# taz.de -- FrauenLesben*Freitag auf der Kippe: Sonntags-Club freitags geschlos… | |
> Der Entwurf des Haushaltsplans 2025/26 sieht eine Stellenkürzung im | |
> queeren Veranstaltung- und Beratungsort vor. Das hat weitreichende | |
> Konsequenzen. | |
Berlin taz | Kurz nach 17 Uhr trudeln ein paar Ehrenamtler:innen ein. | |
Jemand macht sich am Tresen zu schaffen, um 18 Uhr öffnet wie jeden Tag das | |
Café im Sonntags-Club in der Greifenhagener Straße in Prenzlauer Berg, | |
später als üblich – wegen Personalmangel. „Hinterm Tresen stehen | |
ausschließlich Ehrenamtler:innen“, sagt Nicole Otte, „ohne die würde hier | |
nichts laufen.“ Otte hat die Leitung der Geschäftsstelle des Sonntags-Clubs | |
e.V. inne – und schlägt Alarm. | |
Im Sonntags-Clubs gibt es drei vom Senat finanzierte Projekte, darunter die | |
[1][psychosoziale Beratung] und [2][QUEERHOME*], die Wohnberatung für | |
LGBTIQ* in Berlin. Doch nun droht eine wesentliche Stütze wegzubrechen. Im | |
[3][Entwurf des Haushaltsplans für 2026/27] fehlt die Fördersumme für eine | |
Stelle im Sonntags-Club. „Eine wichtige Stelle“, so Otte, die seit über 10 | |
Jahren gefördert wurde. Die Fördersumme für 2025 beläuft sich auf genau | |
55.172,41 Euro. | |
Ginge die Stelle verloren, wären sämtliche Angebote, die sich explizit an | |
lesbische und bisexuelle Frauen und Flinta* richten, in Gefahr. Otte zählt | |
auf, was das konkret bedeutet: Der FrauenLesben*Freitag könnte nicht | |
mehr von Serena Raucci, so heißt die betroffene Kollegin, betreut werden. | |
Pro Jahr würden 130 Veranstaltungen weniger angeboten werden. Hinzu käme, | |
dass 9 Selbsthilfegruppen keine Betreuung mehr hätten. Das alles hängt an | |
Serena Rauccis Job. | |
Und klar, weniger Angebote locken weniger Gäste in den Club und ins | |
hauseigene Café, logisch. Damit gingen Einnahmeneinbußen in einer Höhe von | |
rund 15.000 bis 17.000 Euro einher, wie Otte schätzt. Außerdem kämen | |
sicherlich weniger Mitgliedsbeiträge und Spenden zusammen, der Verein | |
kalkuliert hier mit einem Minus von rund 4.000 Euro. „Wenn wir pro Jahr mit | |
rund 21.000 Euro weniger Einnahmen rechnen können, ist der Sonntags-Club in | |
seiner Existenz bedroht.“ | |
## Hier haben über 30 Selbsthilfegruppen ihr Domizil | |
Das wäre fatal. [4][Der Sonntags-Club] ist eine der ältesten queere | |
Institution Berlins (mit DDR-Vergangenheit) und eins der wichtigsten | |
Zentren für Veranstaltungen, Informationen und Beratungen für queere | |
Menschen. Hier haben über 30 Selbsthilfegruppen ihr Domizil. | |
Hauptanliegen des Vereins ist es, dass sich viele verschiedene Menschen | |
hier miteinander wohlfühlen können. „Ein sehr inklusiver Ort“, sagt Otte. | |
„Nur eben freitags nicht, da bleiben alle männlich gelesenen und männlich | |
fühlenden Menschen draußen.“ So ein Safe Place ist für Frauen* „elementar | |
wichtig“, so Otte, weil in den letzten zehn Jahren viele öffentliche | |
Begegnungsorte weggebrochen sind. Der Frauen*Freitag werde von bis zu 50 | |
Frauen* besucht. | |
Der vorliegende Entwurf zum Haushalt des Landes Berlin wurde bislang noch | |
nicht veröffentlicht. Listen mit den einzelnen Posten, aus denen Ausgaben, | |
aber auch Kürzungen hervorgehen, sind dem Vernehmen nach erstellt. Erst im | |
Dezember soll der Haushaltsplan im Landesparlament beschlossen werden. | |
Neben dem Sonntags-Club sollen weitere Projekte betroffen sein, der taz | |
liegt eine Liste vor, die Otte zusammen mit anderen Projekten erstellt hat. | |
Auffallend: Es handelt sich ausschließlich um Initiativen, die sich mit | |
ihren Angeboten an Frauen* wenden, so zum Beispiel in Spandau, dort ist der | |
Casa e.V. betroffen, der Beratung für Migrantinnen anbietet. Auch dem | |
[5][Projekt „BerTa“ in Buch] soll eine Stelle gestrichen werden. Es bietet | |
Frauen*, die diskriminiert oder bedroht werden, einen geschützten Raum und | |
Beratung – noch. | |
## „Flurbereinigung“ beim „Projekte-Wildwuchs“ | |
Doch noch ist nichts Genaues klar. Den Mitgliedern des Abgeordnetenhauses | |
werden die Zahlen erst Ende August vorgelegt, wie Klaus Leder der taz sagt. | |
Der queerpolitische Sprecher der Linken-Fraktion weiß aber aus | |
Ausschusssitzungen, dass der Senat die Gelegenheit nutzen wolle, mit dem | |
neuen Haushalt so etwas wie „Flurbereinigung“ beim „Projekte-Wildwuchs“… | |
betreiben. Denn eine Vielzahl von kleinen Projekten mache natürlich mehr | |
Arbeit und Aufwand als eine Handvoll großer Projekte. | |
Der Abwicklungsaufwand würde sinken, zumal es zu wenige | |
Mitarbeiter:innen in den Verwaltungen gibt. Lederer nennt diese Denke | |
eine „typische Binnenperspektive der Verwaltung“. Beim Sonntags-Club zeige | |
sich das exemplarisch. Dort eine Stelle einzusparen, sei „ein totaler | |
Blindflug der Verwaltung“. Das leiste einer Zentralisierung im | |
Trägerbereich Vorschub und das schade wiederum der Angebotsvielfalt. | |
Wie ginge es besser? Statt einzelne Angebote der queeren Projekte aus | |
verschiedenen Töpfen zu fördern, müsste man endlich dazu übergehen, | |
Vereinen wie dem Sonntags-Club „eine bestimmte Zuwendungssumme | |
bereitzustellen, vielleicht auch mal über einen längeren Zeitraum.“ Und im | |
Rahmen dieser Fördergelder könnten die Projekte ihre Angebote realisieren. | |
Das würde den bürokratischen Aufwand (Stichworte Berichte und Abrechnungen) | |
für beide Seiten erheblich schmälern. | |
„Die Leute, die entscheiden, dass diese eine Stelle im Sonntags-Club | |
wegfallen soll, kennen den Sonntags-Club im Großen und Ganzen nicht“, sagt | |
Lederer, „weil sie sich nur mit dieser einen Stelle beschäftigen. Aber der | |
Sonntags-Club ist ein Organismus und da greifen die Dinge ineinander. Wenn | |
man da eine Stelle einfach herausbricht, dann hat das Konsequenzen für die | |
Gesamtkonstellation.“ | |
Ohne Details zu kennen, wie Lederer betont, scheint es bei den Kürzungen | |
„insbesondere kleinere, migrantische und queere Projekte zu betreffen, | |
weniger Angebote der Gewaltprävention“. Er kritisiert die Vorgehensweise | |
generell: „Man kriegt einen Anruf und bekommt gesagt: Wir streichen euch | |
die Stelle. Das ist ein Unding und gänzlich inakzeptabel.“ | |
3 Aug 2025 | |
## LINKS | |
[1] https://www.sonntags-club.de/beratung/psychosozialeberatung.php | |
[2] https://www.sonntags-club.de/beratung/queerhomeb.php | |
[3] /Berliner-Landeshaushalt-2026-und-2027/!6098969 | |
[4] https://www.sonntags-club.de/wir.php | |
[5] https://albatros.social/angebote/standorte/berta/ | |
## AUTOREN | |
Andreas Hergeth | |
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