Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Gesetzentwurf passiert Kabinett: Dobrindt stattet Bundespolizei mit…
> Der CSU-Innenminister will 10.000 solcher Waffen anschaffen, dabei ist
> der Einsatz umstritten. Die Grünen vermissen eine aufrechte Debatte.
Bild: Endlich hat die deutsche Polizei eine weitere Waffe mit niedriger Hemmsch…
Berlin taz | In verschiedenen Bundesländern werden sie bereits eingesetzt,
nun soll auch die Bundespolizei flächendeckend sogenannte
Distanz-Elektroimpulsgeräte nutzen, die umgangssprachlich als Taser bekannt
sind. Das Kabinett beschloss am Mittwoch [1][einen entsprechenden
Gesetzentwurf] aus dem Innenministerium (BMI).
Konkret geht es um eine Erweiterung des „Gesetzes über die Ausübung
unmittelbaren Zwangs durch Vollzugsbeamte des Bundes“ (UZwG). Der Taser
soll die bisherige Ausrüstung –Einsatzstock, Reizstoffsprays, Dienstpistole
– ergänzen.
Das Gerät stehe „für moderne Sicherheitspolitik“, es schütze die Polizei
und wirke deeskalierend in Gefahrensituationen, erklärte Innenminister
Alexander Dobrindt (CSU). Dies sei bei Erprobungen festgestellt worden, die
von der Bundespolizei seit fünf Jahren durchgeführt würden. Demnach hätten
200 speziell geschulte Einsatzkräfte die Geräte bei über 40.000 Einsätzen
mitgeführt. In 132 Fällen sei der Einsatz angedroht worden, in 16 Fällen
kam es laut BMI zur tatsächlichen Anwendung.
Mit einem Taser können Polizist*innen aus geringer Distanz zwei
Elektroden abschießen, die unter der Haut schmerzhafte Muskelkontraktionen
sowie eine vorübergehende Handlungsunfähigkeit bewirken. „Wenn man eine
Person beispielsweise mit einer Schlag- oder Stichwaffe auf Distanz halten
muss, dann ist der Taser eine mögliche Wahl der Mittel“, sagte Dobrindt.
10.000 Geräte sollen beschafft werden. Im Bundeshaushalt 2025 schlägt die
Beschaffung mit 5 Millionen Euro zu Buche, in den kommenden Jahren sollen
vergleichbare Beträge aufgewendet werden.
## Bestimmte Gruppen sind für die Wirkung besonders anfällig
Tests hätten „keine Hinweise auf gesundheitliche Risiken“ ergeben, teilte
das BMI mit. In keinem Fall sei es zu behandlungsbedürftigen Verletzungen
gekommen, mehrere wissenschaftliche Studien würden die Sicherheit der
Geräte bestätigen.
Dabei sind sie vor allem [2][deshalb umstritten]. Denn verschiedene
Gruppen, darunter ältere Menschen, Schwangere sowie Personen mit
gesundheitlichen Problemen und solche, die unter Drogeneinfluss stehen,
sind für [3][die Wirkung des Tasers besonders anfällig]. In den vergangenen
sieben Jahren wurden in Deutschland [4][elf Todesfälle nach polizeilichen
Taser-Einsätzen] dokumentiert.
„Taser sind ein genauso gefährliches Werkzeug wie die Schusswaffe“, sagte
Thomas Feltes, emeritierter Professor für Kriminologie und
Polizeiwissenschaft der Ruhr-Universität Bochum, der taz. Die
gesundheitlichen Risiken eines Einsatzes seien „nicht kalkulierbar“. So
könne von Beamten nicht eingeschätzt werden, ob das Gegenüber
gesundheitliche Einschränkungen habe.
Zudem sinke die Hemmschwelle „durch eine von der Politik implizierte
geringere Gefährlichkeit des Tasers im Vergleich zur Schusswaffe“, so
Feltes. Recherchen aus den USA zeigten außerdem, dass [5][die Geräte nicht
immer zuverlässig funktionieren würden.] Somit könnte es für Beamte zu
kritischen Situationen kommen, „weil der Taser die Gefahr nicht behebt,
sondern die Polizisten gefährdet“.
Bisher setzen [6][zehn Bundesländer Taser im Streifendienst ein], einige
lehnen den Einsatz jedoch mit Verweis auf die Nachteile ab. Dobrindt räumte
ein, dass die Befürworter vor allem in den Reihen der Polizei selbst zu
finden seien.
## SPD-Politiker Wiese begrüßt Kabinettsbeschluss
Doch auch vom Koalitionspartner kommt Zustimmung. „Ich begrüße es, dass die
Bundesregierung das entsprechende Gesetz zum flächendeckenden Einsatz von
Tasern nun beschließt und hatte mich auch in den Koalitionsverhandlungen
dafür eingesetzt“, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der
SPD-Fraktion, Dirk Wiese, der taz. Gerade in gefährlichen Einsatzlagen
könne der Taser ein wichtiges Mittel sein, „um Gewalt zu deeskalieren und
die Sicherheit sowohl der Einsatzkräfte als auch der betroffenen Personen
zu erhöhen“.
Die Grünen hingegen melden Bedenken an. „Innenminister Dobrindt tut so, als
sei die Diskussion zum Taser-Einsatz abgeschlossen – dabei ist bis heute
noch nicht einmal das Pilotprojekt beendet, geschweige denn ausgewertet“,
bemängelt der innenpolitische Sprecher der Partei im Bundestag, Marcel
Emmerich.
„Statt auf belastbare Daten und eine fundierte Folgenabschätzung zu warten,
werden nun Fakten geschaffen und so Menschen in Gefahr gebracht.“ Das
Vorgehen sei „nicht nur sicherheitspolitisch überhastet, sondern auch
grundrechtlich fahrlässig“.
Der Bundestag muss dem Gesetzentwurf noch zustimmen, der Termin steht aber
noch nicht fest. Die [7][rund 45.000 Bundespolizist*innen] sind unter
anderem für Grenzschutz, Bahnpolizei und Luftsicherheit zuständig.
23 Jul 2025
## LINKS
[1] /-Dobrindts-Taser-Vorstoss/!6090052
[2] https://verfassungsblog.de/polizei-und-taser/
[3] https://my.axon.com/sfc/servlet.shepherd/document/download/069f3000006M8cOA…
[4] https://polizeischuesse.cilip.de/taser
[5] https://www.apmreports.org/episode/2019/05/09/when-tasers-fail
[6] https://www.dpolg.de/aktuelles/news/dpolg-fordert-einfuehrung-des-tasers/
[7] https://bundespolizei.de/die-bundespolizei/unser-auftrag
## AUTOREN
Sönke Gorgos
## TAGS
Taser
Alexander Dobrindt
Bundespolizei
Polizeigewalt
Innere Sicherheit
Polizei
GNS
Schwerpunkt Überwachung
Polizeigewalt
Schwarz-rote Koalition in Berlin
## ARTIKEL ZUM THEMA
Verfassungsbeschwerde gegen Palantir: Klage gegen umstrittene US-Überwachungss…
Die Gesellschaft für Freiheitsrechte klagt gegen die KI-gestützte Software
des Antidemokraten Peter Thiel. Sie spioniere auch Unverdächtige aus.
Dobrindts Taser-Vorstoß: Deeskalation statt Elektroschocker
Die Einführung von Tasern wird hierzulande erhebliche Polizeigewalt nicht
nur weiterhin normalisieren, sondern ist auch verdammt gefährlich.
Taser bei der Berliner Polizei: Elektroschocker im Dauereinsatz
Berlins Polizei besitzt mittlerweile mehr als 250 Taser und setzt diese
häufig ein. Die Betroffenen werden dabei oft verletzt, zeigen nun aktuelle
Zahlen.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.