# taz.de -- In Budapest inhaftierte Linke: Ungarisches Gericht bezweifelt Hunge… | |
> Seit einer Woche befindet sich Maja T. in ungarischer Haft im | |
> Hungerstreik. Das Gericht hat daran Zweifel – und setzt den Prozess gegen | |
> T. fort. | |
Bild: Wurde trotz Hungerstreiks am Donnerstag vor das Gericht in Budapest vorge… | |
Berlin taz | Seit einer Woche befindet sich Maja T. [1][in ungarischer Haft | |
im Hungerstreik]. Der nonbinären Thüringer*in werden Angriffe auf | |
Rechtsextreme im Februar 2023 in Budapest vorgeworfen. Laut ihrem Vater | |
Wolfram Jarosch hat Maja T. inzwischen sechs Kilo abgenommen, sei | |
„zusehends geschwächt und kraftlos“. T. könne sich schlecht konzentrieren, | |
ihr sei gelegentlich schwindelig. „Jeder weitere Tag zehrt an Majas | |
Kräften“, sagte Jarosch der taz. Der ungarische Anwalt von Maja T. | |
beantragte deshalb, den Prozess gegen die 24-Jährige am Donnerstag | |
auszusetzen. Aber die ungarische Justiz bezweifelt den Hungerstreik – und | |
ließ Maja T. für den Prozesstag vor Gericht vorführen. | |
Maja T. selbst hatte am vergangenen Donnerstag den Hungerstreik verkündet | |
und tags darauf auch im Prozess erklärt. T. begründet diesen mit den | |
menschenunwürdigen Haftbedingungen und einem verweigerten, fairen | |
Verfahren. Laut Prozessbeobachter*innen erklärten am Donnerstag | |
sowohl die Staatsanwaltschaft als auch der Richter im Prozess, dass sie | |
Zweifel hätten, ob sich Maja T. tatsächlich im Hungerstreik befinde. Maja | |
T. habe vor der Aktion Schokoriegel, Bananen, Erdnüsse oder Orangen in der | |
JVA eingekauft. Zudem habe eine ärztliche Untersuchung T. für | |
verhandlungsfähig erklärt. | |
Das Gericht wies den Antrag von Maja T.s Verteidiger, den Prozess | |
auszusetzen, schließlich ab und setzte die Verhandlung wie geplant fort mit | |
der Vorführung von Tatortvideos und Befragungen. Zuvor hatte ein | |
ungarisches Medienportal bereits die ungarische Strafvollzugsbehörde | |
zitiert, dass Maja T. zwar das Gefängnis-Essen verweigere, aber in der JVA | |
selbst erworbene Lebensmittel verzehre. | |
## Maja T.s Vater zeigt sich „erschüttert“ | |
Maja T.s Vater Wolfram Jarosch bestreitet die Darstellung vehement. Maja | |
verweigere sehr wohl jede Nahrung und nehme lediglich Wasser und täglich | |
250 Mililiter Saft zu sich, sagte er der taz. „Dass die ungarischen | |
Behörden Majas Hungerstreik nicht ernst nehmen, ist erschütternd und zeigt | |
zugleich das Versagen des ungarischen Justizsystems. Majas | |
Gesundheitszustand lässt keine weiteren Verhandlungen zu.“ | |
Sven Richwin, Anwalt von Maja T., bestätigte der taz ebenso den | |
Hungerstreik. Neben Wasser und Saft nehme Maja T. lediglich noch | |
Vitamintabletten zu sich. „Selbst ohne medizinische Expertise ist klar, | |
dass Vitamintabletten keine Nahrungsaufnahme ersetzen“, sagte Richwin. | |
„Dass das Gericht trotz Majas geschwächten Zustands die Verhandlung | |
durchdrücken will, bestätigt leider nur die Einschätzung des | |
Bundesverfassungsgerichts, das vor einer unmenschlichen Behandlung in | |
Ungarn gewarnt hat.“ | |
In einer aktuellen Mitteilung weist die ungarische Strafvollzugsbehörde | |
dagegen auch Vorwürfe zurück, dass sich Maja T. [2][in schlechten | |
Haftbedingungen] befinde. Die Bedingungen seien „gesetzeskonform“ und | |
„unter Achtung der Menschenwürde“, heißt es dort. So seien etwa | |
Ganzkörperuntersuchungen gesetzlich erlaubt, Insekten würden beim Entdecken | |
sofort vernichtet. In anderen Fällen gehe es um „Komfortbedürfnisse“, die | |
keinem Gefangenen selbstverständlich zur Verfügung stünden, so die Behörde. | |
Es seien bei der Justizvollzugsanstalt selbst bisher auch keine Beschwerden | |
von Maja T. eingereicht worden. | |
Auch das weist Wolfram Jarosch zurück. Schon kurz nach dem Haftantritt in | |
Ungarn, im August 2024, habe der Anwalt von Maja T. Beschwerde bei der | |
Staatsanwaltschaft wegen der Haftbedingungen eingereicht, sagt Jarosch. | |
Diese sei später abgelehnt worden. Lediglich die 24-stündige | |
Videoüberwachung wurde eingestellt. Über einen Antrag bei der | |
Generalstaatsanwaltschaft auf Überprüfung der Entscheidung sei bis heute | |
nicht entschieden worden. | |
## Vater fordert Wadephul auf, Maja T. zurückzuholen | |
„Seit über elf Monaten wird mein Kind durch Isolationshaft gefoltert. Und | |
das Gefängnis gibt sich überrascht“, kritisiert Jarosch. Der Vater forderte | |
Außenminister Johann Wadephul (CDU) auf, „diesen Justizskandal endlich zu | |
beenden und Maja zurück nach Deutschland zu holen“. Wadephuls Ministerium | |
hatte auf taz-Anfrage zuletzt bekundet, Maja T. konsularisch zu betreuen, | |
den Prozess zu beobachten und sich für bessere Haftbedingungen einzusetzen. | |
Über eine mögliche Ausreise nach Deutschland müssten aber ungarische | |
Gerichte entscheiden. | |
Maja T. wird vorgeworfen, mit anderen deutschen und italienischen Autonomen | |
im Februar 2023 in Budapest auch mit Schlagstöcken [3][mehrere Angriffe auf | |
Rechtsextreme verübt zu haben], die sich dort zu ihrem alljährlichen | |
Großaufmarsch „Tag der Ehre“ versammelt hatten. Nach den Taten wurden zwei | |
deutsche Linke und eine Italienerin noch vor Ort festgenommen, die anderen | |
tauchten ab. Maja T. wurde schließlich im Dezember 2023 in Berlin von | |
Zielfahndern festgenommen und im Juni 2024 nach Ungarn ausgeliefert – | |
[4][rechtswidrig, wie das Bundesverfassungsgericht später feststellte]. | |
Seit Februar läuft nun gegen Maja T. der Prozess in Budapest. Die | |
Staatsanwaltschaft [5][droht mit bis zu 24 Jahren Haft]. | |
Den Prozess begleiten Unterstützer*innen von Maja T. Immer wieder | |
tauchten dort aber auch Rechtsextreme auf, darunter György Budaházy, der | |
2016 wegen Brandsatz- und Bombenanschlägen zu 13 Jahren Haft verurteilt, | |
später aber begnadigt wurde. | |
## Weitere Anklagen auch wegen den Budapest-Angriffen | |
Erst am Donnerstag machte die Bundesanwaltschaft öffentlich, dass sie | |
Anklage gegen sieben Linke erhoben hat, denen ebenso vorgeworfen wird, | |
Rechtsextreme angegriffen zu haben, als Teil der Gruppe um die Leipzigerin | |
Lina E. [6][Die taz hatte bereits zuvor über die Anklage berichtet]. Drei | |
der nun Angeklagten sollen auch in Budapest dabei gewesen sein. Einer, | |
Tobias E., gehört zu den noch vor Ort Festgenommenen. [7][Er hat seine | |
Haftstrafe von einem Jahr und zehn Monaten bereits in Ungarn verbüßt]. Die | |
Bundesanwaltschaft wirft ihm deshalb die Budapest-Angriffe nicht mehr vor. | |
Mehrere linke Gruppen rufen zu Samstag zu einer Demonstration in Jena für | |
Maja T. und die anderen derzeit inhaftierten Antifaschist*innen auf. | |
Mobilisiert wird dafür bundesweit. „Antifaschismus ist notwendig“, heißt … | |
in einem Aufruf. Man wolle „unseren Frust und unsere Wut gegen ihre | |
Repression zu zeigen und unsere Leidenschaft und Liebe für den Kampf für | |
das bessere Morgen“. | |
12 Jun 2025 | |
## LINKS | |
[1] /Inhaftierte-Linke-in-Ungarn/!6092374 | |
[2] /Inhaftierte-Linke-in-Ungarn/!6092374 | |
[3] /Fahndung-gegen-Linksaussen/!5985352 | |
[4] /Beschluss-des-Bundesverfassungsgerichts/!6063902 | |
[5] /Prozess-gegen-Maja-T/!6068242 | |
[6] /Wegen-Angriffen-auf-Rechtsextreme/!6092526 | |
[7] /Linken-droht-Auslieferung-nach-Ungarn/!6073407 | |
## AUTOREN | |
Konrad Litschko | |
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