# taz.de -- Emotionaler Festakt in Münchner Synagoge: Auferstanden aus Ruine | |
> Die alte Synagoge im Münchner Glockenbachviertel erstrahlt in neuem | |
> Glanz. Zahlreiche Gäste kamen zur Wiedereröffnung, darunter auch | |
> Friedrich Merz. | |
Bild: Ohne sie wäre es zu der Wiederherstellung der Synagoge wohl nicht gekomm… | |
München taz | „Es ist vollbracht“, sagt Rachel Salamander zur Begrüßung. | |
[1][„Eine der wahrhaft schönsten Synagogen der Moderne ist gerettet.“] Und | |
das nur, weil sie 2011 draußen durch den Hinterhof gegangen sei und einen | |
Blick durch eines der schmutzigen Fenster geworfen habe. Schon damals stand | |
für die bekannte Literaturwissenschaftlerin und Gründerin der Münchner | |
Literaturhandlung fest, dass sie die alte Synagoge retten müsse. | |
Bis 2006 war die Reichenbachschul, wie Salamander die Synagoge an der | |
Reichenbachstraße auf Jiddisch nennt, die Hauptsynagoge in München. Doch | |
inzwischen war der Zustand des Hauses gruselig, es war fast nur noch eine | |
Ruine. Wenn nicht gleich was getan werde, sei es zu spät, stand für | |
Salamender fest. | |
Die Rettung der Synagoge ist ihr nun gelungen. Das Gotteshaus steht nun | |
wieder im Originalzustand von 1931 da. Das Glasdach, die besonderen | |
Wandfarben, die Fenster, die Ostnische mit dem sandfarbenen Marmor, in der | |
auch der Thoraschrein stehen wird, alles ist exakt nach den Plänen von | |
damals wiederhergestellt worden. | |
Die neue alte Synagoge sei „ein Gemeinschaftswerk von Juden und Deutschen – | |
und die beste Form der Verständigung“, sagt Salamander. Und | |
Oberbürgermeister Dieter Reiter zitiert einen ihrer liebsten Sprüche: Die | |
Synagoge werde einer der hippsten Orte Münchens werden. So kommen am | |
Montagabend denn auch fast 500 Gäste zur Wiedereröffnung der Synagoge ins | |
Münchner Glockenbachviertel. Unter den Gästen ist auch Bundeskanzler | |
Friedrich Merz. Der Pianist Igor Levit ist auch gekommen und spielt zur | |
Begeisterung der Gäste ein paar Stücke von Mendelssohn-Bartholdy und | |
Schubert. | |
## 1931 gebaut, 1947 provisorisch hergerichtet | |
Die Synagoge wurde 1931 nach den Plänen des Architekten Gustav Meyerstein | |
errichtet – in nur fünf Monaten. Sie war der letzte Sakralbau, der in | |
München vor der Machtübergabe an die Nationalsozialisten gebaut wurde. Das | |
Anwesen hatte die Israelitische Kultusgemeinde damals einer Brauerei | |
abgekauft. | |
In der Pogromnacht 1938 wurde zwar auch diese Synagoge verwüstet und | |
geschändet, das Gebäude als solches jedoch blieb erhalten. Der Grund: Als | |
das Gebäude angezündet wurde, löschte die Feuerwehr den Brand schnell, um | |
das Übergreifen der Flammen auf die umliegenden Häuser zu verhindern. | |
1947 wurde es von Holocaust-Überlebenden aus Osteuropa wieder provisorisch | |
instand gesetzt und eingeweiht und hatte dann über ein halbes Jahrhundert | |
lang die Funktion der Hauptsynagoge in München inne, bis 2006 die große | |
neue Synagoge am Jakobsplatz eingeweiht wurde. | |
## Merz mit brüchiger Stimme | |
Die Stimmung am Eröffnungsabend ist gelöst, der Anlass ja ein freudiger. | |
Aber die Rednerinnen und Redner erinnern gleichwohl immer wieder an | |
Zusammenhänge, aktuelle Umstände, die dem freudigen Ereignis nicht | |
entsprechen können. [2][Kanzler Merz spricht von den „widrigen | |
Verhältnissen“ damals und heute.] Einmal versagt ihm fast die Stimme, als | |
er aus einem Buch Salamanders zitiert, in dem sie schreibt, dass sie als | |
Kind oft gefragt habe, ob denn den Juden niemand geholfen habe. | |
Die Wiederherstellung der Synagoge sei „einmal mehr Ausdruck jüdischer | |
Lebenskraft in Deutschland“, sagt Merz. „Hier können wir in Beziehung | |
treten mit dem Judentum vor dem Nationalsozialismus.“ Sie finde aber | |
„wieder unter widrigsten Bedingungen“ statt. Polizisten stünden vor der | |
Synagoge – und deutschlandweit vor jüdischen Kindergärten, Schulen, | |
Restaurants und Synagogen. Die Bundesregierung, so Merz, werde alles, was | |
in ihrer Macht stehe, dafür tun, dass Jüdinnen und Juden in Deutschland | |
ohne Angst leben könnten. | |
Die meisten Rednerinnen und Redner kamen auch auf das Thema des hierzulande | |
immer noch grassierenden Antisemitismus zu sprechen, doch die jeweilige | |
Ursachenforschung fiel sehr unterschiedlich aus. Während Merz bekundete, | |
man habe in Deutschland zu lange die Augen davor verschlossen, dass zu | |
viele Zuwanderer aus Ländern kommen, in denen Antisemitismus praktisch | |
Staatsdoktrin sei, machte Markus Söder in seinem Redebeitrag vor allem die | |
„linke Kulturszene“ als Quell des Antisemitismus aus. | |
[3][Charlotte Knobloch], der als Präsidentin der israelitischen | |
Kultusgemeinde München und Oberbayern am Ende der Veranstaltung der | |
Schlüssel der Synagoge überreicht wurde, sprach dagegen in erster Linie von | |
Rechtsextremismus. | |
Die Wiederherstellung der Synagoge kostete rund 14 Millionen Euro, von | |
denen je 30 Prozent vom Bund, von Bayern und von der Stadt München | |
übernommen wurden. Die übrigen zehn Prozent wurden durch Spenden | |
aufgebracht, die Rachel Salamanders Verein in den vergangenen Jahren für | |
den Zweck gesammelt hat. Geweiht wird das Gotteshaus erst in einigen | |
Monaten. | |
16 Sep 2025 | |
## LINKS | |
[1] /Juedische-Gemeinde-in-Muenchen/!6109400 | |
[2] /Historische-Synagoge-in-Muenchen/!6113988 | |
[3] /Ehrung-von-Charlotte-Knobloch/!6101022 | |
## AUTOREN | |
Dominik Baur | |
## TAGS | |
Synagoge | |
Friedrich Merz | |
Igor Levit | |
Charlotte Knobloch | |
München | |
Markus Söder | |
Judentum | |
Jüdisches Leben | |
Friedrich Merz | |
Jüdisches Leben | |
Judentum | |
Synagoge | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Die Tränen des Bundeskanzlers: Sie sind glaubwürdig | |
Friedrich Merz war bei der Einweihung der Münchner Synagoge sichtlich | |
ergriffen. Das war neu. Bei der Migrationsfrage indes war er ganz der Alte. | |
Historische Synagoge in München: Wiedereröffnet unter Merz-Tränen | |
Die 1931 erbaute Münchner Synagoge ist nach der Restaurierung eröffnet | |
worden. Als der Bundeskanzler über den Holocaust spricht, bricht seine | |
Stimme. | |
Online-Projekt zur jüdischen Geschichte: Wo das Reformjudentum seine Wurzeln h… | |
Über die weltweit erste jüdische Reformsynagoge, eröffnet 1810 in Seesen, | |
informiert ein neues Projekt des Portals „Jüdisches Niedersachsen online“. | |
Jüdische Gemeinde in München: Licht im Hinterhof | |
Die Synagoge in der Münchner Reichenbachstraße ist vor dem Verfall gerettet | |
und wieder hergestellt worden. Auch dank Menschen wie Rachel Salamander. |