| # taz.de -- Farbattacken auf LAP-Coffee-Läden: Günstiger Kaffee bis zum Ansch… | |
| > In Berlin verüben Unbekannte Farbattacken auf LAP-Coffee-Läden. Das hilft | |
| > nicht, wenn wir Gentrifizierung und Ungleichheit nicht von Grund auf | |
| > angehen. | |
| Bild: So funktioniert LAP-Coffee: Günstiger Kaffee, blaue Pappbecher und keine… | |
| Auf Berliner Filialen der [1][LAP-Coffee-Kette] gab es jüngst | |
| [2][Farbattacken]. Über die Plattform Indymedia bekannte sich die dazu die | |
| Kampagne „LAPCoffeeScheiße“. In ihrem offenen Brief zeigt sich aber, dass | |
| es der Kampagne nicht wirklich darum geht, grundsätzlich etwas gegen | |
| Gentrifizierung und Vermögensungleichheit zu tun – und auch nicht darum, zu | |
| verstehen, warum bezahlbarer Kaffee genau das ist, was wir wollen. | |
| Neue LAP-Stores öffnen derzeit überall, die Marke breitet sich bundesweit | |
| aus. Alleine in Berlin gibt es 13 Standorte. Das Konzept ist simpel: Der | |
| Kaffee wird relativ günstig verkauft, auf sehr wenig Raum und alles ist to | |
| go. Sitzplätze gibt es nicht. In das Berliner Start-up haben große | |
| Venture-Capital-Fonds aus den USA investiert, die auf schnell skalierbare | |
| Konsummarken setzen. | |
| Dem Gründer Ralph Hage werfen die Farbbeutelwerfer:innen vor, er habe | |
| in seiner „bisherigen Karriere [bei Red Bull und Delivery Hero] viel Geld | |
| verdient“ und treibe nun mit seinem neuen Unternehmen die Mieten höher und | |
| damit Gentrifizierung voran. Sie fordern, Hage müsse 80 Prozent seines | |
| Vermögens für den Aufbau von Mitbestimmungsstrukturen in Betrieben spenden. | |
| Filialen sollten nur nach einer Befragung und mit Zustimmung von | |
| Anwohner:innen weitergeführt werden. | |
| ## Kein DeepDive in Kapitalismuskritik | |
| Die B. Z. meint: „Hinter diesen lächerlichen Vorwürfen steckt die | |
| vollkommen verblödete marxistische Ideologie, die jeden Unternehmer zum | |
| Ausbeuter erklärt.“ Schön wär’s. Tatsächlich steckt hinter der Analyse | |
| mitnichten ein DeepDive in Kapitalismuskritik. Dabei wäre das angebracht: | |
| in Bezug auf den [3][Mietmarkt], auf die Arbeitsbedingungen und, nun ja, | |
| eben auch den Preis für Kaffee. Und darauf, wer ihn sich überhaupt noch | |
| leisten kann. Denn LAP Coffee ist nur ein Symptom eines Systems der | |
| Gewinnmaximierung, Ausbeutung, Investor:innenbefriedigung – genau | |
| wie die unzähligen profitgetriebenen, lohn- und kostenminimierten | |
| Gastrounternehmen der Zukunft, Gegenwart und Vergangenheit. | |
| Was nutzt also eine Befragung der Anwohner:innen, wenn die sich im Zweifel | |
| einfach über bezahlbaren Kaffee freuen? [4][Inflation] wird gern als eine | |
| organisch wachsende Notwendigkeit dargestellt. Aber vor allem in kultur- | |
| und communitystiftenden Cafés und Bars wurden die Preise in den vergangenen | |
| Jahren stark erhöht, unabhängig von nachvollziehbaren Liefer- und | |
| Rohstoffpreisen. LAP Coffee trifft, ob man will oder nicht, den Nerv | |
| derjenigen, die sich die Teilhabe am geselligen Leben immer weniger leisten | |
| können. Ist das also wirklich nur seelenlose Fast-Drink-Verdrängung? | |
| Betreiber:innen von Nachbarschaftscafés ist mit Farbattacken auf ein | |
| einzelnes Unternehmen nicht geholfen, die Angst vor Verdrängung durch | |
| Kampfpreise, hohe Mieten und sinkende Nachfrage bleibt. Solange Sinn und | |
| Zweck von LAP Coffee die Profitmaximierung bleibt, ändert kein Vorschlag | |
| der Kampagne wirklich was. Auch die Umverteilung des Vermögens der CEOs | |
| nicht. Um die Investoren zu befriedigen, müsste das Geld einfach an anderer | |
| Stelle wieder erwirtschaftet werden – im Zweifel, wie so oft, über | |
| Lohnsenkungen. Und auch die Forderung nach Mitbestimmung der Belegschaft | |
| ist in Wahrheit nur das traurige Einverständnis, dass ansonsten alles so | |
| bleiben darf, wie es ist. Die Belegschaft soll sich dann nur etwas wehren | |
| dürfen. | |
| Die mediale Aufmerksamkeit, die Farbattacken und offener Brief bekommen, | |
| kann auch anders genutzt werden. Statt uns auf einzelne Unternehmen zu | |
| fokussieren, sollten wir kapitalistisches Wirtschaften und die daraus | |
| resultierende Ungleichheit genauer unter die Lupe nehmen. Und wer weiß: | |
| vielleicht gibt es dann eines Tages bezahlbaren Kaffee und faire Löhne für | |
| alle. | |
| 31 Oct 2025 | |
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| ## AUTOREN | |
| Leo Lührs | |
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