# taz.de -- Kinotipp der Woche: Nicht zu stoppen | |
> Mit Kurz- und Langfilmauswahl, den Lolly Awards und diversen Werkstätten | |
> feiert das 19. Xposed Queer Film Festival das weltweite Queer Cinema. | |
Bild: Priscillia Kounkou Hoveydas Kurzfilm „We Will Be Who We Are“ (Sierra … | |
Der Kampf um Anerkennung, Sichtbarkeit und Gleichberechtigung queerer | |
Menschen bei uns im Westen war lang und ist längst noch nicht zu Ende. Viel | |
wurde erreicht, aber zu einer unantastbaren Selbstverständlichkeit ist | |
Queerness trotzdem nicht geworden. Man schaue nur mal in die USA, wo die | |
Maga-Bewegung gerade versucht, mit der Kettensäge alles platt zu machen, | |
was nicht in ihr heteronormatives Weltbild passt. | |
Es gäbe also genügend Gründe für das queere Filmfestival [1][XPOSED], das | |
dieses Jahr von Kareem Baholzer, David Bakum, Merle Groneweg, Pol Merchan | |
und Sarnt Utamachote kuratiert wurde und zum 19. Mal stattfindet, ein eher | |
melancholisches bis depressives Programm als Nabelschau zusammenzustellen. | |
Doch bei vielen der 13 Lang- und 48 Kurzfilme, die vom 29. Mai bis zum 1. | |
Juni im Moviemento, IL Kino, Babylon Kreuzberg und im Wolf gezeigt werden, | |
wird eher auf das Prinzip Hoffnung gesetzt. | |
Der Westen steht auch gar nicht mal so sehr im Fokus, die Filme stammen | |
eher aus Ländern wie Thailand, Indonesien oder dem Libanon. Und viele von | |
ihnen zeigen, dass auch in konservativen bis repressiven Gesellschaften der | |
Drang nach queerer Selbstbestimmung voranschreitet und nicht einfach per | |
Dekret zu stoppen ist, wie sich das der US-amerikanische Präsident so | |
vorstellt. | |
„My Therapist Said, I Am Full of Sadness“ (2024) von Monica Vanesa Tedja | |
beispielsweise behandelt das klassische Drama der queeren Tochter, die sich | |
irgendwann als nonbinär identifiziert und mit einer Frau zusammenlebt, | |
womit die Eltern im ersten Moment gar nicht klarkommen. Die | |
Filmemacher*in erzählt in dieser Kurzfilm-Doku von ihrem eigenen Leben. | |
Und davon, wie sie ihre Heimat Indonesien hinter sich gelassen und nun in | |
Berlin ein freies Leben gefunden hat. | |
Aber es bleibt eben auch Leere in ihrem Leben, ganz nach dem Motto des | |
Titels dieses Films: „Mein Psychotherapeut hat mir bescheinigt, dass ich | |
voller Traurigkeit bin.“ Also fährt sie zu den christlichen Eltern, die | |
noch das Tischgebet sprechen, während sie längst ihre Nudeln isst. Und all | |
der Groll von einst, das Unverständnis auf beiden Seiten, es verschwindet | |
tatsächlich. So einfach kann es sein. Mit Gruß an Donald Trump und Co: | |
Toleranz ist lernbar. | |
Aber auch wenn man sich angesichts aktueller Umstände gar keine Hoffnung | |
auf die Akzeptanz des eigenen queeren Lebens machen sollte, findet der | |
Wunsch, man selbst sein zu dürfen, Wege. Das ist die Botschaft, die | |
beispielsweise von dem Kurzfilm „We Will Be Who We Are“ (2025) von | |
Priscillia Kounkou Hoveyda aus Sierra Leone ausgeht. | |
Die beiden Protagonist*innen des Films, Aya und Boi, sind queer. Also | |
entscheiden sie sich dafür, einander zu heiraten. In der patriarchalen | |
Gesellschaft wirkt diese Art der Zweckehe wie ein Schutzschild. Niemand | |
fragt nun die beiden mehr, warum sie andauernd in dieser flamboyanten | |
Gruppe androgyn wirkender Menschen durch die Straßen ziehen, tanzen und | |
sich selbst feiern. Kann ja nicht so schlimm sein, schließlich ist sie mit | |
ihrem Ehemann unterwegs, denken jetzt die Nachbarn. | |
Ja, es ist ein Doppelleben, das die beiden da führen, eine eigentlich | |
unwürdige Lüge, die sie inszenieren. Aber mehr geht gerade eben nicht in | |
ihrer sozialen Struktur und die Lüge ist immer noch besser als ewige | |
Anfeindungen. Und sie soll auch nur als weiterer Schritt in Richtung freier | |
Selbstbestimmung gewertet werden. Am Ende des Films wird noch einmal | |
einfach dessen Titel „We Will Be Who We Are“ eingeblendet, der sich so | |
kämpferisch und optimistisch gibt. Und irgendwann werden hoffentlich alle | |
Ayas und Bois auf dieser Welt unumwunden zeigen dürfen, wer sie wirklich | |
sind. | |
28 May 2025 | |
## LINKS | |
[1] https://xposedfilmfestival.com/2025/ | |
## AUTOREN | |
Andreas Hartmann | |
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