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# taz.de -- Kinotipp der Woche: Die Bilder freisetzen
> Das Zebra Poetry Film Festival im silent green zeigt, welche neuen Formen
> und Bilderwelten entstehen, wenn poetische Texte mit Kurzfilmen
> verschmelzen.
Bild: Szene aus Wainer Méndez' Kurzfilm „Nostalgia“ (CRI 2025) zum gelichn…
Eine leere Plastikflasche, das Etikett halb abgerissen. Langsam lässt ein
Zoom die Umgebung der Plastikflasche sichtbar werden. Als die von Wellblech
überdachte Mülldeponie erkennbar geworden ist, tritt von rechts eine Frau
ins Bild und setzt sich ein Plexiglasvisier auf. Ihr und ihrem
Migrationsweg von Costa Rica nach Nicaragua zur Arbeit auf der Deponie
gehört die Bühne in Wainer Méndez’ Kurzfilm „Nostalgia“. Etwa zur Häl…
ist der fünfminütige Film Interview mit der Frau mit dem Visier über ihren
Weg bisher und ihre Träume für die Zukunft, dann spricht sie ein Gedicht
des costa-ricanischen Lyrikers Jorge Debravo ein.
Seit 2002 präsentiert das Haus für Poesie das Zebra Poetry Film Festival,
ein Forum für eine Sonderform des Kurzfilms, die poetische Texte und Film
kombiniert. Das Festival präsentiert im silent green Kulturquartier in
Wedding neben den zwei Programmen des internationalen Wettbewerbs, vier
weitere Kurzfilmprogramme, die lose thematisch gegliedert sind und ein
Kurzfilmprogramm für Kinder. Das Filmpogramm erweitert dieses Jahr das
[1][Poesiefestival Berlin 2025], das vom 4. bis 13. Juni in der AdK am
Hanseatenweg und ebenfalls im silent green stattfindet (Eröffnungsabend am
3. Juni in der AdK).
Wenige Meter von einer halb zerlegten Fähre, tragen Fischer ihre Netze zum
Wasser. Hinter dem Schiffswrack werden weitere sichtbar. Der kanadische
Filmemacher Albéric Aurtenèche kombiniert in „Nemo 1“ Drohnenaufnahmen von
einem Schiffsfriedhof in Bangladesch mit Texteinblendungen des Gedichts
„Der Rebell“ des bengalischen Dichters Kazi Nazrul Islam.
Ein Reiz des Poesiefilms ist das Verhältnis zwischen Bild- und Textebene,
die sehr unterschiedliche Formen hervorbringt. In Max Fergusons „You Are
the Truck and I Am the Deer“ sind Ton und Bild ähnlich frei und scheinen
sich die Bälle der Assoziation hin und her zu spielen: Die Animation
umfasst Zeichnungen und übermalte oder zerschnittene Fotos, die Tonebene
den Text zweier Gedichte und Musik. Die Stimme, mit der die Gedichte
eingelesen werden, wird bisweilen mit Effekten verfremdet. Eine Textzeile
aus dem ersten Gedicht „Berceuse“ scheint Programm, „Ich bewundere all die
Wege / auf die Du mich / zerrissen hast“.
„burak“, Sami Morhayims Film zu einem Gedicht des Berliner
Politikwissenschaftlers und Lyrikers Ozan Zakariya Keskinkılıç, geht ganz
andere Wege und ordnet die visuelle Ebene dem Text deutlich unter, ohne in
Bebilderung zu verfallen. „burak“ wirkt in der Kombination von
Großstadtlyrik und visueller Erzählung über ein surreales Date zweier
Männer beinahe wie ein Musikvideo.
Der nigerianische Fotograf und Regisseur Prince Uhunoma Charles wiederum
adaptiert in Zusammenarbeit mit dem Lyriker David Odiase dessen Gedicht
„Benin did not die; she sends Her regards“. Die Rezitation des Gedichts
wird begleitet von einer Tanzperformance in einer Sandlandschaft.
Auch in diesem Jahr bietet das Zebra Poetry Film Festival wieder eine
beeindruckende Bandbreite von Formen, die Lyrik mit Film verbinden – vom
Dokumentarischen bis zur Animation, von Spoken Word bis zur Kontrastierung
eindrucksvoller Bilder mit Texttafeln. Das Festival ist auch in diesem Jahr
eine Entdeckungsreise durch die Lyrik der Welt.
3 Jun 2025
## LINKS
[1] https://www.silent-green.net/programm/detail/2025/6/4/poesiefestival-berlin…
## AUTOREN
Fabian Tietke
## TAGS
taz Plan
Kino Berlin
Kurzfilm
Lyrik
Schwerpunkt Nationalsozialismus
Film
Film
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