# taz.de -- Projekt von Jugendlichen für Jugendliche: CDU und SPD sägen am Tu… | |
> In Moabit haben sich junge Leute mit dem „Tower21“ selbst einen | |
> Treffpunkt gestaltet. Doch für solche Angebote soll es künftig kein Geld | |
> mehr geben. | |
Bild: Der Schirmherr des Projekts, der Grünen-Abgeordnete Taylan Kurt (re.), e… | |
Berlin taz | Als die Eröffnung des „Tower21“ in Moabit beginnt, fängt es | |
richtig an zu schütten. Doch Mohamad Al-Khalayli steht unter dem Dach des | |
zylinderartigen Gebäudes im Unionpark und spricht zu Nachbarn, | |
Jugendlichen, zu allen, die an diesem Projekt beteiligt waren – und das | |
sind viele. Der Park und die Pavillons sind voll. | |
Der „Tower21“ ist ein von Jugendlichen gestalteter Treffpunkt. Das | |
kreisrunde, auf einer Erhöhung stehende Gebäude mit rund vier Metern Höhe | |
ist zu einer Seite hin geöffnet. Der untere Bereich ist von einem kleinen | |
Garten umgeben und sieht aus wie ein Wohnzimmer, darüber ist eine | |
Dachterrasse. | |
Der kleine Raum, der hier geschaffen wurde, bietet viele Möglichkeiten: | |
Jugendliche können entspannen, kreativ werden, gärtnern, ihren Frust am | |
Boxsack auslassen, die Bühne bespielen oder sich auf der Dachterrasse | |
sonnen. Von der kleinen Bühne moderiert Mohamad Al-Khalayli die Einweihung | |
dieser neuen Begegnungsstätte, die der Jugendliche gemeinsam mit anderen | |
jungen Menschen aus dem Kiez sowie Freiwilligen, Tischler*innen und | |
Architekt*innen geplant und gebaut hat. | |
Der Beifall nach jedem Redebeitrag ist riesig. Die Erleichterung, trotz der | |
prekären Haushaltslage und der Kürzungspolitik des schwarz-roten Senats | |
dieses öffentliche und kostenlose Angebot für Jugendliche realisiert zu | |
haben, hebt die Stimmung. Doch offene Fragen, wie es weitergeht, dämpfen | |
sie wieder. | |
## „Wir hoffen, dass der Tower noch eine Weile steht“ | |
Denn die [1][Stiftung für kulturelle Weiterbildung und Kulturberatung] | |
(SKWG), der Geldgeber dieses Projektes, hat keine Mittel mehr, um die | |
Instandhaltung und Sanierung, die Gärtnerarbeiten und das Bau- und | |
Spielmaterial zu finanzieren. Das wissen auch die Jugendlichen. „Wir sind | |
alle sehr stolz und hoffen, dass der Tower noch eine Weile steht und es | |
hier so schön bleibt, wie es jetzt ist“, sagt Mohamad Al-Khalayli. | |
Das Projekt, das in den vergangenen zwei Jahren von Jugendlichen für | |
Jugendliche entstanden ist, sei eine Seltenheit, sagt Jannick Holz vom | |
gemeinnützigen [2][Verein Karame e. V.] „Im Stadtbild gibt es viele Orte | |
für Kinder und Erwachsene, aber zu wenige für Jugendliche.“ | |
Am Anfang habe der Wunsch „nach ein bisschen Natur und ein paar Blumen“ | |
gestanden, sagt Mohamad Al-Khalayli. „Und nach ein paar Sitzplätzen für den | |
Sommer, um Karten zu spielen und zu chillen.“ An solchen Angeboten mangele | |
es, kritisiert er, Parks würden überwiegend für Partys und Konsum genutzt. | |
Die Idee, einen Raum zu schaffen, den die Jugendlichen für sich haben, | |
entstand 2023. Da schlossen sich das Kollektiv Noibau, das aus | |
Tischler*innen und Architekt*innen besteht, gemeinsam mit Moabiter | |
Jugendlichen zusammen. Sie suchten nach Ideen, wie sie den Kiez verbessern | |
könnten. | |
## „So etwas wie Aufbruchstimmung“ | |
Was mit handwerklichen Workshops begann, nahm bald mit Skizzen und Plänen | |
Form an. Unter den Jugendlichen und im Kollektiv Noibau habe „so etwas wie | |
Aufbruchstimmung“ geherrscht, erinnert sich Noibau-Mitglied Jakob Husemann. | |
Das Werkeln und Arbeiten an etwas Realem habe allen Beteiligten viel Freude | |
bereitet. | |
Einige haben vorher noch nie handwerklich gearbeitet. „Ich hätte nicht | |
gedacht, dass man so viel machen kann“, sagt Ahmad, einer der Jugendlichen, | |
die mitgebaut haben. Auch Isaa hat beim Bau des Towers geholfen. „Wenn man | |
eine Hütte baut, braucht man natürlich Hilfe, man kann sich gegenseitig | |
Ideen geben und alles gemeinsam organisieren“, sagt er. | |
Das Projekt war zunächst Teil einer Architektur-Masterarbeit an der | |
Technischen Universität Berlin. Karame e. V. war von Idee begeistert, 2024 | |
schlossen sich dann Noibau, Karame und die Künstlerin Silke Riechert | |
zusammen und gründeten die „Younion21“, ein Zusammenschluss aller Akteure | |
rund um den Tower. | |
Mit der fertigen Idee wandten sie sich schließlich an den Moabiter | |
Abgeordneten Taylan Kurt (Grüne), dem späteren Schirmherren des Projektes, | |
sowie an den Bezirksstadtrat Benjamin Fritz (CDU). Beide halfen bei den | |
Anträgen, Genehmigungen und der Kommunikation zwischen Grünflächenämtern | |
und anderen Behörden. | |
## Die Zukunft des „Tower21“ ist ungewiss | |
Auch wenn sich beide Politiker freuen, der Jugend in Moabit etwas bieten zu | |
können, ist die Zukunft des „Tower21“ ungewiss. Der wurde mit Geldern des | |
Senats finanziert, genauer finanzierte dieser die Stiftung für kulturelle | |
Weiterbildung und Kulturberatung (SKWK). Die hat seit 2021 bereits über 100 | |
solcher Projekte in Berlin gefördert. Auch die etwa 60.000 Euro für den | |
Tower wurden so über den Projektfonds „Urbane Praxis“ bereitgestellt. Der | |
Fonds schüttete bislang jährlich rund eine Million Euro aus – und | |
finanzierte so rund 30 öffentlich zugängliche Projekte. | |
Für dieses Jahr hat der Senat den Projektfonds ausgesetzt. Ob der Fonds und | |
somit die Projekte, die an ihm hängen, im kommenden Haushalt weiter | |
finanziert werden, ist noch unklar. „Die Urbane Praxis steht unter | |
Finanzierungsvorbehalt“, sagt Larissa Krause von der Stiftung SKWK. „Dabei | |
sind eine Million Euro nichts im Vergleich zu dem, was die Projekte der | |
Stadt bringen.“ Schließlich würden öffentliche Jugendangebote eine Struktur | |
schaffen und für eine Bewirtschaftung und Pflege der Flächen sorgen. Auch | |
für den Grünen-Politiker Taylan Kurt ist es ein Unding, „dass Lücken im | |
Haushalt auf dem Rücken der Jugendlichen gestopft werden“. | |
Nicht nur für die Jugendlichen seien Projekte wie dieses ein Gewinn, sagt | |
Krauses Kollege, der Stadtplaner Yann Kersaint, auch werde die immer enger | |
werdende Metropole Berlin dadurch aufgewertet. „Wohnungen werden teurer und | |
kleiner, die Leute müssen mehr rausgehen. Wenn draußen aber nichts ist, | |
wird es langweilig“, sagt er. „Hier ist schon eine Menge falsch gelaufen, | |
aber Berlin hat jetzt noch die Chance, öffentliche Räume zu gestalten und | |
den Kids ein Angebot zu machen.“ | |
## Was danach passiert, wissen sie nicht | |
Krause und Kersaint müssen nun auch um ihre Jobs bangen. Für dieses Jahr | |
werden ihre Stellen noch finanziert, was danach passiert, wissen sie nicht. | |
Erst Ende des Jahres wird der Senat voraussichtlich den Haushalt für die | |
kommenden zwei Jahre vorstellen. | |
Der Grünen-Abgeordnete Taylan Kurt will sich bei den Haushaltsverhandlungen | |
für Projekte wie den Tower einsetzen. Ein Argument ist für ihn dabei das | |
Berliner Jugendfördergesetz, das die Jugendsozialarbeit stärken soll. Dafür | |
braucht es allerdings auch genügend Angebote und vor allem muss ihre | |
Finanzierung sichergestellt werden. „Die Umsatzfinanzierung ist mit dem | |
aktuellen Haushalt aber nicht machbar“, sagt Kurt. Die Kürzungen stellen | |
für ihn also eine Verletzung des Jugendfördergesetzes dar. | |
Wie auch immer die Haushaltsverhandlungen ausgehen – die Bedürfnisse der | |
Jugendlichen bleiben. Und auch der Unionpark ist nun nicht mehr leer – im | |
Gegensatz zum Etat für urbane Projekte. | |
8 Aug 2025 | |
## LINKS | |
[1] https://stiftung-kulturelle-weiterbildung-kulturberatung.berlin/ | |
[2] https://www.wir-sind-paritaet.de/karame-ev | |
## AUTOREN | |
Tim Kemmerling | |
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