interessante Moritat über alternde
Verbrecher, die sich hier einmal nicht als sympathische Gentlemen, sondern
im Gegenteil als kleinlich, ruchlos und unbelehrbar erweisen. Broadbent
voran, der hier gegen seinen Typ als Mann mit sadistischen Tendenzen
besetzt ist, gelingt dem Ensemble ein beeindruckend realistisches Porträt
von Gangstern mit langer Vergangenheit und wenig Zukunft.
Andererseits scheint Marsh den Zuschauer aufzufordern, weniger die realen
Vorbilder zu sehen, als vielmehr mit den Schauspielveteranen auf deren
Karriere zurückzublicken. In fast unheimlicher Nähe zu dem, was David
Lowery mit Robert Redford in „Ein Gauner & Gentleman“ machte, schneidet
auch Marsh für wenige Sekunden in seinen Film Szenen hinein, die seine
Helden als junge Männer zeigen: Man sieht Michael Caine in „Charlie staubt
Millionen ab“ (1969), Tom Courtenay in „Geliebter Spinner“ (1963), Jim
Broadbent in Stephen Frears’ „Die Profikiller“ (1984) und einen trotz
Babygesichtigkeit wunderbar unverkennbaren Ray Winstone als Halbstarken in
„Scum – Abschaum“ (1979). Es ist eigentlich eine schöne Idee. Aber in der
Verkürzung wirkt sie auch wie verschwendet.
25 Apr 2019
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## AUTOREN
Barbara Schweizerhof
## TAGS
Filmrezension
Michael Caine
Filmkritik
Spielfilm
Gangsterfilm
Robert Redford
Film
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