# taz.de -- Trump-Zölle: Hoffen auf den Taco-Effekt | |
> Donald Trump ist dafür bekannt, zu eskalieren und dann vor dem Chaos | |
> zurückzuschrecken. Darauf setzen auch Europas Verhandler im Zollkonflikt. | |
Bild: Donald Trump bellt nur, aber beißt nicht? Schön wär's | |
## 1. Droht Europa ein Handelskrieg mit den USA? | |
Möglicherweise. Wie schlimm es kommen kann, zeigte sich, als Kanada Ende | |
Juni auf einmal seine bereits beschlossene und ziemlich mickrige | |
3-Prozent-Umsatzsteuer für Digitalkonzerne stornierte, um nicht von Donald | |
Trump mit Monsterzöllen belegt zu werden. Oder als der US-Präsident vor | |
einigen Tagen happige [1][50 Prozent Strafzölle auf Importe aus Brasilien | |
erhob]. Die Begründung: Das Verfahren gegen seinen nicht minder | |
durchgeknallten und ähnlich rechtslastigen Kumpel, Brasiliens | |
Ex-Präsidenten Jair Bolsonaro, gleiche einer „Hexenjagd“. | |
Dass es Trump nicht um trockene Handelsarithmetik, sondern um Machtpolitik | |
pur und Testosteron gemixt mit einem saftigen Schuss Wahnsinn geht, | |
schmerzt die fürs Verhandeln zuständige EU-Kommission zutiefst. Dafür hat | |
er ihr nun noch bis zum 1. August Zeit gegeben. Sonst würden Zölle von 30 | |
Prozent auf Importe aus der EU festgelegt. Zudem bestehen bereits 25 | |
Prozent Sonderzölle für Pkws und Autoteile und 50 Prozent Aufschläge für | |
Stahl und Aluminium. | |
Alle hoffen jetzt auf den sogenannten Taco-Effekt. Kurz für „Trump always | |
chickens out“, übersetzt etwa „Trump zieht immer den Schwanz ein“. Das i… | |
Börsensprech. An der Wall Street merkten die Händler irgendwann, dass der | |
Präsident in der Regel viel rumpelt – und dann doch nicht Ernst macht. | |
Inzwischen wird „Taco-Man“ Trump [2][auf Social Media mit KI-generierten | |
Hühnchen persifliert]. 46 Prozent Zölle sollte beispielsweise Vietnam | |
zunächst zahlen – und auf Zölle auf US-Importe komplett verzichten. Der | |
Schock saß: 30 Prozent der Wirtschaftsleistung Vietnams hängen vom Export | |
von Schuhen, Kleidung oder Möbeln in die USA ab. Nun hat Trump ein | |
Handelsabkommen avisiert. | |
## 2. Was ist an Trumps Zöllen so gefährlich? | |
Der Mann im Weißen Haus bellt also nur, beißt aber nicht? Schön wär’s. Die | |
EU und die USA sind füreinander jeweils die wichtigsten Handelspartner der | |
Welt. Doch Trump sagt über die Europäer: „Sie zocken uns ab. Das schmerzt | |
mich sehr.“ Und er pocht immer wieder darauf, dass das Handelsbilanzdefizit | |
der Amerikaner wegmuss. 235 Milliarden US-Dollar betrug es 2024, aber nur, | |
wenn man den Großteil der Umsätze der US-Digitalkonzerne in Europa | |
weglässt. Deutschland exportiert vor allem Autos, Chemie und Maschinen über | |
den Atlantik. Mercedes-Benz hat dort im vergangenen Jahr 325.000 Wagen | |
verkauft, BMW 371.000. Ein Gutteil des Bilanzdefizits kommt jedoch von | |
US-Pharmagrößen wie Pfizer, Eli Lilly und Johnson & Johnson, die in Irland | |
Medikamente für den US-Markt produzieren, um Steuern zu sparen. | |
Über die Auswirkungen der angedrohten Zölle zum Beispiel für Deutschland | |
sind sich Expert*innen nicht einig: Während die Bundesbank warnt, 30 | |
Prozent Zölle bedeuteten ein „beachtliches konjunkturelles Abwärtsrisiko“, | |
bleibt das gewerkschaftsnahe Institut IMK gelassener. Dessen Ökonom*innen | |
meinen, die Zölle senkten das Wachstum der hiesigen Wirtschaft in den | |
Jahren 2025 und 2026 um jeweils etwa einen viertel Prozentpunkt. | |
Das würde in diesem Jahr Nullwachstum und 2026 immer noch 1,2 Prozent plus | |
für das Bruttoinlandsprodukt bedeuten. Besonders schlecht aus EU-Sicht: | |
Trump braucht die Zolleinnahmen, um die Ausfälle seiner Steuergesetze zu | |
kompensieren. Laut US-Finanzministerium nahmen die USA durch Zölle in den | |
Monaten April bis Juni rund 64 Milliarden US-Dollar ein – 47 Milliarden | |
mehr als in den gleichen Monaten des Vorjahrs. Allein Porsche zahlte in den | |
USA im April und Mai 300 Millionen Dollar Zölle. | |
## 3. Behandelt die EU Trump bislang zu zögerlich? | |
Viele Fachleute sagen: Ja, weil die Kommission bislang nur mit | |
Gegenmaßnahmen droht, aber sie noch nicht erlassen hat – der psychotische | |
Trump könnte ja noch viel üblere Zollhämmer raushauen. Tatsächlich hat | |
Brüssel bereits eine Liste mit Vergeltungszöllen in petto. Sie ist derzeit | |
aber ausgesetzt. Auf ihr stehen US-Waren, die möglichst Trumps Wähler in | |
republikanischen Hochburgen treffen sollen – etwa die von | |
Harley-Davidson, dem Motorradhersteller aus Milwaukee. | |
Als die EU-Kommission 2018 Strafzölle auf Stahl, Aluminium, Whiskey und | |
Motorräder einführte, knickte bei Harley der Umsatz ein. Das Unternehmen | |
kündigte sogar eine Verlagerung der Produktion nach Thailand an, Trump | |
tobte. Jetzt droht die EU mit Strafzöllen im Wert von rund 21 Milliarden | |
Euro auf Jeans, Motorräder, Stahl- und Aluminiumprodukte. Außerdem ist eine | |
zweite Liste mit US-Produkten im Wert von insgesamt rund 72 Milliarden Euro | |
in Arbeit. Darauf stünden dann Flugzeuge von Boeing, Maschinen, Autos, | |
Chemikalien, medizinische Geräte und auch Bourbon-Whiskey aus den USA. Das | |
wäre deutlich weniger als die US-Aufschläge, die europäische Waren im | |
Wert von rund 370 Milliarden Euro betreffen. | |
## 4. Warum zittern die Winzer vor Trump? | |
In Baden und Württemberg, in Franken und an der Mosel begünstigte das | |
feuchte Frühjahr Pilzkrankheiten. Auch Spätfrost, Hagel, Sturm und Regen | |
setzten den Weinreben zu. Die USA sind einer der größten Nettoimporteure | |
von deutschem Wein, vor allem von Riesling. „Für uns würde ein Zoll von 30 | |
Prozent den Markt abwürgen“, sagt Winzer Johannes Selbach aus Zeltingen an | |
der Mosel. Auch Europas Getränkelobby ist beunruhigt und hat sich gegen | |
Konterzölle auf US-Wein ausgesprochen. Der Grund: massive Angst, vor allem | |
in den Weinländern Frankreich, Italien und Spanien. | |
## 5. Können Trumps Zölle den Krieg in der Ukraine beenden? | |
Wohl kaum. Trump hat Russlands Präsident Wladimir Putin eine Frist von 50 | |
Tagen gesetzt, um den Krieg gegen die Ukraine zu beenden. Dann würden | |
russische Importe mit 50 Prozent Zoll belegt. Eine hohle Drohung, weil | |
Russland kaum noch Waren in den USA verkauft. Interessanter ist Trumps | |
zweiter Twist: Handelspartnern Moskaus drohte er mit Strafzöllen von 100 | |
Prozent. [3][Der wichtigste: China.] Fast die Hälfte der russischen Im- und | |
Exporte gehen nach oder kommen aus der Volksrepublik, vor allem Erdgas und | |
Öl. Dieser Punkt dürfte also bei den Zollverhandlungen mit Peking eine | |
Rolle spielen. | |
18 Jul 2025 | |
## LINKS | |
[1] /Handelsstreit-zwischen-USA-und-Brasilien/!6100281 | |
[2] https://www.tagesschau.de/ausland/amerika/taco-man-trump-100.html | |
[3] /Trump-Zoelle/!6097378 | |
## AUTOREN | |
Kai Schöneberg | |
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