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# taz.de -- Actionkomödie „Spenser Confidential“: Kino ohne Schnörkel
> Er schwingt die Fäuste im Kampf für die Gerechtigkeit. In der
> Actionkomödie „Spenser Confidential“ darf Mark Wahlberg kräftig
> zuschlagen.
Bild: Sensibilität, die sich in schrägem Humor äußert: Spenser (Mark Wahlbe…
Einen männlichen Regisseur als Männerregisseur zu bezeichnen, klingt
erstmal tautologisch. Den US-amerikanischen Schauspieler, Produzenten und
[1][Regisseur Peter Berg] so zu nennen, scheint jedoch genauso richtig wie
etwa George Cukor einst als „Frauenregisseur“ galt. Schon die Titel auf
Bergs Filmografie sprechen in dieser Hinsicht für sich: „Very Bad Things“,
„Operation: Kingdom“, „Friday Night Lights“, „Battleship“, „Lone …
„Deepwater Horizon“ – man muss die Filme gar nicht gesehen haben, um den
Hang zu „Blue Collar“ und Sportbegeisterung, zum Soldatischen und
Kriegerischen herauszuspüren. Testosteron, ich hör dich tropfen.
Aber Bergs Filme sind kein langweiliges Männer-Krachkino, auch wenn Frauen
darin nicht unbedingt Hauptrollen spielen. Berg, der seine Karriere als
Schauspieler begann, als Draufgänger-Arzt Billy Kronk in der Serie
„Chicago Hope“ Popularität erlangte und erst seit den späten 90ern ab und
zu in den Regiestuhl wechselt, zeichnet nachgerade ein Händchen für
Männerhelden der etwas anderen Art aus.
Er betont gerne eine klassische Seite seiner Figuren, zeigt sie als
Beschützer, die ihre Familie, ihr Heim, ihre Heimat verteidigen, aber es
kommt dann doch immer noch was dazu, eine Sensibilität, die sich in
schrägem Humor äußert, einen Hang zur Fürsorglichkeit, der bis zur
Verwundbarkeit geht.
Mit „Spenser Confidential“, seiner ersten Zusammenarbeit mit Netflix, fügt
Berg ein weiteres Exemplar dieser Reihe hinzu. Erneut von Mark Wahlberg
gespielt – in der bereits fünften Zusammenarbeit der beiden –, zeigt
Spenser gleich in der ersten Szene, wie er „tickt“: Als der Polizist das
Haus seines Vorgesetzten Boylan (Michael Gaston) betritt und in Form von
Scherben auf dem Boden und einem zerschlagenen weiblichen Gesicht
eindeutige Hinweise darauf sieht, dass ebendieser Boylan seine Frau
verprügelt, kann er nicht an sich halten und prügelt seinerseits Boylan zu
Boden.
Der Film zeigt es als quasi reflexhafte Reaktion, die weder von Spensers
hinzueilendem Partner Driscoll (Bokeem Woodbine), noch durch die Bitten des
vermeintlichen Opfers verhindert oder abgeschwächt werden kann. Boylan
überlebt, aber Spenser wird für seinen Angriff mit Körperverletzung zu fünf
Jahren verurteilt. Richtiger Mann, der er ist, bekennt er sich in allen
Punkten schuldig.
## Etwas weiser, etwas älter
Die eigentliche Filmhandlung beginnt fünf Jahre später. Am Tag vor seiner
Entlassung sitzt Spenser, etwas weiser, etwas älter, mit Lesebrille in der
Gefängnisbibliothek und wird von ein paar Verbrechern, die ihm eine Lektion
erteilen wollen, eingekreist.
Eine Zeitlang lässt ihn die Regie standhalten, ganz nach der alten
Bud-Spencer-Methode, bei der sich immer nur ein oder zwei Kontrahenten
gleichzeitig nähern, aber irgendwann muss auch die männlichste Regie
nachgeben und Spenser das Einstecken lernen. Leicht humpelnd und mit
Pflaster im Gesicht macht er sich am nächsten Tag aus dem Gefängnis davon.
Der forschen Freundin (Iliza Shlezinger), die ihn abholen will, weicht er
dabei feige aus.
Das Junggesellenidyll, das Spenser wenig später bei seinem alten Freund
Henry (bewährt grantig: Alan Arkin), einem Boxtrainer, bezieht, währt nicht
lange. Am Morgen nach seiner Entlassung wird Boylans Leiche, grausam
ermordet, gefunden; der Verdacht fällt auf Spenser, vor allem aber auf
einen anderen früheren Kollegen, der nach der Tat angeblich Selbstmord
begangen hat. Dessen Witwe (Hope Olaide Wilson) wiederum triggert Spensers
Instinkte: Er kann nicht anders, als Ermittlungen aufzunehmen.
## Altmodisch, aber auch erfrischend
Im Umfeld all der „Bad Boy“-Antihelden mit ihrer toxischen Männlichkeit
wirkt Wahlbergs Held zwar altmodisch, aber doch irgendwie auch erfrischend:
endlich mal einer, der sich ohne zu hadern oder innere Dämonen zu bezwingen
fürs Gute und für Gerechtigkeit einsetzt.
Es ist weiß Gott kein Oscar-Material, aber auch das kann man positiv
wenden: Ein Film, der nicht groß analysiert werden will und es nicht auf
Haltungsnote anlegt, sondern auf eine pragmatische Weise schlicht Kino sein
möchte, ohne Schnörkel. Mithin das, was es im Kino eigentlich kaum mehr
gibt – und eben fast ironischerweise nun auf den Streamingkanälen eine neue
Heimat findet.
Alles an „Spenser Confidential“ strahlt etwas von dieser Solidität aus: die
Action, die viel Fausteinsatz zeigt, aber nie in fantastisches Ballett
ausartet; der Plot, der in der Bostoner Umgebung wohl geerdet und nicht
allzu erfunden ist, schließlich stammt der Stoff aus der Krimiserie von
Robert B. Parker, der als einer Art Bostoner Stadtchronist gilt.
Dass Wahlbergs Spenser am Ende ein weiteres Mal wie „getriggert“ in die
Kamera guckt, während ein Mann, der seine Unschuld beteuert, verhaftet
wird, signalisiert die Bereitschaft zum Franchise-Ausbau. Und eigentlich
wäre das durchaus etwas, worauf man sich freuen könnte.
18 Mar 2020
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## AUTOREN
Barbara Schweizerhof
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Boston Marathon
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