| # taz.de -- Schlimmste Orte Berlins: Angeschissen in der Tiktok-Hölle | |
| > „Ein Tag in Berlin für meinen Erzfeind“ heißt der neuste Trend auf | |
| > Tiktok. Die taz macht mit und spielt ironisch die schlimmsten Orte | |
| > Berlins durch. | |
| Bild: Bock auf Schlange stehen am Labubu-Shop am Alexa? Nein? Aber vielleicht d… | |
| Was ist der schlimmste Ort in Berlin? Ist es der Superfood-Laden Daluma in | |
| Mitte, wo einem Aktientrader Kombucha schlürfend einen Vortrag über | |
| Darmgesundheit und Bitcoin halten? Oder der Coworking-Space im Soho House, | |
| in dem sich Nichtmitglieder bei Matcha über Pilates-Tipps austauschen? Oder | |
| ist es doch [1][Mustafas Gemüse Kebap] in Kreuzberg, wo man drei Stunden | |
| mit Touris (und Kanye West) in der Schlange steht, um sich einen | |
| mittelmäßigen Döner für acht Euro reinzufetzen? | |
| Das versuchen Influencer*innen auf Tiktok derzeit herauszufinden. Bei | |
| dem Trend „So würde ich einen Tag in Berlin für meinen Erzfeind planen“ | |
| spielen sie ironisch die schlimmsten Orte Berlins durch. Losgetreten hat | |
| ihn die Podcasterin Nina Hübscher. | |
| Wir wollen auch einen Tag lang unseren Erzfeind durch Berlins Höllenorte | |
| jagen. Los geht’s: Wir wachen in einem umgebauten Lagerhallen-Airbnb-Loft | |
| im Bergmannkiez auf, verkatert vom gestreckten Görli-Koks vom Vorabend. | |
| Nachdem wir drei Stunden in der Schlange vorm Berghain standen, wurden wir | |
| von einem mickrigen Marquardt-Doppelgänger abgewiesen – und das, obwohl wir | |
| einen Ledermantel anhatten und Englisch gesprochen haben! Ein Bild vom | |
| Bunker haben wir trotzdem auf Instagram gepostet, dazu #Wohnzimmer. | |
| Und wer braucht schon das Berghain? Ist eh voll 2000late. Stattdessen | |
| starten wir den Morgen im „neuen Berghain“ – so nannte kürzlich die New | |
| York Times das Café La Maison am Paul-Lincke-Ufer. Nach 20 Minuten Schlange | |
| stehen, einem Mandelcroissant und einem Matcha Latte für 14,80 Euro, stehen | |
| wir weitere 20 Minuten wie bestellt und nicht abgeholt vor 23-jährigen | |
| Creative Directors die uns verächtlich mustern, weil natürlich kein Tisch | |
| frei ist. | |
| ## Keine Orte für ein wenig Restwürde | |
| Auf der Suche nach einem Sitzplatz und etwas Restwürde streifen wir an | |
| einer der 13 LAP-Coffee-Filialen der Stadt vorbei. Vor der Tür posieren | |
| Mädels in Designer Sportleggings mit ihren Vollautomatenkaffees in | |
| indigoblauen Einwegbechern für Tiktok – und plötzlich wollen auch wir | |
| unbedingt rein. Aber auch im LAP sind die drei Aluminiumhocker, auf die nur | |
| die halbe Pobacke passt, besetzt. | |
| Vielleicht kann man bei Albatros, dem Szenebäcker in der Graefestraße, | |
| sitzen? Nö. Und bei Boutique de La Maison auf der Urbanstraße? Auch nicht. | |
| Die Suche nach einem Sitzplatz in einem Café in Kreuzberg gestaltet sich | |
| ähnlich aussichtslos, wie die nach einem Kitaplatz. | |
| Weiter geht es mit etwas Kulturprogramm: Weil wir keine Alman-Touris mit | |
| Socken-in-Sandalen-Fit und Deuter Rucksack sind, gehen wir nicht zur | |
| Eastside-Gallery oder kaufen uns ein Stück Mauer am Checkpoint Charlie, | |
| sondern erkunden die Underground-Street-Art-Szene. Unser Highlight: die | |
| Spray-Werbungen für Amazon und Netflix an den Wänden von Deutsche Wohnen. | |
| Dann wird es Zeit für etwas Shopping: Alexa oder Potsdamer Straße? Jetzt, | |
| wo die Nutten von den Yuppies vertrieben wurden, kann man da bei Acne | |
| Studios & Co echt gut shoppen. Wir entscheiden uns aber für das Alexa, denn | |
| wir wollen unbedingt nochmal von einer Berliner Stadttaube angeschissen | |
| werden und ein Selfie vor der Weltzeituhr schießen. | |
| ## Selbst schuld, wer wiederkommt | |
| Mit einem Lime-Scooter düsen wir zum Alexanderplatz, den Roller parken wir | |
| dann mitten auf dem Gehweg der gemütlichen Flaniermeile an der vierspurigen | |
| Kreuzung, weil wir gerade entdeckt haben, dass es in der Mall einen | |
| Labubu-Shop gibt. Oh Mein Gott!! Nur 800 Euro für eine limitierte | |
| Plüschpuppe, wie geil ist das denn?! | |
| Nach all dem Shoppingstress haben wir uns einen Drink verdient, den nehmen | |
| wir in der Odessa Bar auf der Torstraße. Aber weil uns da zu wenige | |
| Hemdträger sind, wechseln wir ins Kitty Cheng. Dort sind sie allerdings mit | |
| dem Koksen immer so streng, die Baller-Hochburg, das Borchardts, ist aber | |
| zu weit weg, also ballern wir uns schließlich im House of Weekend im 15. | |
| Stock des Haus des Reisens die Nasenscheidewand aus dem Leib. Und zack: | |
| Schon sind die Typen mit den „Was auf dem Ballermann passiert, bleibt auf | |
| dem Ballermann“-Shirts gar nicht mehr so unerträglich. | |
| Hier ist dann morgens um 6 Uhr Endstation. Wenn mein Erzfeind dann noch | |
| einen Tag in Berlin verbringen will, kann ich ihm auch nicht mehr helfen. | |
| 5 Aug 2025 | |
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| ## AUTOREN | |
| Lilly Schröder | |
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