| # taz.de -- Berliner Clubs in der Krise: Schwuz meldet Insolvenz an | |
| > Mit dem Schwuz in Neukölln steckt Deutschlands ältester queerer Club in | |
| > existenzbedrohlichen Nöten. Zunächst soll aber noch weitergefeiert | |
| > werden. | |
| Bild: Das Schwuz in Berlin-Neukölln: Tanzfläche leer, Licht bald aus? | |
| Berlin taz | Das Schwuz hat Insolvenz angemeldet. „Die wirtschaftliche Lage | |
| ist noch ernster als gedacht“, teilte der weit über Berlin hinaus bekannte | |
| LGBTIQ*-Club am Donnerstagabend mit. Weiter heißt es: „Wir hatten versucht, | |
| gegenzusteuern: durch Veränderung von Strukturen und des Programms und | |
| schmerzhafte Trennung von Mitarbeitenden.“ Offenkundig ohne Erfolg. | |
| Inflation, gestiegene Betriebskosten, dazu ein geändertes Ausgehverhalten: | |
| Wie viele Berliner Clubs steckt auch das Schwuz seit Langem in einer tiefen | |
| Krise. Wie tief, sei dem Club in der ehemaligen Kindl-Brauerei in Neukölln | |
| aber erst im Mai dieses Jahres bewusst geworden, zitiert der RBB aus einer | |
| Mail der Geschäftsführung. Demnach hätten am Ende des Monats regelmäßig | |
| 30.000 bis 60.000 Euro gefehlt. | |
| Im Mai folgte dann auch die angesprochene „schmerzhafte Trennung von | |
| Mitarbeitenden“. [1][Insgesamt feuerte das Schwuz über 30 | |
| Mitarbeiter:innen, rund ein Drittel seiner Belegschaft.] Zugleich kündigte | |
| die Geschäftsführung damals an, den Clubbetrieb unter der Woche zu | |
| reduzieren. Bestimmte Shows wie Drag-Performances sollten nur noch | |
| „gezielt“, also seltener stattfinden. „Wir haben einen klaren Finanzplan, | |
| einen klaren Personalplan, einen ausgearbeiteten Investitionsplan, einen | |
| klaren Marketingplan“, hieß es noch im Mai. | |
| Eigentlich sollte auch eine parallel gestartete Spendenkampagne dem Club | |
| etwas Luft verschaffen. Doch der Aufruf verpuffte. Das Ziel – 150.000 Euro | |
| für „besondere Investitionen“ – wurde nicht einmal ansatzweise erreicht. | |
| Insgesamt kamen lediglich 3.220 Euro zusammen. Inzwischen steht [2][auf der | |
| entsprechenden Crowdfunding-Plattform]: „Dieses Projekt kann keine Spenden | |
| mehr empfangen.“ | |
| ## Appell an die queere Community | |
| Nun folgt der nächste, weitaus niedrigschwelligere Appell an die queere | |
| Community, wenigstens für ein volles Haus und bessere Umsätze zu sorgen: | |
| „Zeig, dass das Schwuz gebraucht wird. Komm vorbei. Tanz. Feiere“, | |
| [3][heißt es in einem Post auf Instagram]. Es sei noch nicht zu spät, das | |
| Insolvenzverfahren noch nicht das Ende der Party. Man habe Insolvenz | |
| angemeldet, „nicht weil wir bereits jetzt zahlungsunfähig sind, sondern | |
| weil wir es bald wären und wir nun die Reißleine ziehen müssen“. | |
| Wie der RBB berichtet, soll der Clubbetrieb bis zur voraussichtlichen | |
| Eröffnung des Insolvenzverfahrens im Oktober erst einmal weitergehen – ohne | |
| weitere Kündigungen und ohne Gehaltskürzungen. Danach könnte ein externer | |
| Insolvenzberater freilich dafür sorgen, dass es Eingemachte geht. Das | |
| Verfahren werde, so die Ankündigung der Geschäftsführung, „weitere große | |
| und potenziell einschneidende Maßnahmen erfordern“. | |
| Das [4][1977 gegründete Schwuz] ist der älteste und einer der größten | |
| queeren Clubs in Deutschland. Anders als die Westberliner | |
| LGBTIQ*-Institution, die jetzt zwar strauchelt, aber vorerst noch | |
| weitermachen kann, ist mit der Busche ein anderer, einst von Gästen | |
| überrannter Treffpunkt von Schwulen und Lesben im Osten Berlins [5][schon | |
| Geschichte]. Nach 40 Jahren Tanzbetrieb machte die Diskothek am U-Bahnhof | |
| Warschauer Straße am vergangenen Wochenende mit einer letzten Party dicht. | |
| ## Opposition sieht Senat in der Pflicht | |
| Angesichts der generell bedrohlichen Lage für die alternative Berliner | |
| Clublandschaft fordert unterdessen die Opposition, dass die schwarz-rote | |
| Landesregierung die Kulturorte nicht weiter im Regen stehen lässt. Der | |
| Senat dürfe nicht länger ignorieren, dass viele Clubs um ihr Überleben | |
| kämpfen, sagte am Freitag der Grünen-Abgeordnete Julian Schwarze. | |
| „Es ist höchste Zeit für ein koordiniertes Vorgehen, um zusammen mit den | |
| Clubs nach Lösungen zu suchen und sie gerade jetzt zu unterstützen. Sonst | |
| ist die einzigartige Clubkultur Berlins in ernsthafter Gefahr und wir | |
| riskieren den Verlust vielfältiger Orte und Angebote“, so Schwarze, der | |
| clubpolitische Sprecher der Grünen-Fraktion. | |
| Auch der queerpolitische Sprecher der Linksfraktion und ehemalige | |
| Kultursenator Klaus Lederer sieht Schwarz-Rot in der Verantwortung. Nach | |
| der „Hiobsbotschaft“ aus dem Schwuz fragte er: „Was muss eigentlich noch | |
| passieren, bis Senat und Koalition endlich begreifen, dass Berlins queere | |
| Subkultur in ernster Gefahr ist?“ | |
| Verdrängung, Schließung, wirtschaftliche Not: „Das verändert das Antlitz | |
| der vom Senat immer wieder beschworenen ‚Regenbogenhauptstadt‘ und ihrer | |
| queeren sozialen Räume – schleichend, aber sehr nachhaltig und mit | |
| unwiederbringlichen Folgen“, warnte Lederer. | |
| Umso unverantwortlicher sei es, dass der Senat konkrete Schutzmaßnahmen | |
| ablehne. Eine schlüssige Strategie zum Erhalt der queeren Infrastruktur sei | |
| jedenfalls nicht mal ansatzweise zu erkennen. „Momentan scheint mir: Erst | |
| wenn der letzte Club verschwunden, der letzte Raum queeren Alltagslebens | |
| verdrängt ist, werden sie merken, dass ‚Regenbogenhauptstadt‘ mehr ist, als | |
| Pride-Flaggen zu hissen und [6][Regenbogenkuchen zu essen]. Aber dann ist | |
| es zu spät“, so Lederer. | |
| Update: 1.8.2025, 14.20 Uhr | |
| 1 Aug 2025 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Berliner-Clubs-unter-Druck/!6089832 | |
| [2] https://www.betterplace.org/de/projects/154671-infrastruktur-sichern-zukunf… | |
| [3] https://www.instagram.com/p/DMyJFgnsVV4/?img_index=1 | |
| [4] /Berliner-Club-SchwuZ-wird-40/!5421194 | |
| [5] /Die-LGBTIQ-Disco-Busche-ist-Geschichte/!6099453 | |
| [6] /Queerfeindliche-Uebergriffe-in-Berlin/!6009562 | |
| ## AUTOREN | |
| Rainer Rutz | |
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