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# taz.de -- Diskriminierung im Sport: Verpflichtende Gentests bringen gar nicht…
> Ab September ist für alle Leichtathletinnen ein Gentest Pflicht. Das ist
> eine Demütigung für Frauen und bringt den Sport nicht weiter.
Bild: Transphobie trifft alle Frauen, ob cis oder trans, so zum Beispiel Imane …
Es klingt wie in einem dystopischen Science-Fiction-Film: Ab dem 1.
September führt World Athletics, der internationale Dachverband aller
nationalen Sportverbände für Leichtathletik, einen Gentest für alle
weiblichen Sportlerinnen ein. Nun müssen sich also erstmals nicht nur alle
„verdächtigen“ Athletinnen testen, sondern jede Frau muss genetisch
beweisen, dass sie überhaupt eine Frau ist.
Schon seit den 1960er-Jahren müssen weibliche Leichtathletinnen ihr
Frausein überprüfen lassen. Erst durch demütigende körperliche
Untersuchungen, dann durch Chromosomentests, später durch Hormontests. In
den 60 Jahren wurde kein einziger Fall von Betrug aufgedeckt. Nie hat eine
trans Frau eine olympische Goldmedaille in der Leichtathletik gewonnen. Die
große Bedrohung für den Sport, die von trans Frauen ausgeht, existiert nur
in den Köpfen derjenigen, die Angst vor Frauen haben, die nicht in ihr Bild
passen.
Dafür haben diese Tests bereits das Leben von Dutzenden cis Frauen
zerstört. Die indische Mittelstreckenläuferin Santhi Soundarajan versuchte
2007, sich zu suizidieren, nachdem sie ihre Silbermedaille aus den
Asienspielen 2006 verlor. Die ugandische Leichtathletin Annet Negesa wurde
im Jahr 2012 ohne ihr Wissen operiert und sterilisiert. Die Liste der
Traumatisierten ist lang – und besteht bis auf die polnische Leichtathletin
Ewa Kłobukowska ausschließlich aus Frauen aus dem Globalen Süden.
Weiße Leichtathletinnen sind bislang selten getestet worden. Das ist kein
Zufall. Als die algerische Boxerin Imane Khelif bei den Sommerspielen 2024
in Paris olympisches Gold gewann, [1][wurde ihre Weiblichkeit hinterfragt].
Wenn aber die US-amerikanische Schwimmerin Katie Ledecky Weltrekorde
schwimmt, applaudiert die Welt. Katie Ledecky ist weiß, Imane Khelif
entspricht nicht dem Ideal der westlichen Frau.
## Entdecker des Gens warnt vor seiner Anwendung
Es ist systematischer Rassismus, verpackt in wissenschaftlichen Jargon.
Dabei warnte der Genetiker Vincent Harley, der 1990 das SRY-Gen entdeckte,
auf das ab 1. September alle Athletinnen getestet werden, sogar
ausdrücklich vor seiner Verwendung im Sport.
Wer darf sich Frau nennen? Wer darf erfolgreich sein? Wer passt ins Bild?
Die Antwort der Sportfunktionäre ist klar: nur die, die ihren Vorstellungen
entsprechen. Alle anderen müssen sich genetisch rechtfertigen, sich
medizinisch „korrigieren“ lassen oder aus der Welt des Hochleistungssports
verschwinden. Die transfeindlichen Kampagnen der letzten Jahre scheinen
Früchte getragen zu haben.
Die Ironie ist bitter: Der [2][männliche Schwimmsportler Michael Phelps]
hat eine Armspannweite von 2,01 Meter bei 1,93 Meter Körpergröße,
produziert nur halb so viel Laktatsäure wie andere Eliteschwimmer und hat
hypermobile Gelenke. Das sind alles Vorteile, die ihn zum bisher
erfolgreichsten Olympioniken machten. Während also männliche Athleten mit
genetischen Vorteilen gefeiert werden, sollen Frauen mit einem natürlich
erhöhten Androgenwert bestraft werden.
Der [3][SRY-Gentest ist nicht der Schutz des Frauensports] – er ist dessen
Zerstörung. Er ist der Versuch, Frauen wieder in die Schranken zu weisen,
die ihnen eine männerdominierte Gesellschaft auferlegt hat. Es wird Zeit,
dass wir laut werden. Für Imane Khelif, für alle Frauen, die das Pech
haben, zu gut für diese Welt zu sein. Denn am Ende sind die wahre Bedrohung
des Sports nicht außergewöhnliche Athletinnen, sondern mittelmäßige Männer
mit zu viel Macht.
29 Aug 2025
## LINKS
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## AUTOREN
Elya Maurice Conrad
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Sport
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