Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Migration und Flucht: Ausreisen „zwangsweise“ durchsetzen
> Athen sträubt sich, „Sekundärmigranten“ aus Deutschland zurückzunehmen.
> Berlin kontert, das BAMF wolle wieder Rückführungen nach Griechenland.
Bild: Viele Migranten landen nach wie vor in Griechenland an – und ziehen da…
Athen taz | Bisher war die Lage so: Gemäß Asylgesetz ist ein Asylantrag in
Deutschland als unzulässig zurückzuweisen, wenn der Flüchtling bereits in
einem anderen EU-Staat anerkannt worden ist. Bis dato wurden in
Griechenland anerkannte Flüchtlinge, die hernach nach Deutschland gereist
sind und dort einen neuen Asylantrag gestellt haben, dennoch nicht nach
Griechenland zurückgeschickt. Die Begründung: in Hellas drohe ihnen die
Verelendung. Die Sekundärmigranten blieben in Deutschland.
Das soll nun vorbei sein. [1][In einem Grundsatzurteil vom 16. April]
stellte das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig fest, dass anerkannte
Flüchtlinge durchaus nach Griechenland zurückgeführt werden dürfen. Zwar
gebe es dort erhebliche Defizite, aber alleinstehenden, männlichen,
gesunden Flüchtlingen drohe keine Verelendung, keine extreme materielle
Not. „Sie können ihre elementaren Grundbedürfnisse auf Unterkunft,
Ernährung und Hygiene befriedigen“, sagte der Vorsitzende Richter Robert
Keller.
Er verwies vor allem auf die Möglichkeit durch Arbeit Geld zu verdienen,
vor allem in der Schattenwirtschaft, also in der Schwarzarbeit.
Obdachlosigkeit wiederum sei unter anerkannten Flüchtlingen „kein
Massenphänomen“, es gebe temporäre Unterkünfte und Notschlafstellen, so das
höchstrichterliche Urteil. Dabei ging es nicht um Rechtsfragen, sondern um
die verbindliche Feststellung der Situation für Flüchtlinge in einem
bestimmten Staat – [2][in diesem Fall Griechenland]. Betroffen sind davon
viele Menschen. Nach Angaben des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge
(BAMF) kamen in den letzten fünf Jahren fast 100.000 Flüchtlinge nach
Deutschland, die zuvor in Griechenland als Schutzberechtigte anerkannt
worden sind.
Regierungspolitikern in Athen treibt das höchstrichterliche Urteil aus
Leipzig die Sorgenfalten auf die Stirn. Zuerst reagierte der Athener
Migrationsminister Makis Voridis – ein Hardliner in der für ihren
restriktiven Flüchtlingskurs bekannten konservativen Regierung unter
Premier Kyriakos Mitsotakis. Den Anträgen von deutscher Seite, die Rückkehr
der Sekundärmigranten nach Griechenland zu ermöglichen, werde man „nicht
sehr freundlich gegenüberstehen“, sagte er dem privaten Athener
Rundfunksender Skai bereits am 25. April.
## Kaum jemand will freiwillig nach Griechenland zurückkehren
Nun legte der Generalsekretär für Migrationspolitik im Athener
Migrationsministerium, Manos Logothetis, nach: Auf die Frage, wie Athen mit
betreffenden Anträgen deutscher Behörden auf eine Rückkehr von
Sekundärmigranten umgehen werde, sagte er dem privaten Athener
Rundfunksender Parapolitika FM: Selbstverständlich könne Hellas dazu ‚Nein�…
sagen, wann immer es solle. Das sei nicht einfach eine Sache der Deutschen,
fügte Logothestis hinzu. Es werde eine Einzelfallprüfung geben. Wie lange
die griechischen Behörden für eine solche brauchen werden, offenbarte
Logothetis nicht.
Die deutsche Seite macht hingegen Tempo. Das BAMF werde wieder
Rückführungen nach Griechenland ermöglichen, heißt es sinngemäß in dem
Schreiben von Innenstaatssekretär Bernd Krösser an die für Rückführungen
zuständigen Staatssekretäre der Länder, welches die Süddeutsche Zeitung
(SZ) am 19. Mai enthüllte. Zunächst seien die Personen aufzufordern, selbst
nach Griechenland auszureisen, also „freiwillig“. Dafür könnten die
Behörden in bestimmten Fällen die Kosten übernehmen. Passiere dies jedoch
nicht, seien die Bundesländer angehalten, die Ausreise „zwangsweise“
durchzusetzen.
Erkennbar sei zudem die Strategie der Behörden, [3][den Druck auf die
Menschen zu erhöhen, Deutschland „freiwillig“ zu verlassen,] so die SZ.
Ausdrücklich weise das Innenministerium die Bundesländer in dem internen
Papier darauf hin, dass „leistungsrechtliche Konsequenzen“ möglich seien,
um „Bemühungen des BAMF und der Ausländerbehörden“ für verstärkte
Rückreisen zu flankieren. Im Klartext: Wer der Ausreise-Aufforderung nicht
nachkomme, müsse damit rechnen, dass Leistungen gekürzt oder gar komplett
gestrichen werden.
Wie Der Spiegel zuletzt enthüllte, hätten rund 2.000 Sekundärmigranten in
allen 16 Bundesländern bisher ein Schreiben zur freiwilligen Rückkehr nach
Griechenland erhalten – 78 von ihnen hätten ihr Interesse bekundet. In dem
Schreiben verspricht das BAMF den Flüchtlingen, dass sie nach ihrer Ankunft
in Griechenland am Flughafen abgeholt werden, für bis zu vier Monate eine
Unterkunft mit „Vollverpflegung“ erhalten und anschließend in ein
griechisches Integrationsprogramm vermittelt werden, das sie auf den
Arbeitsmarkt vorbereitet.
30 May 2025
## LINKS
[1] /Dublin-Ueberstellungen/!6079240
[2] /Gefluechtete-auf-Lesbos/!6003464
[3] /Fluechtlingsunterbringung-in-Berlin/!6090824
## AUTOREN
Ferry Batzoglou
## TAGS
Griechenland
Migration
Kyriakos Mitsotakis
Schwerpunkt Flucht
GNS
Familiennachzug
Museum
Entwicklungspolitik
## ARTIKEL ZUM THEMA
Familie und Staatsbürgerschaft: Koalition will Verschärfung
Ende des Familiennachzugs: Geflüchtete sollen keine Möglichkeiten mehr
haben, Familienangehörige nachzuholen.
Neues Museum für Migration in Rotterdam: Woher die Menschen kommen, wohin sie …
Das Museum Fenix in Rotterdam ist innerlich wie äußerlich dem Thema
Migration gewidmet. Der Bau kommt von einem chinesischen Architekturbüro.
Neue Entwicklungsministerin fordert: „Mehr Fokussierung“
Reem Alabali-Radovan will die Entwicklungspolitik neu aufstellen. Sie
betont Sicherheit und Migration. Feminismus und Klimawandel erwähnt sie
nicht.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.