# taz.de -- EU-China-Gipfel: Verhärtete Fronten | |
> Der EU-China-Gipfel am Donnerstag in Peking dürfte nicht feierlich | |
> verlaufen. Ob Ukraine, Handel oder Menschenrechte: Es gibt viele | |
> Streitpunkte. | |
Bild: Schweres Fahrwasser: Seit Jahren fordert die EU von China mehr Marktzugan… | |
Seoul taz | Eigentlich gäbe es viel zu feiern, wenn am Donnerstag in Peking | |
europäische und chinesische Spitzenpolitiker aufeinandertreffen – allen | |
voran das 50-jährige Bestehen diplomatischer Beziehungen. Doch stattdessen | |
dürfte der EU-China-Gipfel alles andere als feierlich verlaufen. „Wir | |
sollten mit einem sehr schwierigen Treffen rechnen, es ist nicht der Moment | |
fürs Abschließen von Deals“, sagt Abigaël Vasselier von Merics, der | |
führenden europäischen Denkfabrik mit Fokus auf China. | |
Das zeigt bereits die Agenda des Gipfeltreffens, welche von ursprünglich | |
zwei Tagen auf einen Tag geschrumpft ist. Im Mittelpunkt stehen die | |
Gespräche von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen mit Chinas | |
Staatschef Xi Jinping und [1][Premier Li Qiang]. Derzeit wäre es für die | |
chinesische Staatsführung ein Leichtes, die Europäer mit Zugeständnissen zu | |
umwerben. Der als unberechenbar geltende US-Präsident Donald Trump hat mit | |
seiner aggressiven Handelspolitik und polternden Rhetorik dafür | |
Steilvorlagen geliefert. | |
Doch während der vergangenen Wochen zeigte sich, wie verhärtet die Fronten | |
sind. Beim Ukrainekrieg, dem zentralen außenpolitischen Streitpunkt, sind | |
zwischen der EU und China längst die Masken der Höflichkeit gefallen. Zu | |
Beginn des Monats sagte Außenminister Wang Yi im Gespräch mit Kaja Kallas | |
in Brüssel, China könne nicht zulassen, dass Russland den Krieg verlieren | |
werde. Dies würde die USA ermutigen, sich stärker auf den Indopazifik und | |
die Eindämmung Chinas zu konzentrieren. Das ist eine bemerkenswerte | |
Aussage, besteht Peking doch in seiner offiziellen Propaganda stets darauf, | |
neutral in diesem Konflikt zu sein. | |
Wang machte seine Bemerkungen zwar nur im Hintergrundgespräch, doch seine | |
Worte wurden von mehreren europäischen Diplomaten geleakt. Kallas hingegen | |
äußerte ihre Kritik gegenüber China öffentlich: Sie warf der Volksrepublik | |
vor, einerseits bessere Beziehungen mit Europa zu fordern, doch | |
gleichzeitig einen Krieg auf europäischen Boden zu ermöglichen. Chinesische | |
Unternehmen seien „Moskaus Rettungsanker, um seinen Krieg gegen die Ukraine | |
aufrechtzuerhalten“. | |
## Täglich fast eine Milliarde Handelsdefizit | |
Denn China hält nicht nur Putins Kriegskasse mit massiven Ölimporten am | |
Laufen, sondern exportiert auch nach Schätzungen rund 85 Prozent jener | |
„Dual use“-Produkte, die das russische Militär für seine Offensiven | |
benötigt. Zuletzt hat dies eine Recherche des Kyjiw-Büros der ARD empirisch | |
belegt: Sie haben die russischen Drohnen, die Nacht für Nacht die | |
ukrainische Zivilbevölkerung terrorisieren, in ihre Einzelteile zerlegt. | |
Und fanden dadurch heraus, dass diese zu 60 Prozent aus chinesischer | |
Herstellung stammen. | |
Auch beim Handel, dem für beide Seiten wichtigsten Thema, sind Fortschritte | |
unwahrscheinlich. Seit Jahren fordert die EU besseren Marktzugang und | |
fairen Wettbewerb. Doch Peking ist nicht zu Zugeständnissen bereit. | |
Ausländische Firmen werden systematisch benachteiligt, während Chinas | |
Industriepolitik mit massiven Subventionen Überkapazitäten schafft, die zu | |
Dumpingpreisen exportiert werden. Seit die USA ihren Markt mit hohen Zöllen | |
abschotten, fluten chinesische Waren Europa. Das Handelsdefizit der EU | |
gegenüber China erreicht Rekordhöhen: Täglich beträgt es fast eine | |
Milliarde Euro. | |
Zudem spielt China seit dem Frühjahr eine neue Machtkarte aus: [2][Es | |
schränkt die Ausfuhr Seltener Erden drastisch ein]. Diese Rohstoffe, | |
unverzichtbar für Computerchips und Elektroautos, kontrolliert China fast | |
vollständig. Bei der Produktion hält es 60 Prozent des Weltmarkts, bei der | |
Verarbeitung sogar 90 Prozent. Westliche Armeen sind mittlerweile | |
vollkommen von den Rohstoffen abgeschnitten, internationale Unternehmen | |
stark eingeschränkt. | |
## Beim Klimawandel ist die EU auf China angewiesen | |
„Die Chinesen werden noch drei bis vier Jahre dieses harte Monopol haben“, | |
sagt Andreas Kroll, Rohstoffhändler und führender Finanzmarktanalyst mit | |
Schwerpunkt auf Seltene Erden: „Aber sie werden es verlieren“. Der Rest der | |
Welt, einschließlich Europa, investiert derzeit massiv in den Aufbau | |
eigener Minen zum Abbau Seltener Erden. Bis diese Projekte greifen, bleibt | |
die EU bei Zukunftstechnologien, Medizin und Rüstung von China abhängig. | |
Und diese Abhängigkeit wird Chinas Staatsführung natürlich auch beim | |
Gipfeltreffen nutzen, um Konzessionen von der EU zu erhalten. | |
Gleichzeitig ist Brüssel auf Chinas Kooperation im Kampf gegen den | |
Klimawandel angewiesen. China ist der größte CO2-Emittent und zugleich | |
führend bei erneuerbaren Energien. [3][Die Weltwirtschaft nachhaltig zu | |
transformieren kann nur gemeinsam mit dem Reich der Mitte gelingen]. Doch | |
je angespannter die Beziehungen, desto weniger zeigt sich China | |
gesprächsbereit. Peking fordert von Brüssel: Entweder ihr akzeptiert uns | |
als Partner oder ihr behandelt uns als Systemrivalen. | |
Chinas Kompromisslosigkeit zeigt sich auch in anderen Bereichen. Kritik an | |
den Umerziehungslagern in der Region Xinjiang nennt Peking | |
„antichinesische Lügen“. Die jüngsten Sanktionen gegen Russland, die auch | |
zwei chinesische Firmen betreffen, basierten angeblich auf „erfundenen | |
Anschuldigungen“. Und als eine chinesische Fregatte zuletzt im Roten Meer | |
ein deutsches Aufklärungsflugzeug mit einem Laser ins Visier nahm, wies das | |
Außenministerium sämtliches Fehlverhalten kategorisch ab. | |
23 Jul 2025 | |
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## AUTOREN | |
Fabian Kretschmer | |
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