# taz.de -- Produktion von grünem Wasserstoff: Ambitionslücke beim Ausbau | |
> Grüner Wasserstoff ist der Hoffnungsträger für die Energiewende. Aber ob | |
> die Regierung zur nötigen Förderung bereit ist, ist unklar. | |
Bild: Für die Wasserstoffproduktion erforderliche Maschinen: Montage eines Ele… | |
Freiburg taz | „Pragmatischer“ soll die Wasserstoffwirtschaft werden – so | |
steht es im aktuellen Koalitionsvertrag. Was das bedeutet, folgt | |
unmittelbar: „Im Hochlauf müssen wir alle Farben nutzen.“ Das heißt: Die | |
Bundesregierung will sich nicht allein auf [1][grünen Wasserstoff] | |
konzentrieren, der mit erneuerbarem Strom erzeugt wird, sondern sie will | |
zum Beispiel auch Wasserstoff aus Erdgas gewinnen. | |
Kritiker haben für den schleppenden Ausbau der Erzeugungskapazitäten von | |
grünem Wasserstoff bereits das Wort „Ambitionslücke“ ersonnen. Zugleich | |
vermissen sie Konzepte, um Abnehmer [2][für den Energieträger] zu schaffen. | |
In einem offenen Brief schrieben jüngst 14 einschlägig tätige Unternehmen | |
und Umweltorganisationen, sie blickten „mit Sorge“ auf die Pläne der | |
Bundesregierung, „im Rahmen der Kraftwerksstrategie bis zu 20 Gigawatt | |
Gaskraftwerke auszuschreiben, ohne konkreten Fahrplan für die Umstellung | |
dieser Kraftwerke auf grünen Wasserstoff“. | |
Die Unterzeichner fordern von Wirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) | |
einen „verbindlichen Dekarbonisierungspfad“ und einen „entscheidenden | |
Impuls für den noch stockenden Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft in | |
Deutschland“. | |
In der Praxis ist damit stets Förderung gemeint. Denn längst ist klar, dass | |
sich eine Wasserstoffwelt ohne massive staatliche Unterstützung nicht wird | |
aufbauen lassen. Einerseits müssen die Elektrolyseure zur Erzeugung von | |
Wasserstoff möglichst viele Stunden im Jahr in Betrieb sein, wenn sie die | |
hohen Investitionskosten einspielen wollen. Andererseits müssen sie dann | |
aber auch in Stunden laufen, in denen es keinen Stromüberschuss aus | |
erneuerbaren Energien gibt. Aber: So lange fossile Kraftwerke laufen, | |
sollte im Idealfall kein Elektrolyseur zeitgleich betrieben werden. | |
Analysen des Beratungsunternehmens E-Bridge Consulting unterlegen das | |
Dilemma mit Zahlen. Unter den aktuellen Marktbedingungen sei es | |
betriebswirtschaftlich am besten, einen Elektrolyseur zwischen 7.000 und | |
8.000 Stunden im Jahr laufen zu lassen, rechnen die Analysten vor. Das | |
wären etwa 80 bis 90 Prozent aller Stunden eines Jahres. Ein Überschuss aus | |
Photovoltaik und Windkraft wird aber bestenfalls in einem Drittel der Zeit | |
gegeben sein. | |
## Wasserstoff zu teuer | |
Auch der hohe Preis ist ein Problem. Die realistischen Kosten des | |
Wasserstoffs bei dezentralen Anlagen lägen aktuell bei 7 bis 9 Euro pro | |
Kilogramm, sagt Philipp-Matthias Heuser, Wasserstoffexperte bei E-Bridge. | |
Da zu den reinen Erzeugungskosten auch noch Transport und Vermarktung | |
hinzukommen, müssten Abnehmer derzeit Preise zwischen 10 und 15 Euro pro | |
Kilogramm bezahlen. | |
Damit überschreiten die Preise aber die Zahlungsbereitschaft der | |
potenziellen Verbraucher. Für den Verkehrssektor müsse eine Preis von 6 bis | |
8 Euro pro Kilogramm erzielt werden, um Dieselparität zu schaffen, sagt | |
Heuser. Noch weitaus preiskritischer seien Industriekunden, die den | |
Großteil der Abnehmer ausmachen werden: „In der Industrie liegt die | |
Zahlungsbereitschaft nur bei 3,50 bis 4,50 Euro pro Kilogramm“, sagt | |
Heuser. | |
Zwei Faktoren könnten den Wasserstoff langfristig wirtschaftlich machen, | |
sagt Heuser. Zum einen könne ein steigender CO2-Preis die Relationen | |
zugunsten des Wasserstoffs verschieben. Zum anderen könne ein deutlicher | |
Rückgang der Investitionskosten bei den Elektrolyseuren den Markt | |
verändern. Dass das langfristig gelingt, hält Heuser für realistisch: Ein | |
Rückgang der Investitionskosten auf unter 1.000 Euro pro Kilowatt in den | |
2040er Jahren sei möglich. Dann könnten auch die Preise des Wasserstoffs | |
deutlich sinken. Jetzt liegen die Investitionskosten beim Zwei- bis | |
Dreifachen. | |
## Förderung erforderlich | |
Der Elektrolyseur selbst ist nur ein Kostenfaktor. Die Kosten des | |
Wasserstoffs hängen auch ganz erheblich vom Strompreis ab, denn ein | |
Elektrolyseur braucht für jedes Kilogramm Wasserstoff rund 55 | |
Kilowattstunden Strom. Bei einem Strompreis von 10 Cent je Kilowattstunde | |
ist jedes Kilogramm Wasserstoff folglich mit reinen Stromkosten in Höhe von | |
5,50 Euro belastet. | |
Längst ist klar: An allen Ecken braucht der Wasserstoff Fördergeld. Damit | |
werden derzeit erste Großelektrolyseure aufgebaut. Die Firma Enertrag baut | |
in Prenzlau eine Wasserstoffproduktion mit einer elektrischen | |
Anschlussleistung von 130 Megawatt, die zusammen mit einem zweiten Standort | |
in Mecklenburg-Vorpommern den „Elektrolysekorridor Ostdeutschland“ ergibt. | |
Den Förderbescheid in Höhe von 214 Millionen Euro hatte der damalige | |
Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) im Juli letzten Jahres persönlich | |
übergeben. Nun ist die wichtigste Frage in der Wasserstoffwelt, welche | |
Förderbescheide [3][Katherina Reiche] künftig zu übergeben bereit ist. | |
27 Aug 2025 | |
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## AUTOREN | |
Bernward Janzing | |
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