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# taz.de -- Görlitzer Park in Berlin: Tear down this Zaun
> Der schwarz-rote Berliner Senat hat mit dem Zaunbau um den Görlitzer Park
> begonnen. Das steht exemplarisch für die Abschottungspolitik der Union.
Bild: Wird der Bolzenschneider zum Symbol der Anti-Zaun-Proteste in Berlin?
Der Hummus muss Sprengstoff enthalten haben. Anders ist die Szenerie kaum
zu erklären. Dienstagmorgen vorm [1][Görlitzer Park in Berlin-Kreuzberg]
[2][Görlitzer Park in Berlin-Kreuzberg]: 30 Personen sitzen auf
Picknickdecken, quatschen entspannt, rauchen, essen. Umzingelt werden sie
von über 80 Polizist*innen und 10 Einsatzfahrzeugen. Es werden
Platzverweise erteilt und Personalien aufgenommen. Um Sicherheit geht es
längst nicht mehr. Es geht um Machtdemonstration.
Nach langen Verzögerungen hatte Anfang der Woche der [3][Zaunbau um den
Görli], wie die Grünanlage in Berlin genannt wird, begonnen. Die Pläne des
schwarz-roten Senats, den Park einzuzäunen und nachts zu schließen, stoßen
auf Widerstand. Die Frühstücksaktion war Teil des Protests. Bereits am
Vorabend waren über 1.000 Zaungegner*innen mit Töpfen und Trommeln
durch den umliegenden Wrangelkiez gezogen.
Der Zaun soll Kriminalität und Drogenhandel in „Deutschlands gefährlichstem
Drogenpark“ (danke, Bild-Zeitung) eindämmen. Der Regierende Bürgermeister
[4][Kai Wegner (CDU)] gibt sich als Macher, der im unbändigen Kreuzberg
endlich durchgreift. Das Senatsvorhaben, den Görli als
„kriminalitätsbelasteten Ort“ dauerhaft per Video zu überwachen sowie das
seit Februar geltende Messerverbot fügen sich nahtlos in diese Inszenierung
ein.
Zaungegner*innen werfen dem Senat eine „populistische
pseudodemokratische Shitshow“ vor. Für sie steht fest: Die CDU will dem
linken Friedrichshain-Kreuzberg ihre Law-and-Order-Politik aufzwingen.
Anwohner*innen seien nicht einbezogen und der Bezirk übergangen worden.
## Ein Gericht winkt den Zaun durch
Dieser hatte sich gegen den Zaun ausgesprochen. Das Verwaltungsgericht
entschied jedoch: Der Zaun darf auch gegen den Willen des Bezirksamts
gebaut werden. Ob das die beste Grundlage für eine konstruktive
Zusammenarbeit ist? Nebensache. Die CDU hat gewonnen. 1:0, take that,
links-grün versifftes Kreuzberg!
Wegners Plan ist populistisch anschlussfähig. Dass das Konzept nicht
nachhaltig ist, scheint zweitrangig. Anwohner*innen befürchten nun eine
Verlagerung der Probleme in die umliegenden Kieze. Zu Recht – in Zürich
führte ein Zaun rund um den Platzspitz („Needle Park“) in den 1980er Jahren
zu genau diesem Effekt.
Zaungegner*innen fordern deshalb: Statt über 2 Millionen Euro in den
Zaun zu pumpen, brauche es mehr Geld für Sozialarbeit, Drogenkonsum- und
Aufenthaltsräume, Suchthilfeprogramme für Konsument*innen sowie
Ausstiegsprogramme für Dealer.
Das klingt bloß nicht so nach harter Hand wie Messerverbot,
Videoüberwachung und Zaun. CDU-Rechtsaußen Kurt Wansner hat da einfachere
Lösungen parat: Drogendealer im Görli müssten „härter bestraft und
gegebenenfalls auch abgeschoben“ werden.
Klingt vertraut? Ist es auch. Was die CDU in Berlin vormacht, propagiert
Merz auf Bundesebene. Der Görli ist ein Mikrokosmos der
Law-and-Order-Unions-Politik: autoritär statt dialogisch, stigmatisierend
statt integrierend, symbolpolitisch statt nachhaltig.
Der Zaun emotionalisiert auch über die Landesgrenzen hinweg, weil im Kern
grundlegende gesellschaftliche Fragen berührt werden: Wie steht es um die
Mitbestimmung in unseren Städten, und wie begegnen Politik und Verwaltung
marginalisierten Gruppen?
Die Zeichen stehen auf Abschottung. Während Wegner den Görli einzäunt,
setzt Merz im ganzen Land auf Abschreckung. Doch der Widerstand formiert
sich: Aktivist*innen kündigten an, den Zaun immer wieder einzureißen.
Kreuzberg bleibt standhaft.
28 Jun 2025
## LINKS
[1] /Goerlitzer-Park/!t5011094
[2] /Goerlitzer-Park/!t5011094
[3] /programm/2025/tazlab2025/de/events/1651.html
[4] /Kai-Wegner/!t5728064
## AUTOREN
Lilly Schröder
## TAGS
wochentaz
Görlitzer Park
Berlin-Kreuzberg
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