# taz.de -- Streit um Antisemitismus-Definition: Holocaust-Forscher verteidigen… | |
> 55 vor allem jüdische Intellektuelle wehren sich in einem Aufruf gegen | |
> einen instrumentellen Antisemitismus-Begriff – und loben die Linkspartei. | |
Bild: Auf dem Linken-Parteitag in Chemnitz hatte eine knappe Mehrheit für den … | |
BERLIN taz | Im Streit um die Antisemitismus-Definition bekommt die | |
Linkspartei Schützenhilfe von 55 Wissenschaftlern, Historikern und | |
Intellektuellen. Die Linkspartei hatte sich auf ihrem Parteitag in Chemnitz | |
die Jerusalemer Erklärung zum Antisemitismus (JDA) zu eigen gemacht und die | |
von vielen Staaten akzeptierte „IHRA-Arbeitsdefinition von Antisemitismus“ | |
kritisiert. Diese verwische die Grenze zwischen Antisemitismus und Kritik | |
an Israel. | |
Der Vorsitzende des Zentralrats der Juden, Joseph Schuster, [1][hatte der | |
Linkspartei daraufhin vorgeworfen, „Hass auf Israel“ zu schüren]. Massive | |
Kritik kam von der Union, aber auch von einzelnen Linkspartei-Politikern | |
wie Bodo Ramelow. | |
Die Erklärung, die der taz vorliegt, unterstützt die Linkspartei und deren | |
Bekenntnis zu der JDA. „Dass die IHRA-Definition von Regierungen angenommen | |
wurde, ist weitgehend Ergebnis politischer Kampagnen von Akteuren im | |
Einklang mit der israelischen Regierung.“ heißt es. Die IHRA-Definition | |
werde „von illiberalen Kräften instrumentalisiert, um bürgerliche | |
Freiheiten und Menschenrechte zu untergraben.“ | |
Die JDA hingegen stelle ein „sorgfältiges Gleichgewicht zwischen dem Kampf | |
gegen Antisemitismus einerseits und der Wahrung der Redefreiheit und | |
anderer demokratischer Freiheiten andererseits her.“ Eine Definition von | |
Antisemitismus dürfe „nicht als Regulierungs- und | |
Disziplinierungsinstrumente dienen – diese Rolle sollte ausschließlich | |
Recht und Gesetz zukommen.“ | |
Die Autoren, die meisten jüdische Intellektuelle, fordern die Linkspartei | |
auf, „selbstbewusst zu dieser Entscheidung zu stehen, die ein tieferes und | |
breiteres Nachdenken in Deutschland darüber anregen sollte, wie | |
Antisemitismus am besten bekämpft werden kann.“ | |
[2][Einige der Unterzeichner des Aufrufs haben die JDA 2021 mit verfasst,] | |
so der israelische Holocaust-Forscher Amos Goldberg, Stefanie | |
Schüler-Springorum, die Leiterin des Berliner Zentrums für | |
Antisemitismus-Forschung und der britische Philosoph Brian Klug. | |
Zu den Unterstützern gehören u.a. der Holocaust-Historiker Omer Bartov, | |
Avraham Burg, der frühere Sprecher der Knesset, Dagmar Herzog, Historikerin | |
in New York, Ralf Michaels, Direktor des Max-Planck-Institutes für | |
ausländisches und internationales Privatrecht in Hamburg und Susan Neiman, | |
Direktorin des Einstein Forum in Potsdam. | |
[3][Beim Parteitag in Chemnitz] hatte eine knappe Mehrheit gegen den Willen | |
des Parteivorstands für den Antrag gestimmt, von nun an die JDA zu | |
benutzen. Die Debatte um das Verhältnis der Linkspartei zu Antisemitismus | |
und Kritik an Israel dürfte mit dem Chemnitzer Beschluss nicht beendet | |
sein. | |
Die Intervention der 55 Wissenschaftler soll der Versachlichung der | |
Diskussion dienen. Die Realität, heißt es in dem Aufruf, sei „immer viel | |
komplexer ist als Definitionen es sein können.“ Zudem versuchen die | |
Autoren, darunter international anerkannte Holocaust-Forscher, die JDA und | |
die Linkspartei gegen den Vorwurf zu verteidigen, Antisemitismus zu | |
bagatellisieren. Es gehe darum, „Antisemitismus zu bekämpfen und | |
gleichzeitig die Grundfreiheiten zu schützen.“ | |
17 May 2025 | |
## LINKS | |
[1] https://www.zentralratderjuden.de/presseerklaerungen/linkspartei-gegen-die-… | |
[2] https://de.wikipedia.org/wiki/Jerusalemer_Erkl%C3%A4rung_zum_Antisemitismus | |
[3] /Parteitag-der-Linken/!6084373 | |
## AUTOREN | |
Stefan Reinecke | |
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