# taz.de -- Krieg zwischen Israel und Iran: Führt der Krieg im Nahen Osten zu … | |
> Der Krieg zwischen Israel und dem Iran findet in einer der wichtigsten | |
> Ölregionen der Welt statt. Eine FAQ zu möglichen Folgen, auch für | |
> Deutschland. | |
Bild: Eine dauerhafte Sperrung der „Straße von Hormus“ wäre dramatisch | |
Der Krieg zwischen Israel und dem Iran findet in einer der wichtigsten | |
Ölregionen der Welt statt. Wird jetzt das Öl knapp? | |
Noch ist die Lage entspannt. Die Internationale Energieagentur (IEA) sieht | |
bislang keine generelle Störung auf dem Weltmarkt für Öl. Das kann sich | |
aber schnell ändern. „Es gibt viele Unsicherheiten für die Öl- und | |
Energiemärkte“, erklärt IEA-Direktor Fatih Birol. Die IEA gehört zur OECD | |
und wurde von Industrieländern als Reaktion auf die Ölkrise 1973 gegründet. | |
Unklar ist derzeit etwa, wie sich der anhaltende Krieg in Nahost auf die | |
Ölförderung auswirkt. Der Iran selbst produziert täglich 1,5 bis 2 | |
Millionen Barrel Öl, die wegen der westlichen Sanktionen vor allem nach | |
China gehen. Die weltweite tägliche Produktion liegt bei knapp über 100 | |
Millionen Barrel. | |
„Schon der Wegfall weniger Prozent Öl auf dem Weltmarkt kann sehr | |
preisbewegend sein“, sagt Klaus-Jürgen Gern, Rohstoffexperte des Kieler | |
Instituts für Weltwirtschaft. Nach dem [1][Angriff Israels auf den Iran] | |
ist der Ölpreis zwar gestiegen und liegt zurzeit bei etwa 75 Dollar pro | |
Barrel. „Das ist aber die normale Schwankungsbreite“, sagt Gern. Im | |
vergangenen Frühjahr war ein Barrel mit 85 Dollar teurer. Eskaliert die | |
Lage im Nahen Osten, wird der Preis jedoch sprunghaft steigen. Das | |
bedrohlichste Szenario ist die Blockade der [2][Straße von Hormus]. | |
Iranische Militärs haben gedroht, sie zu sperren. Die Meerenge ist der | |
einzige Weg zum Persischen Golf. | |
Warum ist die Straße von Hormus so wichtig? | |
Nach Angaben von Rohstoffexperte Gern werden je 20 Prozent des globalen | |
Handelsvolumens an Öl und Flüssiggas durch die Straße von Hormus | |
transportiert, unter anderem aus dem Irak, aus Saudi-Arabien, den | |
Vereinigten Arabischen Emiraten und Kuwait. Ein großer Teil des Öls geht | |
nach Asien, vor allem nach China. Zwar gibt es Alternativen zum | |
Seetransport, etwa die Ost-West-Pipeline von Saudi-Arabien zum Roten Meer | |
und die Abu Dhabi Crude Oil Pipeline der Vereinigten Arabischen Emirate. | |
Aber sie haben nur sehr begrenzte Kapazitäten. Eine Sperrung von einigen | |
Tagen würde die Preise vorübergehend nach oben treiben, aber die | |
Weltwirtschaft nicht aus der Bahn werfen, sagt Gern. Anders wäre das bei | |
einer dauerhaften Sperrung. „Das wäre dramatisch“, sagt er. | |
Welche Folgen hätte eine Dauerblockade der Straße von Hormus? | |
Brechen 20 Prozent der globalen Ölproduktion über einen längeren Zeitraum | |
weg, kann das nicht ausgeglichen werden. Es würde zu Engpässen kommen. Zwar | |
gibt es sogenannte Reservekapazitäten in Form nicht voll ausgelasteter | |
Förderstätten – aber die liegen auch in der Region und müssen über die | |
Straße von Hormus transportiert werden. | |
Bei einer langen Sperrung würden die Preise weit über 150 Dollar pro Barrel | |
steigen, erwartet Gern. Das würde die Inflation anheizen, denn alle | |
Produkte, für deren Herstellung Öl benötigt wird, würden teurer. Je länger | |
die Blockade andauern würde, desto größer wären die Probleme. Unternehmen | |
könnten etwa die Herstellung ölintensiver Produkte einstellen, Staaten | |
schlimmstenfalls Öl rationieren. | |
Die Ölkrisen der Jahre 1973 und 1979/80 führten in den Industrieländern zu | |
schweren Wirtschaftskrisen. Die Ölkrise 1973 wurde durch den | |
Jom-Kippur-Krieg ausgelöst, der mit dem Überfall arabischer Staaten auf | |
Israel begann. Arabische Staaten drosselten gezielt ihre Ölförderung, um | |
die westlichen Länder dazu zu bringen, Israel nicht mehr zu unterstützen. | |
Die Krise 1979/80 folgte auf die Islamische Revolution im Iran und den | |
anschließenden Angriff des Irak auf das Land, den Ersten Golfkrieg. Auch | |
der Zweite Golfkrieg 1990 und der Irakkrieg 2005 führten zu vorübergehenden | |
Preisspitzen. Eine Lehre aus den Ölschocks: Länder und Unternehmen haben | |
große Lagerbestände an Öl aufgebaut, die für die Überbrückung einiger | |
Wochen reichen. | |
Wie wahrscheinlich ist eine Dauerblockade? | |
Das ist schwer zu sagen. Iran braucht die „Straße von Hormus“ für eigene | |
Ex- und Importe. Auch werde China als Hauptabnehmer des iranischen Öls den | |
Ausfall der Lieferungen nicht einfach hinnehmen, sagt Rohstoffexperte Gern. | |
Andererseits könnten Irans Machthaber zum Äußersten entschlossen sein, wenn | |
es um den Machterhalt geht. Für eine Sperrung wäre keine physische Blockade | |
nötig. Schon die Drohung Irans, die Meerenge durchquerende Schiffe zu | |
attackieren, würde abschrecken und zu einem Stopp von Öltransporten führen. | |
Wer profitiert von steigenden Ölpreisen? | |
Ein großer Profiteur wäre Russland. Das Land exportiert trotz westlicher | |
Sanktionen weiterhin viel Öl. Steigen die Preise, spült das mehr Geld in | |
Putins Kriegskasse. | |
Welche Folgen haben hohe Ölpreise für Verbraucherinnen und Verbraucher? | |
Energiekonzerne geben steigende Preise rasch weiter. Sprit würde schnell | |
teurer werden, für viele Menschen auch das Heizen. Denn 17 Prozent der | |
Wohnungen in Deutschland haben noch immer Ölheizungen. Und: Hohe | |
Energiekosten heizen die Inflation insgesamt an. Das Leben würde teurer | |
Die deutsche Wirtschaft hat den Energiepreisschock nach dem Angriff | |
Russlands auf die Ukraine noch nicht weggesteckt. Was würde ein stark | |
steigender Ölpreis für sie bedeuten? | |
Nichts Gutes. Deutschland hat bereits [3][zwei Jahre Rezession] hinter | |
sich. Hohe Ölpreise würden die schwierige Lage der Wirtschaft noch | |
verschärfen. Die Energiekosten machen vielen Unternehmen schon jetzt schwer | |
zu schaffen. Vor allem, wenn Preise sprunghaft steigen, ist das ein | |
Problem. Dann können Unternehmen sich nicht darauf einstellen. | |
Nach wie vor ist die Abhängigkeit von Öl in Deutschland hoch. Von den | |
Energieimporten im Wert von 83 Milliarden Euro im Jahr 2023 entfielen | |
[4][nach Angaben des Öko-Instituts] 49 Milliarden auf Öl. Allerdings: Bis | |
2045 will Deutschland klimaneutral sein, dann soll kein Öl mehr zur | |
Energieerzeugung importiert werden. Denn das ist extrem klimaschädlich. | |
„Die Abkehr vom Öl leistet auch einen wichtigen Beitrag zur Resilienz der | |
deutschen Wirtschaft“, sagt Philipp Godron, Programmleiter Strom beim | |
Thinktank Agora Energiewende. [5][Der Ausbau etwa von Wind- und Sonnenkraft | |
trägt langfristig dazu bei, die Energiepreise zu senken], betont er. | |
Wären stark steigende Preise des Öls nicht auch eine Chance für einen | |
schnelleren Abschied von diesem Klimakiller? | |
Nicht unbedingt. „Es braucht einen politischen Rahmen, der darauf abzielt, | |
den Umstieg auf klimafreundliche Alternativen attraktiv zu machen“, sagt | |
Godron. Ein Beispiel: Steigen die Spritkosten um 20 Cent je Liter, ist das | |
kein direkter Impuls zur Anschaffung eines E-Autos. Denn die | |
Anschaffungskosten spielen für potenzielle Käufer:innen die zentrale | |
Rolle. Gibt es aber einen Zuschuss vom Staat, könnte beides zusammen ein | |
Anstoß werden. | |
Gibt es Länder, die weniger unter einem steigenden Ölpreis leiden würden, | |
weil sie aus vorherigen Energiekrisen gelernt haben? | |
Ein Beispiel dafür ist Dänemark. Die Ölkrise 1973 hat das Land hart | |
getroffen. Als Konsequenz stellte es die Wärmeversorgung um. So | |
verpflichtete Dänemark bereits 1979 die Kommunen, eine Wärmeplanung | |
vorzunehmen – womit Deutschland erst Jahrzehnte später begonnen hat. 2013 | |
wurde in Dänemark der Einbau von Öl- und Gasheizungen in Neubauten | |
verboten, Fernwärme spielt dort eine große Rolle. Viele Anbieter sind | |
genossenschaftlich organisiert und schütten Gewinne nicht an Anteilseigner | |
aus, sondern investieren sie. | |
Auch das damalige Westdeutschland hat auf den Ölschock 1973 reagiert. Es | |
hat als Konsequenz unter anderem den Ausbau der Atomkraft forciert. Der | |
Staat hat Unsummen in diese Hochrisikotechnologie gesteckt. Bis heute ist | |
die Frage nicht beantwortet, wie der nach dem Ausstieg übrig gebliebene | |
radioaktive Müll sicher gelagert werden kann. | |
21 Jun 2025 | |
## LINKS | |
[1] /Analyse-zum-Krieg-zwischen-Iran--Israel/!6091374 | |
[2] /Die-Strasse-von-Hormus/!5615409 | |
[3] /Prognose-der-Bundesregierung/!6080792 | |
[4] https://www.oeko.de/publikation/kosten-der-energieimporte-nach-deutschland-… | |
[5] https://www.agora-energiewende.de/publikationen/erneuerbare-energien-senken… | |
## AUTOREN | |
Anja Krüger | |
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