Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Pöbeln im Parlament: Es wird teuer… vor allem für die AfD
> Der Bundestag debattiert über eine Reform seiner Geschäftsordnung. Die
> Sanktionen für Beleidigungen sollen verschärft, Abwahlen geregelt werden.
Bild: Schlechte Zeiten für pöbelnde Rechtsextreme im Deutschen Bundestag
Berlin taz | Die Geschäftsordnung des Bundestags ist ein sperriges Ding,
für die Abläufe im Parlament aber zentral. Die letzte Reform war 1980,
lange bevor die [1][AfD in den Bundestag] einzog also. Es stellen sich
jetzt also Fragen, die bislang ungeregelt sind: Wie geht man gegen ständige
Pöbeleien im Plenum vor? Kann man Ausschussvorsitzende abwählen? Wie oft
kann eine Fraktion Kandidat:innen für das Bundestagspräsidium
vorschlagen?
Am Freitag berät der Bundestag in erster Lesung über eine Reform seiner
Geschäftsordnung. „Am wichtigsten ist, [2][gegen Hass und Hetze im
Bundestag] vorzugehen und die Verfahren so zu präzisieren, dass einzelne
Parteien keine Show veranstalten und Nischen nutzen können, um Verfahren
verächtlich zu machen“, sagt Johannes Fechner, Justiziar der SPD-Fraktion,
der die Reform mitverhandelt hat.
In der vergangenen Legislaturperiode verhängte das Bundestagspräsidium 129
Ordnungsrufe, um [3][Pöbeleien und Beleidigungen im Plenum] zu ahnden.
Zwei Drittel davon gingen an die AfD, auf Platz zwei lagen die
fraktionslosen Abgeordneten, die allerdings ursprünglich auch über die AfD
ins Parlament eingezogen waren. Künftig sollen Abgeordnete, die innerhalb
einer Sitzung drei Ordnungsrufe kassieren, automatisch des Saales verwiesen
werden.
Bei drei Ordnungsrufen innerhalb von drei Sitzungswochen wird automatisch
ein Ordnungsgeld festgesetzt. Die Höhe der Ordnungsgelder wird verdoppelt,
zunächst von 1.000 auf 2.000 Euro, im Wiederholungsfall von 2.000 auf 4.000
Euro. Ob das wirklich nützt, ist allerdings offen. Manche Abgeordnete
würden die Ordnungsrufe „wie Trophäen“ vor sich her tragen, sagte
Ex-Bundestagspräsidentin [4][Bärbel Bas] in der vergangenen
Legislaturperiode.
## Neue Regeln zur Abwahl
Geregelt werden soll nun auch, dass die
Bundestagsvizepräsident*innen mit einer Zweidrittelmehrheit
abgewählt werden können. Das Gleiche wird auch für Ausschussvorsitzende
festgeschrieben. Den Fall hat es schon gegeben: Der AfD-Abgeordnete Stephan
Brandner war 2019 als Vorsitzender des Rechtsausschusses abgewählt worden,
das [5][Bundesverfassungsgericht hatte die Abwahl später für rechtmäßig
erklärt].
Brandner ist übrigens auch der Abgeordnete, der die meisten Ordnungsrufe
bekommen hat – etwa weil er Friedrich Merz als „Pinocchio-Fritze“
beschimpfte und den SPD-Abgeordneten Helge Lindh einen „Sozialfaschisten“
nannte. Derzeit stellt die AfD keine Ausschussvorsitzenden, einen Sitz im
[6][Bundestagspräsidium] hatte sie noch nie. Bei den entsprechenden Wahlen
im Bundestag fehlte den vorgeschlagenen Kandidat*innen stets die
notwendige Mehrheit.
Um zukünftig endlose [7][Wahlrunden für den Vizepräsidentenposten] zu
verhindern, soll auch dieses Verfahren neu geregelt werden: Nach drei
erfolglosen Wahlgängen für den ersten Vorschlag einer Fraktion kann erst
nach drei Wochen ein neuer Wahlgang angesetzt werden. Für neue
Wahlvorschläge gilt dann ein Quorum von mindestens einem Viertel der
Abgeordneten.
Der Entwurf stammt von Union und SPD, auch die Ampel hatte bereits an einer
Reform der Geschäftsordnung gearbeitet. Den Grünen geht der jetzige Entwurf
nicht weit genug. Sie hätten sich unter anderem auch Richtlinien für die
Sitzungsleitung durch das Bundestagspräsidium gewünscht, etwa dass
rassistische und sexistische Äußerungen nicht geduldet würden, sagt die
[8][Parlamentarische Geschäftsführerin Irene Mihalic]. „Die Koalition war
nicht bereit, das aufzunehmen.“
Im Vergleich zu dem Entwurf der Ampel stelle der neue einen „deutlichen
Rückschritt“ dar, kritisiert auch [9][Ina Latendorf, die Parlamentarische
Geschäftsführerin der Linken]. Zudem sei es inkonsequent, die Abwahl von
Vizepräsident*innen zu ermöglichen, dies aber bei der Präsident*in
des Bundestages nicht zuzulassen.
12 Sep 2025
## LINKS
[1] /Ermittlung-gegen-AfD-Abgeordneten/!6113345
[2] /Gruenen-Politikerin-outet-sich/!6105509
[3] /AfD-im-Bundestag/!6074787
[4] /Bundestagspraesidentin-ueber-AfD-Verbot/!6043100
[5] /Urteil-zu-Bundestagsausschuessen/!6034373/
[6] /Konstituierende-Sitzung-des-Bundestags/!6074793/
[7] /Vorsitze-in-den-Ausschuessen-im-Bundestag/!6089512
[8] /Racial-Profiling-bei-der-Polizei/!6096129
[9] /Staatliches-Label-fuer-Fleisch/!6092549
## AUTOREN
Sabine am Orde
## TAGS
Bärbel Bas
Rechtsausschuss
Julia Klöckner
Schwerpunkt AfD
Bundestag
Rechtsextremismus
Demokratie
Schwerpunkt AfD
Schwerpunkt AfD
## ARTIKEL ZUM THEMA
Rechtsextreme Symbolik: Die Lieblingsblumen der AfD
Ein AfD-Abgeordneter trug im Bundestag eine blaue Blume am Revers. Das
erinnert an die Nazis in Österreich. Ein Historiker spricht von
„NS-Symbolik“.
Bundestagspräsidentin über AfD-Verbot: „Dann muss man dieses scharfe Schwer…
Bundestagspräsidentin Bärbel Bas im Gespräch über rechtsextreme
Mitarbeiter im Bundestag und Verfassungsschutzerkenntnisse.
Debattenkultur im Bundestag: Härtere Strafen fürs Pöbeln
Die Ampel-Fraktionen wollen den Pöbelparagrafen im Bundestag verschärfen
und die Höhe der Ordnungsgelder verdoppeln. Das träfe vor allem die AfD.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.