| # taz.de -- Proteste gegen Hype-Kaffee: „LAP will das Red Bull des Kaffeesekt… | |
| > Die Kampagne „LapCoffeeScheiße“ wehrt sich gegen die Invasion der | |
| > Hype-Läden. Warum es nicht um den Preis geht, erklärt ein Aktivist im | |
| > Interview. | |
| Bild: Geht superschnell? Auch nicht immer. Schlange bei einer LAP-Filliale | |
| taz: Herr Schneider, Sie sind bei [1][der Kampagne „LapCoffeeScheiße“] | |
| aktiv, die sich gegen eine neue Hype-Kette richtet, die mit To-go-Angeboten | |
| zu niedrigen Preisen wirbt. Wissen Sie denn, ob der Kaffee bei LAP wirklich | |
| so schlecht ist? | |
| Mario Schneider (Name fiktiv): Nee, wirklich keine Ahnung. Unsere Kritik an | |
| LAP ist auch nicht, dass der Kaffee scheiße schmeckt. | |
| taz: Am vergangenen Wochenende wurden alle LAP-Filialen mit Farbe | |
| beschmiert. Eine Aktion Ihrer Gruppe? | |
| Schneider: Wir empfinden es als äußerst spekulativ, mit welcher | |
| Selbstverständlichkeit die Farbgeschichte nun in den Medien unserer | |
| Kampagne zugeschrieben wird. Meines Wissens gibt es da keine nachgewiesene | |
| Verbindung. | |
| taz: LAP-Gründer Ralph Hage hat sich nach der Farbaktion [2][dialogbereit | |
| gezeigt], gleichwohl ermittelt die Polizei wegen Sachbeschädigung. Ihre | |
| Gruppe hat [3][in einem Offenen Brief mit einer Reihe von Forderungen | |
| reagiert]: Unter anderem soll Hage 80 Prozent seines Vermögens an | |
| Gewerkschaften spenden und alle Läden schließen, in denen sich die | |
| Kiezbewohner:innen dagegen aussprechen. | |
| Schneider: Ja. Hage hat ja vorher bei Red Bull und Delivery Hero | |
| gearbeitet. Beide Unternehmen sind für ihr Union Busting bekannt. Deshalb | |
| finden wir es nur fair, dass Hage mit seinem Geld die Kämpfe von | |
| Beschäftigten unterstützt. Und was das Schließen der Läden angeht: Es ist | |
| Teil der Image-Kampagne von LAP, angeblich nur dorthin zu gehen, wo die | |
| Läden auch gewollt sind. Wir nehmen Hage also nur beim Wort. | |
| taz: Sie erwarten nicht wirklich, dass Hage darauf eingeht? | |
| Schneider: Wir haben auf das Gesprächsangebot geantwortet. Wir stehen | |
| bereit, aber haben halt Vorbedingungen. Ehrlich gesagt, wir glauben, Hage | |
| geht ein bisschen der Arsch auf Grundeis. Er hat ja schon mal das | |
| Liefer-Start-up Yababa gegen die Wand gefahren. Er wirkt extrem nervös. LAP | |
| ist investorengetrieben, und Investoren wollen Rendite. LAP wird ja von so | |
| sympathischen Investoren wie HV Capital finanziert, die ihr Geld auch in | |
| Kriegsdrohnen stecken. Denen ist ein Ralph Hage egal, nur die Rendite | |
| zählt. Die sind schnell wieder weg, wenn es nicht so gut läuft. Da kann | |
| Kritik natürlich sehr gefährlich sein. | |
| taz: Hage hat in der B. Z. auch geraunt, Ihre Kampagne stamme aus der | |
| Kaffeeszene. Stimmt das? | |
| Schneider: Die Aussage ist wirklich äußerst dubios. Wir halten das für | |
| einen Versuch, die Kritik, die es an LAP gibt, in eine Kritik der | |
| Preisgestaltung umzuwandeln. Auch der Spiegel schreibt ja etwa von einem | |
| [4][„Kampf um den Billigkaffee“]. LAP stellt sich so dar, als würden sie | |
| wegen ihrer günstigen Preise angegriffen. Aber die Kaffeepreise sind nicht | |
| das eigentliche Thema. Uns geht es um die politische Bedeutung von LAP. | |
| taz: Die wäre? | |
| Schneider: Hage hat kürzlich ein längliches Interview gegeben, [5][was sich | |
| auf Youtube finden lässt]. Darin sagt er recht deutlich, was die Vision | |
| ist. LAP will das Red Bull des Kaffeesektors werden. In den nächsten Jahren | |
| sollen 100 Läden aufgemacht werden. Aber das soll nur der Anfang sein. Über | |
| den Hype, den sie selbst versuchen zu inszenieren, wollen sie ins | |
| Onlinegeschäft einsteigen. Das Motto lautet: „Monetarize from existing | |
| costumers“ – also der „Community“, die sie um die Marke bilden wollen, … | |
| andere Sachen zu verkaufen. | |
| taz: Ist das nicht einfach stinknormaler Kapitalismus? Was unterscheidet | |
| denn LAP von anderen Kaffeeketten, wie etwa Starbucks? | |
| Schneider: LAP geht viel aggressiver in die Kieze rein und mietet Flächen, | |
| die sich andere Leute nicht mehr leisten können. Dadurch setzt LAP ganz | |
| andere Standards für Gewerbemieten. Die Folge ist, dass die Schneiderei | |
| oder die Kita von nebenan verdrängt werden. Starbucks findet man an | |
| Bahnhöfen oder in Touri-Hotspots wie der Friedrichstraße. Aber LAP will | |
| eben diesen Hype schüren. Das ist natürlich auch fiktiv, wie kürzlich | |
| [6][das Funk-Format Trasherchiert aufgedeckt hat]: Die stellen eigene | |
| Influencer:innen ein, um einen Hype zu inszenieren. Dafür braucht es | |
| eben einen fancy Laden in der Kastanienallee. | |
| taz: In der B. Z. wird Ihre Kampagne nun [7][als gewalttätiger linker Mob | |
| geframt, der Leute mit Ideen aus der Stadt vertreibt]. | |
| Schneider: (lacht) Ja, stimmt. Als eine dieser Geschäftsideen, die Leute | |
| wie wir aus Berlin vertrieben haben sollen, werden da etwa Car-Lofts | |
| genannt: Dass heute also nicht viel mehr Leute ihren Porsche per Fahrstuhl | |
| auf ihrem Balkon parken können. Wir glauben ja, Luxuswohnungen mit | |
| Autoaufzügen sind nicht das Wichtigste für Berlin. Viel wichtiger sind | |
| bezahlbare Mieten, die Bekämpfung von Armut, die Vergesellschaftung von | |
| Immobilienkonzernen. Wir wollen eine solidarische Stadt, in der es fair für | |
| alle zugeht – von den Beschäftigten in den Kaffeehäusern bis zu den | |
| Produzent:innen in Mittel- und Südamerika, von denen die meisten dem | |
| Kapitalismus und Geschäftsmodellen wie von Hage kritisch gegenüberstehen. | |
| 31 Oct 2025 | |
| ## LINKS | |
| [1] https://lapcoffeescheisse.noblogs.org/ | |
| [2] https://www.bz-berlin.de/berlin/farbanschlaege-berlin-kaffee-kette-lap | |
| [3] https://lapcoffeescheisse.noblogs.org/2025/10/29/offener-brief-an-den-lap-c… | |
| [4] https://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/start-up-lap-coffee-der-kampf… | |
| [5] https://www.youtube.com/watch?v=zu2cpMInznE | |
| [6] https://play.funk.net/channel/trasherchiert-12413/der-hype-um-lap-coffee-wi… | |
| [7] https://www.bz-berlin.de/meinung/angriff-lap-coffee-widerlich | |
| ## AUTOREN | |
| Timm Kühn | |
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