# taz.de -- Maskenkäufe in der Coronazeit: Ministerin Warken will Bericht gesc… | |
> Gesundheitsministerin Warken will Abgeordneten nun doch Einblick in den | |
> Ermittlungsbericht geben. Der könnte den Ex-Minister Jens Spahn belasten. | |
Bild: Gesundheitsministerin Nina Warken, CDU, im Deutschen Bundestag in Berlin,… | |
Berlin taz | Nun soll das Parlament doch noch Einblick in das „Drama in | |
Milliardenhöhe“ erhalten. Die bisher als Geheimbericht eingestuften 170 | |
Seiten, die Einblick in die Maskenbeschaffung des Gesundheitsministeriums | |
zu Beginn der Corona-Pandemie geben, will Gesundheitsministerin Nina Warken | |
(CDU) nächste Woche dem Haushaltsausschuss zusenden. Allerdings mit | |
Schwärzungen. Der Bericht erhebt schwere Vorwürfe gegen Warkens | |
Vorvorgänger im Amt, Jens Spahn (CDU), heute Fraktionsvorsitzender der | |
Union im Bundestag. | |
Haushaltspolitiker der Grünen und der FDP forderten schon im Herbst 2024 | |
den Bericht an. Dieser wurde allerdings erst von Ex-Gesundheitsminister | |
Lauterbach und dann von Warken unter Verschluss gehalten. Paula Piechotta | |
von den Grünen, Mitglied des Haushaltsausschusses, hegt weiterhin Zweifel, | |
ob die Gesundheitsministerin tatsächlich Licht in den Maskendschungel | |
bringen will. Der taz sagte sie: „Die CDU-Vertreter Warken und Spahn haben | |
bislang oft Aufklärung angetäuscht, um dann nicht zu liefern.“ Ob man | |
Warken glauben könne, dass sie dieses Mal wirklich den Bericht in einer | |
verwertbaren Form vorlegen wolle, „ist mehr als fraglich“. | |
Warkens Parteifreund Spahn hatte als Gesundheitsminister zu Beginn der | |
Coronapandemie, im Frühjahr 2020, Masken im Wert von fast 6 Milliarden Euro | |
geordert. Zwei Drittel der insgesamt 5,7 Milliarden Masken aber wurden gar | |
nicht verteilt, sondern später vernichtet oder eingelagert. Und nicht nur | |
das: Lieferanten von damals verklagen den Staat heute noch auf nicht | |
bezahlte Lieferungen. Die bisherigen Urteile legen nahe, dass die | |
Steuerzahler noch einmal bis zu 3,5 Milliarden Euro für Masken bezahlen | |
müssen, die nie zum Einsatz kamen. Wäre ein Teil dieser Kosten vermeidbar | |
gewesen? | |
Ermittlungen der Verwaltungsjuristin Margaretha Sudhof (SPD) legen es nahe. | |
Im Auftrag von Spahns Nachfolger im Amt, Karl Lauterbach (SPD), | |
durchleuchtete Sudhof im vergangenen Jahr die damalige Beschaffungspraxis, | |
befragte Mitarbeiter:innen und studierte Lieferverträge. [1][Ihr | |
bislang geheimer Bericht, aus dem in den vergangenen Tagen schon Medien | |
zitierten], wirft Spahn schwere Fehler vor. Von „politischem Ehrgeiz“ | |
getrieben, habe Spahn die Beschaffung der Masken „allein meistern“ wollen. | |
Das und „fehlendes ökonomisches Verständnis“ hätten am Ende dazu geführ… | |
dass nicht als „Team Staat“, sondern als „Team Ich“ gehandelt wurde. Das | |
Ergebnis sei „ein Drama in Milliardenhöhe“. | |
## Milliardenauftrag für CDU-nahe Firma | |
Kritik übt die Ermittlerin nicht nur an Spahns Beschaffungspraxis. Dieser | |
hatte Masken unter anderem in einem sogenannten Open House Verfahren | |
besorgt, bei dem das Ministerium einmal Preis und Bedingungen festlegt und | |
bei dem dann alle Anbieter, die diese Konditionen erfüllen, zum Zuge | |
kommen. Laut der FAZ, die aus dem Sudhof-Bericht zitiert, hatte Spahn | |
entgegen des Rates seiner Fachabteilung den Preis in die Höhe getrieben. | |
Statt durchschnittlich 2,83 Euro pro Maske legte er einen Preis von 4,50 | |
Euro fest. Die Folge: Das Ministerium bezahlte nicht nur mehr als 600 | |
Millionen Euro zu viel, sondern wurde mit Masken förmlich zugeschüttet. | |
Die beauftragte Logistikfirma Fiege kam mit der Annahme, Prüfung und | |
Lagerung der Masken nicht hinterher. Viele Lieferanten zogen vor Gericht, | |
weil Fiege ihnen keine Lieferslots anbot und das Gesundheitsministerium am | |
Ende die Bezahlung der Masken verweigerte – weil die Ware nicht geliefert | |
wurde. Selbst Spahn räumte mehrfach ein, dass ein Großteil des Ärgers von | |
heute auf das damalige Open House Verfahren zurückzuführen ist. | |
Doch Kritik entzündet sich auch an der Beauftragung der Firma Fiege selbst, | |
die ohne Ausschreibung erfolgte. Denn Fiege ist geografisch und politisch | |
eng mit dem Minister verbunden. Sie hat ihren Sitz in Spahns Heimatregion, | |
dem Münsterland. Inhaber Hugo Fiege und Geschäftsführer Felix Fiege sind | |
zudem führende Mitglieder im CDU-Wirtschaftsrat in Nordrhein-Westfalen, | |
[2][wo Spahn unter anderem im vergangenen Jahr auftrat]. | |
[3][Wie der Spiegel aus dem Sudhof-Bericht zitiert], hatte ein Beamter des | |
Gesundheitsministeriums „händeringend“ darauf bestanden, Fiege zu | |
beauftragen, und sich über Bedenken des Innenministeriums hinweggesetzt, | |
das alternativ schon mit DHL im Gespräch war. Die zuständige | |
Unterabteilungsleiterin aus dem Innenministerium wird mit den Worten | |
zitiert: „Bitte nehmen Sie zur Kenntnis, dass es sich bei diesem Vorgehen | |
insgesamt um eine politische Entscheidung handelt.“ | |
Fiege erhielt vom Bund den Auftrag, Masken im Wert von 1,5 Milliarden Euro | |
zu beschaffen. Wie aus dem Rahmenvertrag hervorgeht, der der taz vorliegt, | |
erhielt die Firma bereits vor Vertragsunterzeichnung eine Abschlagszahlung | |
in Höhe von 40 Millionen Euro, die anschließend verrechnet werden sollten. | |
## Spahn: „Bin im Reinen mit mir“ | |
[4][Der Spiegel berichtet aktuell,] dass Spahn auch darauf verzichtet haben | |
soll, Schadensersatz bei Fiege anzumelden, nachdem die Lieferketten | |
kollabiert waren. Laut Spiegel soll Spahns Chefeinkäufer Ingo Behnel zwar | |
empfohlen haben, „Regress gegen die Firma Fiege“ zu prüfen. Auch die | |
Beraterfirma EY, die im Auftrag des Bundes das Maskenchaos ordnen sollte, | |
stellte eine Liste der Mängel zusammen. Doch offiziell geltend gemacht | |
wurden diese nie. | |
Der Grünen-Gesundheitspolitiker Janosch Dahmen spricht gegenüber der taz | |
von einem „Skandal“. „Jens Spahn hat offenbar nicht nur gegen jeden Rat | |
Milliardenaufträge ohne Ausschreibung an ein CDU-nahes Unternehmen aus | |
seiner Region vergeben, das von Beginn an heillos überfordert war – sondern | |
dann auch noch persönlich verhindert, dass der Staat auf Schadenersatz | |
klagt.“ Das sei kein Krisenmanagement, sondern Machtmissbrauch. | |
Spahn selbst wirbt ebenfalls für die Veröffentlichung des Sudhof-Berichts | |
und begründet sein damaliges Vorgehen mit der Krise, in der man sich | |
befunden habe. Man habe in dieser Zeit alles getan – koste es, was es wolle | |
– um Masken, Desinfektionsmittel und weiteres Schutzmaterial zu beschaffen, | |
sagte Spahn am Mittwoch im ZDF. „Wir haben in dieser Zeit nach dem besten | |
Wissen und Gewissen gehandelt, um dieses Land sicher durch die Krise zu | |
bringen. Da bin ich völlig im Reinen mit mir“, so Spahn. | |
Sowohl Grüne als auch Linke fordern allerdings einen | |
Untersuchungsausschuss, um mögliche Missstände der Maskenbeschaffung | |
aufzuklären. Doch die Chancen stehen schlecht. Denn für einen | |
Untersuchungsausschuss, der mit den Stimmen eines Viertels der Abgeordneten | |
eingesetzt werden kann, bräuchten beide Fraktionen entweder die | |
AfD-Fraktion oder Stimmen aus SPD und Union. Ersteres wollen Grüne und | |
Linke nicht, letzteres ist extrem unwahrscheinlich. | |
20 Jun 2025 | |
## LINKS | |
[1] https://www.tagesschau.de/investigativ/ndr-wdr/spahn-corona-masken-100.html | |
[2] https://wirtschaftsrat.de/de/verband/landesverband-nordrhein-westfalen/alle… | |
[3] https://www.spiegel.de/panorama/spahns-maskendeals-mit-den-firmen-fiege-und… | |
[4] https://www.spiegel.de/politik/deutschland/corona-masken-jens-spahn-verzich… | |
## AUTOREN | |
Anna Lehmann | |
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