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# taz.de -- Kriegsfilm „Midway – Für die Freiheit“: Männer, die entschl…
> Roland Emmerich macht sich in „Midway – Für die Freiheit“ am Zweiten
> Weltkrieg zu schaffen. Der Film bietet viel Gefechtsgetümmel im Pazifik.
Bild: Frauen kommen nur am Rand vor: Lieutenant Dick Best (Ed Skrein) mit Gatti…
Wann immer es um Kriegsgeschichte in Form von Schlachtbeschreibungen geht,
fühlt man sich als Zuschauer, zumal als weiblicher, wie zu Gast im „man
cave“, komplett mit Miniatureisenbahn. In fleißiger Bastelarbeit wurden
Modelle von Flugzeugen, Schiffen und Uniformen erstellt, stolz wird eine
„Spitfire VDB605“ oder ein Flugzeugträger „USS Enterprise“ präsentier…
dann wird der Schlachtverlauf geschildert, mit Hin und Her, mit Furcht und
Mitleid, und viel zu vielen Details, etwa über den kriegslistigen Admiral
Chester Nimitz oder den tapferen Lieutenant Commander Wade McClusky.
Anders gesagt: Man muss schon ein bisschen Nerdtum tolerieren können, um
Roland Emmerichs 139-minütigen „Midway“ durchzustehen.
Im Vergleich zu „Independence Day“, „The Day After Tomorrow“ oder „20…
in denen Emmerich [1][mit Lust den Weltuntergang beziehungsweise dessen
Verhinderung in letzter Minute durchspielte], ist die Perspektive von
„Midway“ stark verengt auf eine Schlacht im Pazifikkrieg und ihre
Vorgeschichte. Nun, laut Geschichtsbüchern war sie entscheidend für den
Kriegsausgang. Wären da nicht Männer wie Nimitz und McClusky gewesen, so
deklariert Emmerich in „Midway“ nicht ohne Pathos, dann wären die Japaner
bald in Kalifornien einmarschiert.
Ob Regisseur John Ford daran gedacht hat, als er sich mit der „Field Photo
Unit“ mit auf eines der Schiffe begab, um später im Dokfilm „Schlacht um
Midway“ berühmt gewordene Aufnahmen zu beaufsichtigen? Trotz überbordender
Stofffülle findet Emmerich die Zeit, auch Ford und sein Team kurz bei der
Arbeit zu zeigen, in Form einer augenzwinkernden Hommage am Rande. Über die
Exaktheit der Nachstellung sollen die urteilen, die sich damit gern
beschäftigen. Emmerichs Film demonstriert förmlich in jeder Einstellung die
pedantisch-schwitzige Aura eines Fanboy-Willens zur Präzision.
## Tollkühne Männer mit fliegenden Kisten
Es ist alles ein bisschen viel: Der Angriff auf Pearl Harbor, brennende
Schiffe, Heldentaten und verkohlte Leiber. Dann ein wenig „Top Gun“-Gehabe
unter tollkühnen Männern mit fliegenden Kisten. Zwischendurch einige Takte
Alltag und Cocktailparty auf dem Stützpunkt, damit man zwei, drei Frauen
abbilden kann. Und dann wieder Krieg und männlich-entschlossene Blicke ins
Weite.
Emmerich bringt so viele Figuren ins Spiel, dass man als Nicht-Nerd schnell
den Überblick verliert. Irgendwann nimmt man das Ganze mehr als eine Art
Pin-up-Kalender mit Männerporträts wahr denn als Drama: Aaron Eckhard
lächelt gutaussehend als todesmutiger James Doolittle, der im April 1942
mit einer kleinen Staffel Tokio bebombt („Tokyo Raid“). Dennis Quaid gibt
den Vize-Admiral William Halsey so glaubhaft gegerbt als alten, vom Alkohol
gezeichneten Seemann, dass man sich Sorgen macht um seine echte Gesundheit.
Woody Harrelson als kriegsweiser Nimitz darf mal viel, wenn auch weißes
Haar tragen. Patrick Wilson als Aufklärungsoffizier Edwin Layton bekommt am
meisten Backstory als Mann mit schlechtem Gewissen: Der Angriff auf Pearl
Harbor konnte passieren, weil man auf ihn nicht gehört hat beziehungsweise
weil er sich kein Gehör verschaffen konnte.
## Flugzeugträger versenken
Im Mittelpunkt des Films soll eigentlich Jagdflieger Dick Best (Name nicht
erfunden) stehen, ein Draufgänger, der in der Schlacht um Midway offenbar
gleich zwei Schiffe, äh, Flugzeugträger versenkt hat. Aber leider wirkt Ed
Skrein in dieser Hauptrolle stark überfordert.
Bemerkenswert ist dagegen Emmerichs besondere Sorgfalt, was die Darstellung
der Kriegsgegner angeht: Sichtlich bemüht er sich darum, die Japaner nicht
auf ein bellendes Stereotyp zu reduzieren, sondern auch hier einzelne
Figuren mit einem Minimum an Hintergrund zu individualisieren. Aber so
lobenswert das im heutigen Kontext scheint, führt es gleichzeitig zu einer
merkwürdigen Entpolitisierung der Ereignisse von damals. Als wäre da nicht
mehr gewesen als eine Schlacht zwischen ehrbaren, tapferen Männern auf
beiden Seiten der Front.
7 Nov 2019
## LINKS
[1] /Film-Independence-Day-Wiederkehr/!5319119&s=roland+emmerich/
## AUTOREN
Barbara Schweizerhof
## TAGS
Spielfilm
Roland Emmerich
Pazifikkrieg
Midwayinseln
Spielfilm
Film
Kinderstar
Science-Fiction
Schwerpunkt Gender und Sexualitäten
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