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# taz.de -- Xueci Cheng über Foodblogging: „Viele chinesische Zutaten werden…
> Auf Social Media kocht Xueci Cheng Rezepte aus Sichuan. Ein Gespräch über
> das Gefühl, nicht gesehen zu werden – und die Kunst, mit Tofu zu kochen.
Bild: Bringt die Küche ihrer Kindheit ins Netz: Foodbloggerin Xueci Cheng
Ein Gasherd wäre besser. Leider gibt es die in Berliner Wohnungen immer
seltener. Xueci Cheng seufzt und hält die Hand prüfend über das Öl im Wok.
Aber es geht schon. Mapo Tofu soll es heute geben, der Pfeffer ist neu, sie
hat ihn bei ihrer letzten Reise aus Sichuan mitgebracht. Ganz hinten in der
schmalen Küchenzeile steht ein bauchiges Gefäß aus Glas, darin hat sie
buntes Gemüse zum Fermentieren eingelegt. „Jeden Tag hoffe ich, dass es
nicht schiefgeht“, sagt Cheng und lacht nervös. Mit dem Tofu geht
jedenfalls alles gut. Wir essen, bevor wir uns unterhalten.
taz: Xueci Cheng, hattest du schon immer eine Leidenschaft fürs Essen?
Xueci Cheng: Ich glaube schon. In meiner Familie gab es ein großes
Interesse, Neues auszuprobieren. Ich erinnere mich, dass wir in meiner
Kindheit in China ständig mit dem Auto zu irgendwelchen Restaurants in the
middle of nowhere gefahren sind, nur um da zum Beispiel so eine Entensuppe
zu essen, weil es angeblich die beste in der Gegend war. Seitdem suche
ich immer gutes Essen.
taz: Hast du von deinen Eltern kochen gelernt?
Cheng: Eigentlich habe ich erst kochen gelernt, als ich 2015 für mein
Studium nach Deutschland gekommen bin. In meiner Familie wurde mehr Wert
auf die Schularbeit gelegt, als in der Küche zu helfen. Ich bin in Cangxi
geboren, einer kleinen Stadt im Norden Sichuans. Meine Eltern leben da
immer noch. Bis zur zweiten Klasse bin ich dort in die Grundschule
gegangen, danach wurde ich auf ein Internat in Mianyang geschickt, das ist
die zweitgrößte Stadt in Sichuan. Da habe ich etwa zehn Jahre verbracht und
danach in Chengdu die Uni besucht – ich bin also in drei Städten
aufgewachsen.
taz: Warum bist du so früh von zu Hause weggegangen?
Cheng: Die Bildungschancen in China waren damals stark auf größere Städte
konzentriert – gerade Anfang der 2000er boomten Internate. Dort konnte ich
zum Beispiel Englisch von Muttersprachler:innen lernen, wofür ich sehr
dankbar bin. Das hat mich letztlich auch dazu bewegt, später im Ausland zu
studieren. Gleichzeitig war es schwer, schon in der zweiten Klasse von zu
Hause wegzugehen. Es hat mich früh selbstständig gemacht, aber ich habe
auch oft meine Eltern vermisst.
taz: Als Foodbloggerin stellst du Gerichte deiner Kindheit und Jugend vor
und erzählst dabei auch von deiner Familiengeschichte und von chinesischen
Traditionen. Warum ist dir das wichtig?
Cheng: Über das Kochen habe ich wieder Zugang zu meinen kulturellen Wurzeln
gefunden und Gerichte neu entdeckt, mit denen ich aufgewachsen bin.
Gleichzeitig ist es eine Brücke zu anderen, die sich für [1][chinesische
Esskultur] interessieren – aus chinesischer Perspektive. Auch wenn
chinesisches Essen inzwischen im Trend liegt, ist es in englisch- und
deutschsprachigen Medien immer noch unterrepräsentiert. Viele Gerichte und
Zutaten werden missverstanden, zum Beispiel Tofu. Ich habe zwei Videos
darüber gemacht, weil viele ihn als langweilig empfinden. Dabei ist er
unglaublich vielseitig und lecker, wenn man ihn richtig zubereitet.
taz: Die Sichuanküche ist heute relativ bekannt, oder?
Cheng: Die ersten chinesischen Restaurants im Ausland – vor allem in
Großbritannien und den USA – waren stark von kantonesischen Communitys
geprägt. Klassiker wie gebratene Nudeln oder Schwein süß-sauer stammen
ursprünglich von dort, wurden aber oft dem westlichen Geschmack angepasst.
Mittlerweile ist die Sichuanküche etablierter. Es gibt jetzt diesen Trend
zu Malatang, also Mini-Hotpot-Restaurants.
taz: Isst du oft auswärts?
Cheng: Heute schon, in Berlin kann man sehr gut essen gehen, und wenn ich
eine Weile unterwegs war, freue ich mich vor allem auf eine gute
vietnamesische Nudelsuppe. Aber als ich als Studentin nach Berlin gekommen
war, hatte ich nicht so viel Geld. Da gab es nur wenige Möglichkeiten,
günstig auswärts zu essen, außer Döner zum Beispiel. Deutsche Küche ist
besser, als man denkt, ich mag Knödel, und Sauerkraut finde ich auch ganz
gut. Aber das Essen in der Kantine war mies. Deshalb habe ich mir einen
Reiskocher gekauft und manchmal nur Reis mit Chiliöl und Sojasoße
gegessen. Irgendwann habe ich im Internet ein Rezept für kongpao chicken
gesucht. Im Prinzip habe ich Kochen gelernt wie ein chinesisches Kind:
Tomaten mit Ei, später dann Dumplings.
taz: War es dir wichtig, zuerst chinesisch kochen zu lernen, bevor du dich
mit anderen Küchen beschäftigst? Du hättest ja auch mit italienisch kochen
anfangen können …
Cheng: Stimmt, aber ich glaube, das hat damit zu tun, wie man geschmacklich
gebaut ist. Ich habe die ersten 20 Jahre meines Lebens in China verbracht,
mit 21 bin ich nach Deutschland gekommen, da war ich schon sehr auf
chinesisches Essen ausgerichtet.
taz: Wie meinst du das?
Cheng: Zum Beispiel muss ich jeden Tag warm essen. Und wenn ich Lust auf
Nudeln habe, dann eher auf chinesische Nudeln als auf Pasta. Trotzdem habe
ich später auch andere Rezepte ausprobiert, italienische, spanische,
koreanische … Aber zuerst wollte ich lernen, nach meinem Geschmack zu
kochen, meine eigenen cravings zu stillen.
taz: Wolltest du jemals Köchin werden?
Cheng: Ich habe Respekt vor Leuten, die professionell kochen. Aber ich mag
vor allem Schreiben und Recherchieren. Die Ausbildung zur Köchin wäre für
mich zu anstrengend gewesen. Ich mag das Kreative an dem Job – aber nicht
genug, um jeden Tag dasselbe Gericht zu üben oder Knoblauch in ganz
perfekte Scheiben zu schneiden.
taz: Du schneidest dafür Videos.
Cheng: Videos sind auf jeden Fall wichtig – wie sollen die Leute mich sonst
finden? Das Internet ist riesengroß und eigentlich kennt mich dort niemand.
Ich bin sehr dankbar, dass sich ein paar meiner Videos etwas mehr
verbreitet haben und die Leute dadurch sehen konnten, wer ich bin und was
ich mache.
taz: Inzwischen folgen dir auf [2][Instagram] knapp 45.000 Menschen, bei
Tiktok sind es knapp 30.000. Fällt es dir leicht, vor der Kamera
aufzutreten?
Cheng: Ich bin ein eher schüchterner Mensch. Und ich poste auch nicht so
gern aus meinem Privatleben. Einerseits geht es mir da um Sicherheit, ich
will nicht, dass Leute wissen, wo ich wohne. Und es hat auch mit
Überwindung zu tun – manche Leute können von Natur aus ganz entspannt in
die Kamera sprechen. Zu denen gehöre ich nicht. Ich finde es immer ein
bisschen cringe, wenn ich auf der Straße oder in einem Restaurant ein Video
von mir mache. Außerdem finde ich mein Leben nicht besonders interessant.
Meistens sitze ich an einem Tisch, schreibe Texte oder bearbeite Videos.
taz: Für viele in der Branche gehört es dazu, dass sie ihre Freund*innen
zeigen, den oder die Partner*in oder Urlaubsbilder.
Cheng: Ich verstehe, dass es für meine Follower spannend ist, was ich
behind the scenes mache. Aber ich will meine Freunde nicht filmen, wenn sie
das nicht wollen. Auch mein Freund will in meinen Videos nicht zu sehen
sein. Er hat eine sehr deutsche Einstellung zu sozialen Medien, das
respektiere ich natürlich.
taz: Im Sinne von Datenschutz?
Cheng: Ja. In China ist das anders, da geht man irgendeine Straße entlang,
und dort stehen lauter Leute mit Stativ und Handy, die live streamen.
Manchmal läuft man da im Hintergrund durch, aber niemand denkt, dass
dadurch die Privatsphäre verletzt wird. Die Leute sind lockerer mit so was.
Hier hingegen hatte ich neulich eine chinesische Freundin aus China zu
Besuch, sie wollte auf der Torstraße unbedingt einen Tiktok-Tanz filmen.
Sofort sind viele Leute stehen geblieben, als sei das eine Attraktion. In
China: nobody cares!
taz: Du entwickelst Rezepte, gibst Kochkurse, aber verdienst dein Geld auch
durch Markenkooperation und Werbung auf Social Media. Oft lässt sich nicht
gut planen, ob ein Beitrag da gut läuft oder nicht. Wie gehst du mit dieser
Unsicherheit um?
Cheng: Das ist schwierig. In einer Firma kriegst du jeden Monat deinen
Lohn, egal ob dein Content gut performt oder nicht. Wenn ich mir bei einem
Post viel Mühe gegeben habe und er dann kaum jemanden erreicht, ist das
schon enttäuschend. Immerhin haben Klickzahlen keinen direkten Einfluss auf
mein Einkommen, weil ich in der Regel einen festen Betrag pro Video
berechne. Mit Unsicherheit muss man als Selbstständige trotzdem immer
umgehen. Aber Content, der nicht gut läuft, ist nicht das Ende der Welt. Es
gibt ja auch noch das reale Leben.
taz: Kannst du gut abschalten?
Cheng: Man entwickelt Strategien. Manchmal poste ich Videos zum Beispiel
kurz bevor ich zum Yoga gehe. Da ist mein Handy aus und ich denke nicht die
ganze Zeit darüber nach, wie viele Leute das jetzt schon gelikt oder
geteilt haben. Außerdem mache ich einen Deutschkurs, das ist auch toll,
weil meine Mitschüler nicht wissen, dass ich Content Creator bin. Ich bin
dort eine normale Person, ich muss nicht über Instagram reden. Es ist
wichtig, sich emotional etwas unabhängig zu machen von dieser digitalen
Welt. Sonst ist das ungesund.
taz: Verstehen deine Eltern deinen Job?
Cheng: Ich glaube, ein Teil meiner Familie denkt, dass ich arbeitslos bin,
weil ich keine Festanstellung habe (lacht). Aber gleichzeitig ist die
Social-Media-Industrie in China sehr, sehr mächtig. Die Plattformen Red
Note und Douyin spielen eine riesige Rolle. Meine Eltern folgen dort auch
Leuten, die Essen kochen, deshalb verstehen sie, wie es funktioniert und
wie man mit Sponsoren Geld macht und Produkte bewirbt. Generell
unterstützen meine Eltern meine Entscheidung. Das ist cool, weil viele
chinesische Eltern eher wollen, dass ihr Kind in einer Consultingfirma oder
in Big Tech arbeitet.
taz: Was früher Medizin oder Jura war, ist jetzt die Techbranche?
Cheng: Genau. Oder eine Beamtenstelle, wegen der Stabilität. Manchmal sagt
mein Vater auch: Wenn das nicht gut geht, machst du vielleicht wieder einen
normalen Job. Aber im Moment ist es okay. Jedes Mal, wenn ich nach China
komme, begleiten sie mich in kleinere Städte. Ich recherchiere dort etwas
und sie freuen sich, dass wir zusammen essen gehen und sind neugierig, was
ich bestelle.
taz: Früher haben sie dich mitgenommen, jetzt ist es andersherum …
Cheng: Das sagen sie auch immer. Ich entdecke manchmal Restaurants oder
Streetfood-Stände, die es nur an einem abgelegenen Ort gibt. Meine Eltern
sagen dann: Wow, wie hast du das gefunden, das liegt ja total im Nirgendwo,
kann man da überhaupt parken?
taz: Wo genau findest du solche Orte?
Cheng: Normalerweise mache ich vor jeder meiner Chinareisen eine Liste von
Dingen, die ich essen will. Meistens finde ich Zutaten oder Gerichte in
alten Büchern, manchmal auch auf der Onlineplattform Red Note. Neulich sind
wir nach Ya'an gefahren, das ist westlich von Chengdu, nahe dem tibetischen
Teil von Sichuan. Dort liegt Hanyuan, das ist die Gegend, wo Sichuanpfeffer
wächst. Und der ist zwar berühmt, aber Hanyuan selbst nicht. Ich glaube,
selbst viele Chinesen kennen das nicht.
taz: Es passiert ja kaum noch, dass man irgendwo hinfährt ohne zu wissen,
was einen erwartet …
Cheng: In Hanyuan sehen manche Viertel noch aus wie in den Achtzigern. Im
Gegensatz zu anderen historischen Orten, die inzwischen stark
kommerzialisiert wurden, sieht man dort noch Steinstraßen, Holzhäuser und
verblasste Slogans aus der Mao-Zeit an den Wänden. Wir haben sogar ein
älteres Ehepaar getroffen, das seit über 30 Jahren das gleiche Fladenbrot
mit Sichuanpfeffer und Salz macht. So etwas ist heute selten geworden. Und
wir haben dort zum ersten Mal Sichuanpfefferblätter gegessen. Sie schmecken
ähnlich wie die Körner, aber weniger scharf, nur leicht betäubend.
taz: Viele verbinden mit Sichuanküche vor allem Schärfe.
Cheng: Dabei stimmt das gar nicht unbedingt. Bei meiner Großmutter gibt es
viel frisches Gemüse, selbstgemachte Wurst oder eingelegtes Fleisch.
Natürlich gehören Chili und Pfeffer zur regionalen Küche dazu. Aber in
kongpao chicken ist zum Beispiel nur etwas getrocknetes Chili, und die
yuxiang-Auberginen, die es jetzt auch in vielen Restaurants in Deutschland
gibt, sind eher salzig und etwas sauer. Von dieser Vielfalt will ich den
Leuten erzählen.
taz: Siehst du dich irgendwann in China leben und arbeiten?
Cheng: In Deutschland gibt es mehr Work-Life-Balance, zumindestens im
Bereich Social Media. Und ich mag Berlin sehr gern, ich bin jetzt zehn
Jahre hier, hab mein Leben aufgebaut, mit meinem Freundeskreis und meiner
Community. Aber es wäre cool, wenn ich jedes Jahr nach China reisen und
Zeit mit meiner Familie verbringen könnte.
taz: Hat es auch [3][politische Gründe], dass du nicht zurückwillst?
Cheng: Eher nicht, es geht für mich mehr darum, wo ich verwurzelt bin.
taz: Welche Zutaten sollte man zu Hause haben, wenn man chinesisch kochen
will?
Cheng: Ich glaube, manche Leute stressen sich damit zu sehr. Eigentlich
braucht man nur helle Sojasauce, chinesischen Essig, Sesamöl, dunkle
Sojasoße, ein Chiliöl und Sichuanpfeffer vielleicht. Das ist eine gute
Basis. Für Fortgeschrittene würde ich noch Shaoxing-Wein empfehlen und eine
Sesampaste. Ingwer, Knoblauch und getrocknetes Chili bekommt man ja
mittlerweile in jedem deutschen Supermarkt.
taz: Und was wäre ein gutes Gericht zum Einstieg?
Cheng: Zum Beispiel smashed cucumber salad. Dafür braucht man nur Gurken,
Salz, Essig, Sojasauce, Chiliöl und etwas Zucker …
taz: … und was zum Smashen.
Cheng: Ja, ein Nudelholz zum Beispiel. Aber notfalls kann man die Gurke
auch einfach so klein schneiden. Eigentlich geht es beim Kochen immer auch
ums Improvisieren.
taz: Du stellst oft Gerichte oder Zutaten vor, die eher unbekannt sind.
Warum?
Cheng: Die junge Generation in China kocht viel weniger als ihre Eltern und
Großeltern – auch weil man Essen überall billig und unkompliziert bestellen
kann. Man kann sich sogar was in den Zug liefern lassen, wenn man keine
Lust auf das Essen im Bordbistro hat. Außerdem ist Essen in China heute
stark kommerzialisiert. In allen großen Städten gibt es Restaurantketten,
was dazu führt, dass die Leute in Schanghai und Chengdu wahrscheinlich sehr
ähnliche Dinge essen. Es gibt aber bestimmte Gerichte, vor allem aus
kleineren Orten oder vom Land, die überhaupt nicht vermarktet werden und
die es in zehn Jahren vielleicht nicht mehr gibt. Ich finde es unglaublich
interessant, darüber zu schreiben, was die Leute abseits der großen Städte
essen.
taz: Was essen sie zum Beispiel?
Cheng: In meiner Heimat gibt es ein Gericht, das heißt zha huixiang, was
wörtlich „frittierter Fenchel“ bedeutet. Das ist Fenchelgrün, das zu
Tempura verarbeitet, also im Teigmantel frittiert wird. Ich habe das als
Kind oft gegessen, aber mir war lange nicht klar, dass es in China Fenchel
gibt. Ich dachte, das sei ein deutsches Gemüse.
taz: Erinnerst du dich noch an andere Gerichte aus deiner Kindheit?
Cheng: Ja, an gedämpfte Kürbisdumplings. Die werden mit grünem Kürbis
gemacht, ähnlich wie Zucchini. Dazu habe ich nirgends ein Rezept gefunden.
Meine Eltern sind dann zu einem Restaurant gefahren und haben nachgefragt,
wie man die zubereitet – und die Mitarbeiter dort haben mir ein Video
geschickt.
taz: Dabei findet man doch eigentlich alles im Internet.
Cheng: Dachte ich auch, stimmt aber irgendwie doch nicht. (holt einen
Stapel Bücher) Auch deshalb sammle ich [4][chinesische Kochbücher] aus den
70er und 80er Jahren. Ein paar habe ich aus einem Antiquariat in Chengdu
mitgebracht. Das hier ist toll, eine Art Enzyklopädie verschiedener
Zutaten. Da findet man Sachen, von denen man nie zuvor gehört hat.
taz: Klingt nach Schatzsuche.
Cheng: Ja. (blättert) Zum Beispiel die Sojasauce hier, aus dieser kleinen
Stadt in Sichuan, die wird heute gar nicht mehr produziert. Oder
getrocknete Mandarinenschale – ich habe versucht, daraus ein Rezept zu
entwickeln: Rindfleisch mit getrockneter Mandarinenschale. Das gibt es in
Chengdu, soweit ich weiß, nur noch in zwei, drei Restaurants. Dabei ist es
ein Klassiker.
taz: Ein aussterbender Klassiker?
Cheng: Gut möglich. Die Restaurants heute nehmen so was irgendwann von der
Karte, weil es niemand mehr bestellt.
taz: Aber es gibt ja auch neue Sachen.
Cheng: Klar, [5][Fusionsküche] ist weiterhin sehr beliebt. In Chengdu und
Schanghai gibt es zum Beispiel Brezeln mit chinesischen Zutaten. Ich habe
eine mit Bambussprossen und Sichuanpfeffer probiert. Die sind dann noch mit
Käse gefüllt.
taz: Und?
Cheng: War schon okay. (lacht) Laugengebäck passt eigentlich ganz gut zur
Sichuanküche.
taz: Was wünschst du dir für deine Zukunft?
Cheng: Ein Buch zu schreiben wäre mein Traum. Oder mal eine Foodtour durch
Sichuan organisieren. Aber ich bin auch froh, wenn ich das weitermachen
kann, was ich mache. Für mich ist das magisch, weil ich niemand war, aber
ich jetzt mit so vielen Leuten verbunden bin. Einmal habe ich darüber
geschrieben, dass Chinesen Gemüse zum Trocknen auf die Straße stellen. Da
hat sich ein Amerikaner gemeldet, der vor 30 Jahren in China war. Er hat
erzählt, dass die Bauern damals ihren Reis zum Trocknen auf dem Flughafen
ausgelegt haben, sodass die Flugzeuge nicht starten konnten. Das ist doch
toll – der liest meinen Text und schreibt mir dann diese Geschichte. So was
macht mich glücklich.
15 Jul 2025
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