# taz.de -- Bütikofer über EU-China-Treffen: „Das wird ein Tiefpunkt-Gipfel… | |
> Der China-Experte Reinhard Bütikofer erwartet beim EU-China-Treffen vor | |
> allem: Streit. Gleichzeitig müsse die EU härter gegen Peking auftreten. | |
Bild: Ein chinesischer Mitarbeiter beim Klimadialog zwischen China und der EU i… | |
taz: Herr Bütikofer, Chinas Regierung hat letzte Woche Ihre Einreisesperre | |
aufgehoben. Widerlegt China damit diejenigen, die eine Verhärtung Pekings | |
gegenüber der EU festgestellt haben? | |
Reinhard Bütikofer: Dass Peking jetzt die 2021 verhängten | |
Reisebeschränkungen gegen vier Europaparlamentarier und mich aufhebt, ist | |
da kein Gegenbeweis. Diese Sanktionen haben China mehr geschadet als uns. | |
Trotzdem gibt Peking nur häppchenweise nach und hält manche Sanktionen | |
weiterhin aufrecht. Insbesondere aber geht Peking substanziell in keinem | |
Bereich auf die EU zu. Außenminister Wang Yi hat in Brüssel unsere Kritik | |
an Chinas Unterstützung für Russlands Ukrainekrieg offensiv gekontert, das | |
Neutralitätsgerede fallen lassen und erklärt, China habe ein Interesse | |
daran, dass Putin diesen Krieg nicht verliert. Und auch handelspolitisch | |
fährt die Volksrepublik weiter einen Konfliktkurs. | |
taz: Die EU hat als Reaktion auf Chinas Sanktionen gegen Sie ein | |
ausgehandeltes Investitionsabkommen auf Eis gelegt. Sollte sie es jetzt | |
aktivieren? | |
Bütikofer: Nein. Dieses Investitionsabkommen war damals schon fragwürdig | |
und wäre heute gewiss kein Instrument, um unsere Wirtschaftsinteressen | |
gegenüber China wirksam zu vertreten. Das sieht nicht nur die Europäische | |
Kommission so, sondern auch der Bundesverband der Deutschen Industrie. Der | |
Zug ist abgefahren. | |
taz: Hat Europa überhaupt noch Einfluss auf China? Spricht die EU aus Sicht | |
Pekings nicht viel zu selten mit einer Stimme und wird deshalb nicht ernst | |
genommen? | |
Bütikofer: Wir Europäer sind gegenüber China durch große Versäumnisse von | |
Wirtschaft und Politik in manche Abhängigkeit geraten, etwa bei Seltenen | |
Erden. Aber umgekehrt ist Peking, auch wegen Trumps Hartleibigkeit, stark | |
am Zugang zu unserem Markt und unseren guten Technologien interessiert. | |
Daraus kann die EU einen Hebel machen. Europäische Akteure allerdings, die | |
immer noch meinen, man müsse vor allem Peking gut zureden, die nimmt man in | |
China nicht ernst. Zu Recht. | |
taz: Europas Verhältnis mit China hat wegen Pekings engen Beziehungen zu | |
Moskau im Ukrainekrieg und der Exportschwemme subventionierter Güter einen | |
Tiefpunkt erreicht. Was erwarten Sie von dem Gipfel? | |
Bütikofer: Sie haben das richtig beschrieben. Deshalb wird das ein | |
Tiefpunkt-Gipfel! Es wird dort streitig zugehen. Vorzeigbare Ergebnisse | |
erwarte ich nicht. Aber Europa würde mit Beschönigen nichts gewinnen. | |
Peking muss begreifen, dass die EU hart sein kann, obwohl sie öfter wie ein | |
Hühnerhaufen aussieht. | |
taz: Peking und Brüssel lehnen Trumps Zolldrohungen ab. Bietet das Chancen | |
der Annäherung? | |
Bütikofer: Andersrum! Weil Trump den US-Markt mehr und mehr gegen China | |
abschottet, droht der EU als dem anderen großen Markt ein noch höherer | |
Druck durch den Export hoch subventionierter chinesischer Überproduktion, | |
für die es in China selbst keinen Absatz gibt. Das gilt für viele Branchen. | |
Zugespitzt gesagt: Wenn wir nicht aufpassen, führt unfairer Wettbewerb zu | |
einer Deindustrialisierung Europas „made in China“. | |
taz: Muss Europa zur Abwehr der chinesischen Exportschwemme bald selbst | |
höhere [1][Zölle] einführen? | |
Bütikofer: Zölle, wie von der Kommission bei Elektroautos mit guter | |
Begründung verhängt, sind ein Instrument neben anderen. Wir haben auch das | |
Procurement-Instrument [Regeln für internationales Beschaffungswesen, d. | |
Red.] oder das Foreign Subsidy Instrument [Verordnung über | |
Drittstaatssubventionen, d. Red.]. Und wir können bei chinesischen | |
Investitionen in Europa genauer hinschauen. Zum Beispiel hat der Verband | |
Deutscher Maschinen- und Anlagenbau auf die mögliche Einführung von | |
Local-content-Regelungen hingewiesen. | |
taz: Unter Xi Jinping sind die Spielräume der chinesischen | |
Zivilgesellschaft weiter beschnitten worden. Wie sollte da eine europäische | |
Menschenrechtspolitik aussehen? | |
Bütikofer: Wir müssen zu Hause zeigen, dass wir Menschenrechte nicht nur | |
anderen gegenüber predigen. Wir müssen China gegenüber etwa die | |
Zwangsarbeit, der viele Uiguren unterworfen werden, nicht nur benennen, | |
sondern solche Produkte auch von unserem Markt verbannen. Und wir müssen | |
aufpassen, dass wir nicht unglaubwürdig werden, weil unsere | |
Menschenrechtspolitik international selektiv kritisiert. | |
taz: [2][Peking droht Taiwan immer unverhohlener] und bereitet eine | |
Blockade der Insel vor. Wie sollte Europa reagieren? | |
Bütikofer: Aus eigenen Interesse dürfen wir Europäer nicht wegschauen. | |
Diese Bundesregierung und die vorherige haben jeweils klar gesagt, dass der | |
Status quo dort nicht einseitig und schon gar nicht durch Gewalt oder Zwang | |
geändert werden darf. Wir müssen Peking deutlich machen, dass es für | |
gefährliche Abenteuer einen hohen Preis zahlen würde. Und unsere | |
Solidarität mit dem demokratischen Taiwan sollten wir ausbauen. | |
23 Jul 2025 | |
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## AUTOREN | |
Sven Hansen | |
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