# taz.de -- Jurist über die Deutsche Umwelthilfe: „Die DUH hat Rechtslücken… | |
> Ohne den Umweltverband, der nun seinen 50. Geburtstag feiert, sähe das | |
> deutsche Rechtssystem heute anders aus, sagt Experte Michael Zschiesche. | |
Bild: Die DUH trägt Umweltfragen immer wieder in die Gerichtssäle: Oberverwal… | |
taz: Ob Feinstaub, Mehrwegsystem oder Dieselskandal – bei vielen | |
Verbraucherschutzfragen ist ein Verband in Deutschland besonders auffällig, | |
auch wegen seiner Medienpräsenz: die Deutsche Umwelthilfe DUH. An diesem | |
Donnerstag feiert sie ihren 50. Geburtstag. Was zeichnet sie aus? | |
Michael Zschiesche: Die DUH hat erkannt, dass es wichtig ist, nicht nur | |
Ziele in der Umweltpolitik zu formulieren, sondern diese auch zu | |
kontrollieren. Dafür beschreitet sie den Klageweg und zieht vor Gericht. | |
Besonders in zwei Bereichen ist die Umwelthilfe damit sehr erfolgreich: Der | |
[1][eine ist die Luftreinhaltung: Immer wieder verklagt sie Kommunen, wenn | |
die Grenzwerte nicht eingehalten] werden. Der zweite Bereich ist die | |
Klimapolitik: Die DUH hat mehrere Prozesse gegen die Bundesregierung | |
gewonnen. | |
taz: Welches war der spektakulärste? | |
Zschiesche: Sicherlich [2][die Entscheidung 2021 durch das | |
Bundesverfassungsgericht]: Weil die Regierung mit ihrer Politik die Rechte | |
kommender Generationen verletzt, musste die damalige Bundesregierung das | |
Klimaschutzgesetz deutlich nachbessern. | |
taz: Hat die Deutsche Umwelthilfe mit ihren Klagen das deutsche | |
Rechtssystem verändert? | |
Zschiesche: Tatsächlich hat die DUH die Durchsetzung des EU-Rechts | |
gefördert. Sie hat Rechtschutzlücken offengelegt und geschlossen: Dort, wo | |
es keine Klagemöglichkeit gab, nach EU-Recht aber hätte geben müssen, hat | |
die Umwelthilfe eine mögliche Überprüfung vor Gericht erstritten. Ihre | |
Arbeit ist immer fachlich gründlich, auf sehr hohem wissenschaftlichen | |
Niveau. | |
taz: Es gab immer wieder [3][die Androhung aus der Politik, der Deutschen | |
Umwelthilfe die Gemeinnützigkeit zu entziehen]. Ist das Beweis für den | |
Erfolg ihrer Arbeit? | |
Zschiesche: Das waren Fouls von der Seitenlinie! Die Europäische Union hat | |
schon um 2000 konstatiert, dass sich Regierungen und staatliche | |
Einrichtungen von der Zivilgesellschaft überprüfen lassen müssen – auch vor | |
Gericht, weil ansonsten die häufig ambitionierten Umweltziele nicht | |
eingehalten werden. Aber natürlich sind solche Vorstöße auch ein Zeichen, | |
dass die Deutsche Umwelthilfe die Mächtigen ärgert. | |
taz: Ist die Arbeit vor Gericht ein Alleinstellungsmerkmal der Deutschen | |
Umwelthilfe? | |
Zschiesche: Nein. Wir sammeln und analysieren [4][Umweltklagen von | |
Umweltverbänden], von der Anzahl her klagen etwa der BUND oder der | |
Naturschutzbund wesentlich häufiger. Die Deutsche Umwelthilfe schaut sich | |
sehr genau an, in welchen Bereichen sie klagt, und oft hat sie auch gute | |
Argumente, die vor Gericht verfangen. | |
taz: Gibt es einen Trend, nach dem die Klage im Kampf der Umweltverbände | |
immer wichtiger wird? | |
Zschiesche: Die Daten geben das nicht her, zumal einige Umweltverbände ja | |
gar kein Klagerecht besitzen, der WWF zum Beispiel und auch Greenpeace | |
nicht. Klar ist aber, dass der Weg vor Gericht einen sehr effektiven und | |
öffentlich gut sichtbaren Erfolg bringen kann. | |
taz: Warum haben der WWF oder Greenpeace kein Klagerecht? | |
Zschiesche: Der WWF ist eine Stiftung, weshalb ihm das Verbandsklagerecht | |
derzeit nicht offen steht, da nur gemeinnützige Vereine antragsberechtigt | |
sind. Auch Greenpeace ist nicht antragsberechtigt, obwohl es sich um einen | |
gemeinnützigen Verein handelt. Allerdings hat das Kontrollgremium der | |
Aarhus-Konvention, das Aarhus Compliance Committee, entschieden, dass das | |
in Deutschland im Sinne von WWF und Greenpeace geändert werden muss. Die | |
deutsche Regierung muss das jetzt auch umsetzen. | |
taz: Zurück zum Geburtstag: Gibt es etwas, das Sie der Deutschen | |
Umwelthilfe wünschen? | |
Zschiesche: Ich wünsche ihr weitere spektakuläre gerichtliche Erfolge im | |
Sinne des Umwelt- und Klimaschutzes. Und eine vielleicht noch etwas bessere | |
Abstimmung mit der übrigen umweltrelevanten Zivilgesellschaft, denn die | |
Erfolge der DUH sind ohne die Arbeit der übrigen Umweltverbände nicht | |
vorstellbar. | |
26 Jun 2025 | |
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## AUTOREN | |
Nick Reimer | |
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