# taz.de -- Vorläufiges aus für Batteriefabrik: Kanadier ziehen Northvolt den… | |
> Die Provinz Québec will kein weiteres Geld mehr für eine Batteriefabrik | |
> ausgeben. Das gibt für ein ähnliches Projekt in Schleswig-Holstein zu | |
> denken. | |
Bild: Große Vergangenheit, ungewisse Zukunft: Auf dem Northvolt-Gelände barge… | |
Hamburg taz | Schlechte Nachrichten für Northvolt, die Firma, die im | |
schleswig-holsteinischen Heide eine Batteriefabrik für Elektroautos bauen | |
will: Einem ähnlichen Projekt in Kanada will die Provinzregierung von | |
Québec kein weiteres Geld mehr hinterherwerfen, so berichten es kanadische | |
Medien. Derweil verhandeln Schleswig-Holstein und der Bund mit einem | |
Käufer, wie das hiesige Projekt fortgesetzt werden könnte. | |
In die schwedische Start-up-Firma Northvolt haben westliche Regierungen und | |
Firmen große Hoffnungen gesetzt. Denn sie versprach, die Wirtschaft in | |
Europa und Nordeuropa bei der [1][Produktion von Batteriespeichern ein | |
Stück weit unabhängig von China] zu machen. Die Akkumulatoren spielen eine | |
zentrale Rolle bei der Energiewende – sowohl bei der Speicherung grünen | |
Stroms als auch für den Antrieb von Elektroautos. Zu den Investoren | |
gehörten deshalb Volvo, Scania und VW. | |
Kanadischen Medien zufolge hat die Provinz Québec insgesamt 510 Millionen | |
Dollar für eine Batteriefabrik in der Nähe von Montréal im Feuer stehen: | |
270 Millionen hat sie in die schwedische Northvolt-Mutterfirma investiert, | |
die durch deren Insolvenz futsch sind. Weitere 240 Millionen hat sie als | |
besichertes Darlehen gewährt, für das bereits 20 Millionen Dollar an Zinsen | |
aufgelaufen sind. Dieses Geld will sich die Provinz zurückholen. | |
Northvolt habe es versäumt, „mit Blick auf Quebécs Interessen einen | |
zufriedenstellenden Plan vorzulegen“, zitierten verschiedene Medien die | |
Wirtschaftsministerin Quebécs, Christine Fréchette. Das habe sie | |
veranlasst, „unsere Rechte geltend zu machen und soviel wie möglich von | |
unserem Investment zu retten“. Das Projekt habe sich als nicht erfolgreich | |
erwiesen. Die Provinzregierung sei natürlich enttäuscht. | |
## Viel Geld vom Staat | |
Die Hoffnung der Québecois ruhte auf der US-Firma Lyten, [2][die | |
angekündigt hat, das kanadische Projekt ebenso übernehmen] zu wollen | |
[3][wie das in Heide]. Auch in Deutschland hat sich der Staat mächtig | |
engagiert: Schleswig-Holstein und der Bund bürgten für je 300 Millionen | |
Euro Kredit, die sie wohl abschreiben müssen. | |
Die Tochterfirma für das Northvolt Six genannte Projekt in Kanada ist nach | |
Firmenangaben ebenso wenig insolvent wie das deutsche Projekt Northvolt | |
Drei – im Gegensatz [4][zur Mutterfirma, die im März ein Insolvenzverfahren | |
beantragt hat]. Insolvenzverwalter Mikael Kubu versucht nun, so viel wie | |
möglich an Unternehmenssubstanz zu retten. In Europa ist er dabei einen | |
Schritt weiter als in Kanada: [5][Anfang August hat er Lyten den Zuschlag | |
für einen Rettungsversuch gegeben]. | |
Das entsprechende Angebot Lytens umfasst nach Auskunft der | |
schleswig-holsteinischen Landesregierung die schwedischen und deutschen | |
Aktivitäten Northvolts. Das Projekt in Deutschland soll im laufenden | |
Betrieb übernommen werden. | |
Dabei sei damit zu rechnen, dass Lyten weiteres öffentliches Geld | |
verlangen werde, befürchtet der schleswig-holsteinische | |
Oppositionsabgeordnete Kianusch Stender (SPD). Er liest das aus einer | |
Antwort der Landesregierung, die ihm mitteilte, bezüglich der Verträge mit | |
Northvolt seien „Anpassungsbedarfe“ abzustimmen. „Die Rolle des Landes | |
umfasst in diesem Zusammenhang Fragen der Finanzierung der deutschen | |
Tochtergesellschaften sowie zu Genehmigungsprozessen“, heißt es in dem | |
Text. | |
Ein Sprecher des schleswig-holsteinischen Wirtschaftsministeriums sagt, die | |
Verhandlungen seien vertraulich. Für eine Stellungnahme sei es zu früh. | |
In Kanada soll Lyten bei der Verhandlungen mit der Provinzregierung über | |
eine Fortführung von Northvolt Six „unverhältnismäßige Forderungen“ | |
gestellt haben, wie The Canadian Press schreibt. Die Zeitung zitiert eine | |
Sprecherin Fréchettes, Lyten habe zusätzliches Fördergeld von der | |
Provinzregierung gewollt, was diese abgelehnt habe. Die Regierung habe das | |
Risiko gescheut, noch mehr Steuergeld in ein weiteres, relativ neues | |
Unternehmen zu stecken. | |
Northvolt Nordamerika bedauerte die Entscheidung der Provinzregierung | |
angesichts der Tatsache, dass das Unternehmen gerade versuche, einen Käufer | |
zu finden. Man habe immer noch „substanzielle Ressourcen“, um das Projekt | |
neu zu starten. | |
The Canadian Press zitiert einen Lyten-Sprecher mit den Worten, Lyten sei | |
nach wie vor willens, eine nordamerikanische Gigafabrik zu bauen und würde | |
dabei gern mit der Regierung Québecs zusammenarbeiten. | |
Für Deutschland bestätigte das Bundesministerium für Wirtschaft, dass Lyten | |
am 8. August einen separaten Kaufvertrag für das deutsche Projekt | |
abgeschlossen habe. Bevor der Kauf abgewickelt werden könne, müssten aber | |
noch bestimmte Vollzugsbedingungen erfüllt werden. Es handele sich „um | |
einen vielschichtigen und komplexen Prozess, bei dem rechtliche, | |
wirtschaftliche und regulatorische Aspekte eng aufeinander abgestimmt | |
werden müssen“. | |
Der schleswig-holsteinische FDP-Landtagsabgeordnete und ehemalige | |
Wirtschaftsminister Bernd Buchholz kommentiert: „Wenn sich eine Region aus | |
der Finanzierung einer derart großen Unternehmensansiedlung herauszieht, | |
dann geschieht das nicht leichtfertig und lässt bei mir die Alarmglocken | |
schrillen.“ Die Landesregierung müsse sich deutlich gründlicher mit dem | |
Unternehmen Lyten befassen, als sie es bei Northvolt getan habe. | |
Sein SPD-Kollege Stender findet, es wäre zu früh, um aus dem Projekt | |
auszusteigen. „Wenn das Konzept stimmt, könnte ich mir vorstellen, dass wir | |
da mitmachen als Opposition“, sagt er. Allerdings sei Lyten eine „absolute | |
Blackbox“. | |
Von der Landesregierung erwartet er wie Buchholz, besser informiert zu | |
werden. Kommenden Mittwoch steht das Thema auf der Tagesordnung des | |
Wirtschaftsausschusses im Landtag. | |
10 Sep 2025 | |
## LINKS | |
[1] /Autoindustrie-bedroht-aus-China/!6108148 | |
[2] https://northvolt.com/local-news/montreal/northvolt-amerique-du-nord-reconn… | |
[3] https://northvolt.com/articles/lyten-to-acquire-all-remaining-northvolt-ass… | |
[4] /Northvolt-Schweden/!6071738 | |
[5] /Uebernahme-von-Northvolt-in-Schweden/!6102818 | |
## AUTOREN | |
Gernot Knödler | |
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