# taz.de -- Kinotipp der Woche: Auf den B-Seiten | |
> Vielschichtige Dokus: Das Dokumentar- und Medienfestival Dokumentale | |
> steigt in 18 Kinos und Spielstätten, darunter auch Yaam und Club Tresor. | |
Bild: „Funk YU“ von Franko Dujmić (HR / ME, 2024) | |
Das Stück heißt „Zlatokosa“ und ist eigentlich nur die B-Seite einer Sing… | |
des kroatischen Schnulzensängers Darko Domijan, die Mitte der Siebziger | |
erschienen ist. Die Nummer ist ungewöhnlich funky für den kroatischen | |
Barden und an einer Stelle kommt ein unerwartetes Drum-Break, wegen dem | |
„Zlatokosa“ heute einen gewissen Kultstatus besitzt. Auch Franko Dujmić, | |
Regisseur des Dokumtarfilms „Funk YU“ (2024) ist Fan. Er steht zudem auf | |
Vinyl und hätte nun gerne die Single, auf der das berühmte „Zlatokosa“ mit | |
dem noch viel berühmteren Drum-Break in aller Pracht zu hören ist. | |
Für die Erfüllung dieses Wunsches gibt es zum Glück das Internet, das einem | |
bekanntlich so ziemlich jeden Wunsch erfüllen kann. Aber dann trifft er für | |
seinen Film über die Plattensammlerszene mit Schwerpunkt ehemaliges | |
Jugoslawien den ersten von vielen Vinylgurus, mit denen er sich im Verlauf | |
der weiteren Recherche unterhalten wird, und der macht ihm klar: Echte | |
Digger kaufen nichts im Internet, sie begeben sich auf die Suche nach alten | |
Schallplatten in verstaubte Trödelläden und tauschen sich mit echten | |
Menschen darüber aus, wo und wie man auch in der analogen Welt Schätze für | |
die eigene Plattensammlung findet. | |
Vinyl-Freaks und ihre Passion, dazu gibt es bereits zig Dokumentationen. | |
Vorneweg die von Alan Zweig, schlicht „Vinyl“ betitelt, bei der man aus dem | |
Staunen nicht herauskommt, wenn man sieht, welch ungesunden Ausmaße | |
bestimmte Sammelleidenschaften annehmen können. | |
Zweigs Film ist voller Selbstironie und schreiend komisch und damit ein | |
echtes Vorbild für „Funk Yu“, wo sich der Filmemacher und manche seiner | |
Protagonisten auch nicht immer ganz so ernst nehmen und bestimmte Rollen | |
einnehmen, sich als Nerds oder Vinyl-Tycoone inszenieren, und daran | |
sichtbar Spaß haben. | |
Diese kurzweilige Herangehensweise macht den Film auch für Menschen | |
vergnüglich, die nicht so richtig verstehen können, warum sich in Zeiten | |
von Spotify überhaupt noch jemand für zerkratzte Schallplatten aus einem | |
Land interessiert, das es längst gar nicht mehr gibt. Und „Zlatokosa“, das | |
muss unbedingt auch noch gesagt werden, ist wirklich eine klasse Nummer. | |
Hoffentlich findet man die Single mal auf einem Flohmarkt in Berlin. | |
„Funk Yu“ ist zu sehen auf der zweiten Ausgabe des Dokumentar- und | |
Medien-Festivals Dokumentale, das vom 12. bis zum 22. Juni über die Bühne | |
geht und an der ganze 18 Berliner Kinos und andere Spielstätten beteiligt | |
sind. Darunter auch Orte wie das Yaam und der Club Tresor. | |
Die Stoffe, die die gezeigten Film verhandeln, sind freilich nicht immer so | |
vergnüglich wie in „Funk YU“. In „Der Tod ist ein Arschloch“ (2025) von | |
Michael Schwarz zum Beispiel geht es um einen Bestatter und damit um Tod, | |
Trauer und endgültigen Abschied nehmen. In „Abortion Dream Team“ von | |
Karolina Lucyna Domagalska (2024) um die haarsträubend restriktiven | |
Abtreibungsgesetze in Polen, die auch heute noch unter dem vergleichsweise | |
liberalen polnischen Ministerpräsidenten Donald Tusk in Kraft sind. | |
Der Krieg und die Zustände in Syrien, Flucht und Migration, allen möglichen | |
solcher dringlichen bis unangenehmen Themen widmen sich viele der Beiträge, | |
die auf der Dokumentale zu sehen sind. Das Filmfestival ist damit ganz nah | |
dran an den aktuellen Problemen unserer Zeit und versucht sich diesen in | |
einer Vielschichtigkeit zu widmen, wie das die kurzen Reportagen aus den | |
Mediatheken oft genug einfach nicht hinbekommen. | |
11 Jun 2025 | |
## AUTOREN | |
Andreas Hartmann | |
## TAGS | |
taz Plan | |
Kino Berlin | |
Dokumentarfilm | |
Filmfestival | |
Schallplatten | |
taz Plan | |
Film | |
taz Plan | |
taz Plan | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Wieder im Kino: Bezeugen und erzählen | |
„Black Limbo“ erzählt von der spanischen Diktatur in Äquatorialguinea, ei… | |
Filmreihe im Zeughauskino von der NS-Besatzung in Europa. | |
Doku über Homosexualität in Kamerun: Suchen gegen alle Widerstände | |
Wer sich engagiert, muss mit Repression rechnen: Der Dokumentarfilm „Code | |
der Angst“ von Appolain Siewe geht der Homophobie in Kamerun nach. | |
Kinotipp der Woche: Die Bilder freisetzen | |
Das Zebra Poetry Film Festival im silent green zeigt, welche neuen Formen | |
und Bilderwelten entstehen, wenn poetische Texte mit Kurzfilmen | |
verschmelzen. | |
Kinotipp der Woche: Nicht zu stoppen | |
Mit Kurz- und Langfilmauswahl, den Lolly Awards und diversen Werkstätten | |
feiert das 19. Xposed Queer Film Festival das weltweite Queer Cinema. |