# taz.de -- Geflüchtete aus der Ukraine: Söder fordert Bürgergeld-Streichung | |
> Der CSU-Chef will ukrainischen Geflüchteten das Bürgergeld streichen. | |
> Fachleute warnen: Der Vorschlag bringt kaum Einsparung, aber viel | |
> Bürokratie. | |
Bild: Kein Bürgergeld für Geflüchtete aus der Ukraine: CSU-Vorsitzender Mark… | |
Berlin taz | CSU-Chef Markus Söder will ukrainischen Geflüchteten das | |
Bürgergeld streichen. Im ZDF-Sommerinterview forderte er am Sonntag, ihnen | |
stattdessen Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zu zahlen. | |
Zur Begründung erklärte er: „Es gibt kein Land der Welt, das beim | |
[1][Bürgergeld] so verfährt wie Deutschland.“ Seiner Ansicht nach trägt die | |
aktuelle Regelung dazu bei, dass viele Ukrainerinnen und Ukrainer trotz | |
guter Ausbildung keiner Arbeit nachgehen. | |
Söders Vorstoß geht über das hinaus, was die Bundesregierung beschlossen | |
hat. Im Koalitionsvertrag vereinbarten CDU/CSU und SPD, dass neu ankommende | |
Ukrainerinnen und Ukrainer wie andere Geflüchtete Leistungen nach dem | |
Asylbewerberleistungsgesetz bekommen sollen. Söder dagegen will die | |
Streichung auch für Geflüchtete, die schon Bürgergeld beziehen. | |
Innerhalb der Union stößt Söder damit auf Widerspruch. Dennis Radtke, | |
Vorsitzender der Christlich-Demokratischen Arbeitnehmerschaft, warnte im | |
Focus vor „marktschreierischen Forderungen“ beim Thema Flucht und Asyl. | |
„Das Denken in Überschriften hat sich leider zum Arschgeweih der deutschen | |
Politik entwickelt.“ Zwar unterstützt Radtke den geplanten Systemwechsel | |
für neu ankommende Geflüchtete. Wie aber eine rückwirkende Umstellung für | |
alle Ukrainerinnen und Ukrainer funktionieren soll, bleibt für ihn offen. | |
## Kaum Einsparungen aber massive Bürokratie | |
Experten heben die Bedeutung der Arbeitsmarktintegration hervor. Ukrainer | |
erhalten bislang ohne Asylverfahren einen regulären Aufenthaltstitel und so | |
Zugang zu Jobcenter-Leistungen. Enzo Weber, Wirtschaftswissenschaftler am | |
Institut für Arbeitsmarkt und Berufsforschung (IAB) in Nürnberg, warnte | |
gegenüber der dpa: Wer sie in das Asylleistungssystem zurückschickt, bremst | |
genau diesen Fortschritt aus. | |
Unsicher ist auch, ob der bürokratische Aufwand überhaupt den von Söder | |
gewünschten Effekt hätte. Denn die Asylbewerberleistungen gelten nur für 36 | |
Monate, danach greifen die sogenannten Analogleistungen, die sich am | |
Bürgergeld orientieren. Peter von Auer, rechtspolitischer Referent bei Pro | |
Asyl, rechnet damit, dass viele Ukrainerinnen und Ukrainer in dieses System | |
wechseln würden und somit am Ende fast genauso viel erhalten wie bisher. | |
„Diese Umstellung bringt kaum Einsparung, dafür aber massive Bürokratie“, | |
warnt von Auer. Das Geld ließe sich aus seiner Sicht sinnvoller | |
investieren. | |
Statt Geflüchteten die Leistungen zu kürzen, sollte man versuchen, besser | |
zu verstehen, warum viele nicht arbeiten. „Es sind überwiegend Frauen mit | |
Kindern. Die Männer bleiben im Kriegsgebiet. Die Frauen stehen mit der | |
Kinderbetreuung allein da“, so von Auer. Statt Verwaltungsaufwand schlägt | |
er Investitionen in Betreuung, Sprachkurse und Integrationshilfen vor. „Wir | |
können bereits sehen, dass Sprachkurse wirken.“ Waren 2023 nur 18 Prozent | |
der ukrainischen Geflüchteten erwerbstätig, waren es 2024 schon ein | |
Drittel. | |
Ein alleinstehender Asylbewerber erhält maximal 441 Euro monatlich. Das | |
Bürgergeld liegt bei 563 Euro. Aktuell fordern Vertreterinnen und Vertreter | |
[2][aus CDU] und SPD, dass die Ausgaben für das Bürgergeld wieder sinken | |
müssen. Im vergangenen Jahr zahlte der Staat rund 46,9 Milliarden Euro[3][, | |
9 Prozent mehr als im Vorjahr]. Gründe dafür sind unter anderem die | |
inflationsbedingten Erhöhungen der Regelsätze. Etwa 5,5 Millionen Menschen | |
bezogen Bürgergeld, darunter auch Kinder und Jugendliche. Fast die Hälfte | |
der Beziehenden besitzt keinen deutschen Pass. | |
4 Aug 2025 | |
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## AUTOREN | |
Laura Verseck | |
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