# taz.de -- EU-Außengrenze: Griechenland will Geflüchtete inhaftieren | |
> Die konservative Athener Regierung ergreift in der Asylpolitik harte | |
> Maßnahmen. Und das offenbar mit rechtswidrigen Mitteln. | |
Bild: Geflüchtete im Hafen von Kreta: Der griechische Flüchtlingsrat erklärt… | |
Athen taz | Griechenlands [1][konservativer Premierminister Kyriakos] | |
Mitsotakis hat am Mittwoch ein Maßnahmenpaket angekündigt, um der | |
wachsenden Zahl Geflüchteter aus Ostlibyen zu begegnen. | |
Wie Mitsotakis erklärte, werde Athen die Prüfung von Asylanträgen für | |
Geflüchtete, die aus Nordafrika in Griechenland ankommen, für drei Monate | |
aussetzen. Ferner sollen alle [2][Flüchtenden, die irregulär nach | |
Griechenland einreisen], inhaftiert werden. Dafür solle auf Kreta ein | |
erstes geschlossenes Aufnahmelager errichtet werden. Schließlich werde die | |
griechische Regierung „mit den libyschen Behörden zusammenarbeiten, um zu | |
verhindern, dass die Boote oder Schiffe mit Migranten an Bord die libysche | |
Küste verlassen“. | |
Geschehe dies doch, dann werde seine Regierung, wenn möglich, dafür sorgen, | |
„dass diese Boote dorthin zurückkehren, von wo aus sie gestartet sind, | |
bevor sie in internationale Gewässer eindringen“. So sollen für | |
Griechenland verpflichtende [3][Such- und Rettungsaktionen weitestgehend | |
verhindert werden]. Premier Mitsotakis bezeichnete dies als „notwendige, | |
vorübergehende Reaktion“. | |
Am Mittwochabend reichte Migrationsminister Thanos Plevris eine | |
entsprechende gesetzliche Neuregelung im Athener Parlament ein, die am | |
Freitag mit 177 Ja-Stimmen (bei insgesamt 300 Sitzen) verabschiedet wurde. | |
Dafür stimmten neben den Abgeordneten der konservativen Regierungspartei | |
Nea Dimokratia (ND) noch die oppositionelle nationalkonservative | |
Griechische Lösung sowie Ex-Abgeordnete der nationalistischen Partei | |
Spartaner. | |
Darin heißt es: „Die Einreichung von Asylanträgen von Personen, die mit | |
Transportmitteln auf dem Seeweg aus Nordafrika illegal ins Land kommen, | |
wird ausgesetzt. Diese Personen werden ohne Registrierung in das Land der | |
Abreise oder der Herkunft zurückgeführt.“ | |
In seiner [4][Parlamentsrede am vergangenen Donnerstag] hat der Athener | |
Migrationsminister Thanos Plevris die gesetzliche Neuregelung in der | |
Asylpolitik wie folgt begründet: „An der libyschen Küste gibt es drei | |
Millionen Migranten. Wenn wir es zulassen würden, dass diese Leute | |
massenweise nach Europa kommen, dann würden wir über einen | |
Bevölkerungsaustausch sprechen – und nicht über den Schutz von | |
Vulnerablen.“ | |
## Rechtsextremer Minister mit „klarer Botschaft“ | |
Plevris hatte zuvor die Umsetzung des neuen Maßnahmenpakets demonstrativ | |
unter dem Titel „Sofortige Maßnahmen zur Bekämpfung der Invasion aus | |
Nordafrika“ angekündigt. Seine „klare Botschaft“ an potenzielle | |
Neuankömmlinge lautet: „[5][Bleibt da, wo ihr seid]. Wir akzeptieren euch | |
nicht.“ | |
Teile der Athener Opposition übten Kritik an der Verschärfung des ohnehin | |
seit ihrem Amtsbeginn im Juli 2019 rigiden Migrationskurses der Regierung | |
Mitsotakis. Sokrates Famellos, Parteivorsitzender der [6][linken | |
Ex-Regierungspartei Syriza], warf Mitsotakis vor, „auf der Ebene der EU | |
keine Politik zur Rückführung und Verteilung von Geflüchteten zu verfolgen | |
und hinzunehmen, dass das Land zu einem Gefängnis für Seelen wird“. | |
Der Griechische Flüchtlingsrat erklärte, Mitsotakis’ Maßnahmenpaket | |
verstoße gegen das Internationale Recht. | |
Fest steht: Während bisher Schutzsuchende überwiegend aus der Türkei nach | |
Griechenland kamen, schaffen es immer mehr Menschen auf der Route aus | |
Libyen nach Kreta. Seit Jahresbeginn haben auf diesem Weg mehr als | |
[7][9.000 Flüchtende Hellas erreicht]. Im Vergleich zum ersten Halbjahr | |
2024 hat sich die Zahl gut vervierfacht. | |
## Menschen müssen im Freien schlafen | |
Allein am Montag dieser Woche kamen 963 Menschen auf Kreta an. Am | |
Mittwochmorgen griff die griechische Küstenwache vor Kreta 520 weitere | |
Migranten auf. Bei den Neuankömmlingen handelt es sich nach Angaben der | |
griechischen Behörden überwiegend um Menschen aus Ägypten, Pakistan sowie | |
Bangladesch. Diese Staaten gelten in [8][Griechenland allesamt als sichere | |
Herkunftsländer]. | |
Die Menschen auf Kreta werden gegenwärtig vorübergehend in leer stehenden | |
Fabrik- und Sporthallen untergebracht. Viele müssen draußen schlafen. Es | |
herrscht ein großer Mangel an sanitären Einrichtungen, Essen, Kleidung, | |
Matratzen und Decken. Bisher lautete der Plan, die [9][Geflüchteten in | |
bewachte Auffanglager] auf dem griechischen Festland zu bringen. | |
Am Dienstag hatten der für die Migrationspolitik zuständige EU-Kommissar | |
Magnus Brunner sowie die Migrationsminister aus Griechenland, Italien und | |
Malta in Tripolis mit der libyschen Regierung über Wege verhandelt, die | |
Überfahrten zu stoppen – wohl ohne Erfolg. | |
11 Jul 2025 | |
## LINKS | |
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[4] https://www.youtube.com/watch?v=5kSmOf1eEmQ | |
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## AUTOREN | |
Ferry Batzoglou | |
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