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# taz.de -- NSU-Dokumentationszentrum in Chemnitz: „Wir müssen selbst entsch…
> In der Kulturhauptstadt Europas ist das erste Dokuzentrum eröffnet
> worden, das vom Terror des NSU erzählt – aus der Perspektive von Opfern
> und Angehörigen.
Bild: Aufarbeitung erschwert: Auch die Geheimhaltungspolitik der Behörden wird…
Chemnitz epd | Lange Zeit ist die Terrorgefahr von deutschen Behörden nicht
erkannt worden: Der rechtsterroristische „Nationalsozialistische Untergrund
(NSU)“ tötete zehn Menschen. Das letzte Opfer starb 2007, vor fast 20
Jahren. Am Sonntag ist in Chemnitz das bundesweit erste
NSU-Dokumentationszentrum eröffnet worden. Es nimmt vor allem die Opfer und
ihre Angehörigen in den Blick.
In den Vitrinen liegen unter anderem persönliche Gegenstände der
Ermordeten. Die Familien haben sie dem Zentrum zur Verfügung gestellt.
Darunter ist die Armbanduhr des NSU-Opfers Mehmet Kubasik, die zum
Todeszeitpunkt stehenblieb. Er wurde 2006 in Dortmund vom NSU ermordet.
Für dessen [1][Tochter Gamze Kubasik] ist das Dokumentationszentrum längst
überfällig. Chemnitz sei nicht irgendein Ort, sagte sie am Sonntag. Der NSU
habe sich über Jahre hinweg in dieser Stadt versteckt, er sei dort gedeckt
worden. Die Aufarbeitung dieser Tatsachen und dieser Zeit sei deshalb vor
allem auch eine Frage der gesellschaftlichen Verantwortung.
Die Eröffnung des NSU-Dokumentationszentrums mitten in der
[2][Kulturhauptstadt Europas 2025] sei ein kraftvolles, aber auch
widersprüchliches Zeichen, betonte Gamze Kubasik. Es solle ein Ort sein, an
dem nicht nur erinnert wird, sondern auch einer, an dem Angehörige gehört
und deren Geschichten erzählt werden: „Wir müssen selbst sprechen, selbst
gestalten, selbst entscheiden können.“
Abdulla Özkan, Überlebender des [3][Nagelbombenanschlags des NSU] 2004 in
Köln, sagte bei der Eröffnung: „Wir werden gehört, zumindest hier.“ Das
Zentrum sei wichtig für alle betroffenen Familien. „Wir kämpfen noch immer
für Anerkennung, oft bleiben wir allein“, so Özkan. Dieser Ort in Chemnitz
sei nicht nur ein Mahnmal, sondern auch ein „Auftrag für die Zukunft“.
## Ort der Gerechtigkeit
Die Angehörigen verbinden Özkan zufolge mit dem neuen Zentrum die Hoffnung,
dass es „ein Ort des Lernens, der Heilung und der Gerechtigkeit“ wird.
Bis zur sogenannten Selbstenttarnung des NSU im November 2011 wurden die
Angehörigen der Opfer durch Strafverfolgungsbehörden, die Politik, aber
auch von Teilen der Medien nicht ernst genommen und allein gelassen. Sie
wurden sogar verdächtigt, selbst in die Mordtaten und Anschläge verwickelt
zu sein.
Die [4][Ombudsfrau der Bundesregierung für die Opfer und Betroffenen des
NSU, Barbara John], fordert am Sonntag für die Angehörigen der Opfer ein
Schadens- und Leidensgeld. „Das muss nachgeholt werden“, sagte John.
Erinnerungspolitik sei nicht genug. Es müsse gefragt werden, was die
Überlebenden und Angehörigen brauchen. „Die Betroffenen leben in einer
anderen Wirklichkeit. Sie haben eine Zeit durchlebt, von der wir alle gar
keine Vorstellung haben“, sagte John.
Der Präsident der Bundeszentrale für politische Bildung, Thomas Krüger,
sieht mit Blick auf den NSU eine „kapitale Bildungsaufgabe“ für die
Zukunft: Die nachwachsende Generation könne mit den drei Buchstaben NSU
nichts anfangen, sagt er.
Sachsens Ministerin für Gesellschaftlichen Zusammenhalt, Petra Köpping
(SPD), unterstrich, dass das Dokumentationszentrum in Chemnitz eine Zukunft
haben müsse. Mittel dafür seien im Landeshaushalt eingestellt.
## Ein Ort als Labor
Die Chemnitzer Sozial- und Kulturbürgermeisterin, Dagmar Ruscheinsky
(parteilos), sprach sich dafür aus, dass ein Besuch des Zentrums für die
Bildungseinrichtungen der Region „fest im Programm und im Lehrplan
eingebaut werden“. Die Auseinandersetzung mit Geschichte sei wichtig,
gerade dann, wenn es schmerzhaft sei. „Wir eröffnen heute ein Labor“, sagte
sie. Es sei der Anfang für ein bundesweites Verbundsystem.
[5][Zwischen 2000 und 2007 ermordeten die Neonazis des
„Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU)“ neun Menschen] mit
Migrationshintergrund aus rassistischen Gründen sowie eine Polizistin. Bei
Sprengstoffanschlägen und Raubüberfällen wurden viele weitere Menschen
schwer verletzt und traumatisiert. 2011 flog der NSU auf.
Bis heute ist der NSU-Komplex nicht vollständig aufgeklärt. Das
Dokumentationszentrum ist ein gemeinsames Projekt der Vereine ASA-FF, RAA
Sachsen und der Initiative Offene Gesellschaft. Bund und Land investierten
jeweils zwei Millionen Euro. Ein weiteres Zentrum soll in Nürnberg folgen.
Dort hatte es drei NSU-Opfer gegeben.
25 May 2025
## LINKS
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[4] /Ombudsfrau-ueber-NSU-Dokuzentrum/!6068041
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