# taz.de -- Komödie „Rettet den Zoo“ im Kino: Der Colabär hat Durst | |
> Die südkoreanische Komödie „Rettet den Zoo“ startet im Kino. Statt echt… | |
> Tiere schlüpfen darin die Angestellten in Kostüme – und saufen Limo. | |
Bild: Die Belegschaft des Dongsan Zoo erholt sich von ihrem Einsatz mit Haut un… | |
Den an Knut geschulten Berlinern könnte man so etwas wohl kaum vormachen: | |
Statt des echten Eisbären „Black Nose“ trabt im „Dongsan Park“-Zoo ein | |
Mensch im Eisbärenkostüm vors erwartungsvolle Publikum. Und weil sich der | |
Mensch in diesem Fall in seiner neuen Rolle alles andere als wohl fühlt und | |
zudem in der Vollfellverkleidung tierisch schwitzt, greift er in einem | |
unbeobachteten Moment zur Cola-Flasche. Aber was heißt heute noch | |
unbeobachtet – einer filmt doch immer. | |
Selbstverständlich geht das Video mit dem Cola saufenden Eisbären binnen | |
Kurzem viral. Und der kurz vor dem Ruin stehende Dongsan Zoo erlebt einen | |
Besucheransturm wie lange nicht. Alle wollen den Bären mit der | |
markenbewussten Vorliebe für die braune Brause sehen. Und so muss Tae-soo | |
(Jae-hong Ahn) wieder und wieder ins Kostüm schlüpfen und Cola saufen. | |
Beim Start dieser südkoreanischen Komödie mit dem Titel „Rettet den Zoo“ | |
von Jae-gon Son [1][geht es dieser Tage eher darum, dass das Kino gerettet | |
werden soll]: Noch sind die Filmtheater gar nicht in allen Bundesländern | |
geöffnet, noch scheinen die Regeln dafür unklar, aber ein kleiner, | |
vergnüglicher Film wie „Rettet den Zoo“ könnte tatsächlich der genau | |
richtige Versuchsballon sein, mit dem sich der Betrieb unter | |
Coronabedingungen erproben lässt. | |
Die Handlung ist zwar an sich nicht besonders originell, in der verwegenen | |
Mischung aus „Local Hero“, „Zoomania“ und „Die Firma“ aber durchweg | |
sympathisch: Urbaner Kapitalismus trifft auf lokal gewachsene Strukturen, | |
am Ende siegen Individualismus und Ökologie. Das satirische Märchen könnte | |
überall spielen, ist in vorliegendem Fall aber im Großraum Seoul | |
angesiedelt. | |
Hier versucht der bereits erwähnte Tae-soo zunächst als junger Rechtsanwalt | |
in einer Hochglanzfirma nach oben zu kommen. Der Job erfordert viel | |
Speichellecken und demütiges Verneigen vor der hehren Chefetage. Der Erfolg | |
seiner Anwaltskanzlei zeigt sich unter anderem darin, dass vor ihren Türen | |
Protestler lagern, die jeden, der raus- und reingeht, mit Parolen und | |
Beschimpfungen überziehen. | |
## Verlockendes Angebot | |
Eines Tages werden ein paar davon handgreiflich, aber Tae-soo wirft sich | |
heldenhaft vor seinen Chef – und wird bald mit einem verlockenden Angebot | |
prämiert: Er soll einen heruntergewirtschafteten Zoo auf Vordermann | |
bringen, sodass man ihn besser verkaufen könne. | |
Tae-soo, zu allem entschlossen, sieht seine große Chance gekommen, aber als | |
er Dongsan Zoo besichtigt, entdeckt er zu seiner Enttäuschung, dass dessen | |
wilde Tiere bereits verkauft werden mussten. Einzig der Eisbär Black Nose | |
ist noch übrig, der aber ist zu aggressiv, um vors Publikum gelassen zu | |
werden. Bis auf den wehklagenden Ex-Direktor, eine Tierärztin und zwei | |
Pfleger haben dazu noch alle Mitarbeiter den Zoo verlassen. | |
Beim Saufgelage mit dem Exdirektor verabschiedet sich Tae-soo also wieder | |
von seinen Ambitionen, aber als ihm beim betrunkenen Heimweg durch den Park | |
ein ausgestopfter Tiger einen heftigen Schrecken versetzt, kommt ihm die | |
rettende Idee: Er bestellt bei einem Tierpräparator Kostüme für einen | |
Gorilla, ein Faultier, einen Löwen und einen Eisbären und beginnt mit den | |
vier letzten Getreuen den Auftritt zu proben. | |
Der Enthusiasmus des jungen Anwalts reißt alle mit. Schließlich sehen die | |
Menschen immer nur das, was sie sehen wollen, oder? Und wer weiß schon, | |
dass es gar kein Faultier gibt, das so groß ist wie ein Mensch? | |
Nein, man kann als Zuschauer nicht alles glauben, was hier auf der Leinwand | |
passiert; allzu vieles bewegt sich in vertrauten Comedy-Bahnen. Dennoch ist | |
der Film raffinierter, als er zunächst anmutet, womit er auf der Metaebene | |
gewissermaßen die eigene Handlung spiegelt: So wie die Zoobesucher sich | |
letzten Endes von einem alles andere als artgerechten „Stunt“, einem | |
colatrinkenden Eisbären, überzeugen lassen, so lässt sich der Filmzuschauer | |
vom absolut überzeugenden Underdog-Charme der Akteure bezirzen. | |
4 Jun 2020 | |
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[1] /Verbandschef-ueber-Kino-in-Coronakrise/!5685233 | |
## AUTOREN | |
Barbara Schweizerhof | |
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