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# taz.de -- KI als Hilfe für Gewaltbetroffene: Chatbot „Maja“ soll Gewalto…
> Ein Hamburger Startup möchte Menschen aus Gewaltbeziehungen helfen. Das
> Unternehmen setzt dabei auf KI. Konventionelle Anlaufstellen sind
> skeptisch.
Bild: Ausgeliefert: Für Viele ist es schwer, sich aus gewaltsamen Beziehungen …
Hamburg taz | Vier Jahre lang lebte Sogol Kordi in einer Gewaltbeziehung.
Ganze 13 Monate brauchte sie, um sich schlussendlich von ihrem Partner zu
befreien. Aufgrund ihrer Erlebnisse hat die heute 28-Jährige 2023 in
Hamburg das Start-Up „[1][My Protectify]“ gegründet. Ein eigens
entwickelter KI-Chat soll Betroffenen niedrigschwellige und individuelle
Hilfsangebote erstellen.
Oftmals seien die üblichen Beratungsangebote veraltet, unübersichtlich und
unzureichend, sagt Kordi – das wisse sie aus eigener Erfahrung. Zudem
werden Betroffenen meistens lange Informationstexte vorgelegt. „Die Zeit so
etwas zu lesen, hast du aber nicht, wenn du mit einem gewalttätigen Partner
zusammen lebst“, sagt die gebürtige Kielerin.
[2][Opfer von häuslicher Gewalt] sind oft der Kontrolle ihrer Partner
ausgesetzt – telefonische Beratung sei deswegen oft nicht möglich. Außerdem
könne man in einer solchen Ausnahmesituation nicht einfach zum Hörer
greifen und mit einer wildfremden Person offen über die Situation sprechen,
sagt Kordi.
## Viele suchen sich keine professionelle Hilfe
Aus Angst und Scham verzichteten deshalb viele Betroffene ganz darauf, sich
professionelle Hilfe zu suchen und blieben meist in ihrer Überforderung und
Isolation allein, sagt sie. Deshalb habe sie sich bewusst für eine
Browser-basierte Plattform und gegen eine App entschieden, damit sich
Betroffene keinem Risiko aussetzen müssen. Eine App muss heruntergeladen
und kann dann vom gewalttätigen Partner auf dem Handy gefunden werden.
Noch vor wenigen Jahren sei das Thema häusliche Gewalt ein Tabuthema
gewesen, sagt Kordi. Das habe sie selbst in der Qualität der Hilfe gespürt.
Mittlerweile sei es in der Öffentlichkeit angekommen. Doch auch heute fehle
es an gesellschaftlichem sowie politischem Bewusstsein.
Dies sei auch der Grund für die große Lücke bei Hilfsangeboten für
Gewaltopfer. „Wir ignorieren die alltägliche Realität vieler Menschen, die
Gewalt zuhause erleben“, sagt Kordi. „Das passiert jede Minute, in der
Nachbarschaft, auf dem Weg zur Arbeit – und wir machen in unserem Alltag
einfach weiter.“
## KI-Chat namens „Maja“ soll helfen
Zugeschnitten auf das Thema häusliche Gewalt und synchronisiert mit
Wissens- sowie Beratungsdatenbanken soll der KI-Chat namens „Maja“ dabei
helfen, rechtliche, psychologische und organisatorische Fragen zu
beantworten, damit Betroffene in ein selbstbestimmtes Leben zurückfinden
könnten, sagt Kordi. Dies reiche von der Frage, ab wann häusliche Gewalt
beginne, bis hin zur [3][Unterstützung in einer akuten Notlage].
Neben der unmittelbaren Hilfe, sollen Betroffenen eine langfristige
Unterstützung bekommen. „Der eigentliche Kampf beginnt nach der Trennung“,
sagt Kordi. Viele befänden sich während der Gewaltbeziehung in extremer
finanzieller, sozialer und emotionaler Abhängigkeit. „Maja“ soll
Gewaltopfer auch an Beratungsstellen vermitteln und dabei unterstützen,
eine Wohnung zu finden oder ein Bankkonto zu eröffnen.
## Kritik von konventionellen Anlaufstellen
Bei konventionellen Anlaufstellen stößt das Projekt allerdings auch auf
Kritik. Grundsätzlich könne ein KI-Chat hilfreich sein, um Zielgruppen zu
erreichen, die auch im Alltag auf Künstliche Intelligenz zurückgreifen
würden, sagt Silke Meier von der Hamburger Opferhilfe. Allerdings sehe sie
nicht, dass digitale Beratungsstellen eine Unterstützung anbieten könnten,
die nicht bereits durch etablierte Strukturen – wie etwa das bundesweite
Hilfetelefon – abgedeckt seien.
Auch dieses verfüge mittlerweile über einen Chat, allerdings mit einer
echten Person, sagt Meier. Diesen zwischenmenschlichen Kontakt könne eine
KI natürlich nur vortäuschen. Ein KI-Chat müsse zu dem „ganz ausgreift“
sein. Wenn eine gängige KI schneller bessere – vor allem passendere –
Ergebnisse liefere, wirke die spezialisierte Alternative im Vergleich eher
„mühsam“, sagt Psychotherapeutin Meier.
Um den Schutz von Gewalt betroffener Frauen zu verbessern, haben sich die
Innenminister:innen von Bund und Ländern kürzlich auf den Einsatz von
elektronischen Fußfesseln geeinigt. Am gestrigen Dienstag hat das
niedersächsische Landeskabinett einen entsprechenden Entwurf zur Änderung
des Polizei- und Ordnungsbehördengesetzes zur Verbandsanhörung freigegeben.
Das Beschluss der Minister:innen könne ein hilfreiches Instrument sein,
sagt Kordi, dürfe aber nicht von den eigentlichen Problemen ablenken.
Große Hoffnung setzt sie [4][allerdings auf das Gewalthilfegesetz,] das
Anfang des Jahres im Bundestag verabschiedet worden ist. Das Gesetz
garantiert von Gewalt betroffenen Menschen ab 2032 einen bundesweiten und
individuellen Rechtsanspruch auf Beratung. Der Beschluss sei „ein echter
Meilenstein“, findet Kordi. Im Umkehrschluss bedeute dies aber auch, dass
es praktische Lösungen brauche. Im Bereich des Gewaltschutzes fehle es
seitens der Politik noch an finanzieller Unterstützung, damit solche
Projekte wie Ihres, auch langfristig bestehen und arbeiten können.
12 Aug 2025
## LINKS
[1] https://myprotectify.org/
[2] /Haeusliche-Gewalt-in-der-Weihnachtszeit/!6052237
[3] /Erfahrungen-von-sexualisierter-Gewalt/!6048161
[4] /Hilfe-bei-haeuslicher-Gewalt/!6047350
## AUTOREN
Quirin Knospe
## TAGS
häusliche Gewalt
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Schwerpunkt Künstliche Intelligenz
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Fußfessel
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Kontaktverbot
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