| # taz.de -- Nach Streikaufruf in Frankreich: Premierminister Bayrou kündigt Ve… | |
| > Ein Appell zu Protesten und Generalstreik am 10. September bringt Bayrou | |
| > in Zugzwang. Dem „heißen Herbst“ will er mit dem Vertrauensvotum | |
| > zuvorkommen. | |
| Bild: Premierminister Bayrou sorgt sich um einen „heißen Herbst“ auf den S… | |
| Paris taz | Der französische Premierminister François Bayrou tritt die | |
| Flucht nach vorn an und setzt, mit Zustimmung von Staatspräsident Emmanuel | |
| Macron, für den 8. September in der Nationalversammlung eine | |
| Vertrauensabstimmung über seine Regierungspolitik an. Das hat er am | |
| Montagnachmittag überraschend bei einer Pressekonferenz bekannt gegeben, | |
| die vor allem der Verteidigung seiner geplanten Sparpolitik gewidmet war. | |
| Das Datum ist nicht zufällig gewählt, denn zwei Tage danach am 10. | |
| September soll eine politisch heterogene Mobilisierung „alles blockieren“. | |
| Was genau geschehen kann, ist noch unklar, aber ein Teil der politischen | |
| Linken, allen voran La France Insoumise (LFI) von Jean-Luc Mélenchon ist | |
| auf den Zug aufgesprungen und ruft für diesen Tag zu einem Generalstreik | |
| der Werktätigen auf. Die Grünen und die Kommunisten haben sich dem | |
| angeschlossen, die Sozialisten und die großen Gewerkschaftsverbände zögern | |
| noch, weil sie die Zielsetzungen der Protestbewegung für zu „konfus“ | |
| halten. | |
| In mancher Hinsicht gleicht diese ausgehend von individuellen Appellen von | |
| „Wutbürgern“ auf den Netzwerken in Gang gesetzte Bewegung den „Gelbweste… | |
| Ab Ende 2018 brachte sie mit ihren Forderungen nach mehr Kaufkraft, mehr | |
| Bürgerrechten und Respekt für die in isolierten ländlichen Zonen Lebenden | |
| die Staatsmacht zum Zittern. | |
| Bayrou weiß, dass die Unzufriedenheit und die Wut im Land unvermindert groß | |
| ist. Fast 70 Prozent der Leute sprechen sich laut einer Umfrage für den | |
| Appell, am 10. September alles stillzulegen, aus, nur 26 Prozent sind | |
| dagegen (den restlichen 4 Prozent ist wohl alles egal). | |
| ## Einsparungen von 44 Milliarden Euro | |
| Dieser Gefahr, von [1][Streiks, Demonstrationen, Straßenbarrikaden und | |
| Ungehorsam] am 10. September in die Enge getrieben zu werden, will der | |
| Regierungschef zuvorkommen. Indem er die Abgeordneten der | |
| Nationalversammlung bereits [2][eine Woche nach der Rentrée, dem | |
| Schulbeginn], zu einer außerordentlichen Sitzung einberuft, will er zeigen, | |
| dass er die Initiative ergreifen kann und nicht einfach zu warten gedenkt, | |
| bis er (früher oder später) durch einen Misstrauensantrag der Opposition | |
| gestürzt wird. | |
| Bayrou weiß, dass er an der Spitze einer Minderheitsregierung steht. Er hat | |
| keine Mehrheit in der Nationalversammlung. Nur dank Regierungsmitarbeit der | |
| Konservativen und der bisherigen passiven Duldung des rechtsextremen | |
| Rassemblement National (RN) von Marine Le Pen ist er noch im Amt. Mit der | |
| Dynamik der Mobilisierung des 10. September möchte die linke Opposition, | |
| deren Fraktionen zusammen ebenfalls keine Mehrheit haben, nun zum | |
| Frontalangriff auf die Regierung und ihre Sparpolitik blasen. | |
| Bayrou hält für 2026 einen Staatshaushalt bereit, der Einsparungen von 44 | |
| Milliarden Euro vorsieht. Der Etat von fast allen Ministerien wird gekürzt, | |
| die Altersrenten werden eingefroren (der Teuerung nicht angepasst), und | |
| dann will er auch, dass alle auf zwei bisherige Feiertage verzichten, was | |
| eine Mehrheit der Franzosen und Französinnen bereits in Rage bringt. | |
| Doch nur so, glaubt Bayrou, lasse es sich vermeiden, dass Frankreich in | |
| einer Schuldenspirale versinke. Die rasch wachsende Schuldenlast sei ein | |
| „Fluch“, den man jetzt noch abwenden könne. Wer dagegen diese Problematik | |
| nicht wahrhaben wolle, mache sich schlicht des „Verrats“ schuldig, sagte | |
| der Premier in seiner Moralpredigt vor den versammelten Medien. Die | |
| „Unordnung“, wie sie eine gewisse Linke mit einer erneuten Protestbewegung | |
| anrichten wolle, könne sich das Land nicht leisten. | |
| ## Genaue Form der Einsparungen noch unklar | |
| [3][Bayrou appellierte mit dem Blick in die Kamera] an das | |
| Verantwortungsbewusstsein der Bürger, die ja bisher von den Staatsausgaben | |
| profitiert hätten: „Die Wahrheit ist, dass die (akkumulierten) Schulden von | |
| jedem von uns kommen.“ Über die Modalitäten der Einsparungen und die | |
| Verteilung der finanziellen Opfer möchte Bayrou in der Parlamentsdebatte | |
| und einem Dialog mit den Sozialpartnern noch diskutieren. | |
| Doch das Wesentliche steht in seinem Haushaltsentwurf, den die Abgeordneten | |
| mit einem Vertrauensvotum am 8. September im Voraus akzeptieren – oder eben | |
| nicht. Im Fall eines negativen Ausgangs müsste Macron (schon wieder) eine | |
| neue Regierung ernennen oder Neuwahlen ansetzen. | |
| 26 Aug 2025 | |
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| ## AUTOREN | |
| Rudolf Balmer | |
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