| # taz.de -- Aus für Kiezblock-Projekt: Geldfluss abgeklemmt, Partner düpiert | |
| > CDU-Verkehrssenatorin Ute Bonde lässt ein Kiezblock-Modellprojekt in | |
| > Mitte vor die Wand fahren. Die Reaktionen: Fassungslosigkeit und Ärger. | |
| Bild: Im Kiezblock Auguststraße in Mitte entschied ein Gericht zuletzt: Die Po… | |
| Berlin taz | Die am Donnerstag bekanntgegebene Entscheidung der | |
| Senatsverkehrsverwaltung, [1][das Projekt „Kiezblocks für Mitte“] zu | |
| stoppen, bringt nicht nur Mobilitäts-AktivistInnen in Wallung: Auch in der | |
| CDU-SPD-Koalition gibt es gehörigen Ärger. Nachdem schon der | |
| verkehrspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Tino Schopf, deutliche Kritik | |
| an dem Vorgehen geäußert hatte, sprach auch die Sprecherin für Umwelt und | |
| Klimaschutz, Linda Vierecke, gegenüber der taz von einem „Frontalangriff | |
| auf die Verkehrswende“. | |
| „Wir wurden als Koalitonspartner nicht gefragt, was leider ein gängiges | |
| Vorgehen ist“, so Vierecke über die Entscheidung von Senatorin Ute Bonde | |
| (CDU). „Ich denke, ich kann auch für den Rest der Fraktion sprechen, wenn | |
| ich sage, dass wir über das Prozedere verwundert sind und den Beschluss in | |
| der Sache überhaupt nicht teilen.“ Man müsse Kiezblöcke nicht lieben, so | |
| Vierecke, aber es gebe nun einmal Gründe dafür, dass diese eingerichtet | |
| würden: „Die kommen ja nicht aus dem Nichts.“ In der kommenden Woche werde | |
| die SPD das Thema in die Koalitionsrunde tragen, auch im Mobilitäsausschuss | |
| des Abgeordnetenhauses werde man darüber zu sprechen haben. | |
| Bonde hatte am Donnerstag dem Bezirksamt Mitte mitgeteilt, dass das mit | |
| Mitteln des Senats durchgeführte Kiezblock-Modellprojekt [2][„mit | |
| sofortiger Wirkung zu beenden“ sei]. Die Planungen seien einzustellen, eine | |
| weitere Finanzierung werde es nicht geben. Dies stelle „zugleich eine | |
| grundsätzliche Entscheidung für zukünftige Projekte dieser Art im gesamten | |
| Stadtgebiet dar“. Ein Kiezblock hält durch Maßnahmen wie | |
| Einbahnstraßenregelungen und Poller den Durchgangsverkehr aus einem Viertel | |
| heraus, ohne AutofahrerInnen die Zufahrt grundsätzlich zu untersagen. Rund | |
| ein Dutzend gibt es in Berlin bereits. | |
| Bondes Sprecherin Petra Nelken betonte auf Nachfrage der taz, dass kein | |
| Kiezblock zurückgebaut werden müsse. Es handele sich lediglich um das Aus | |
| für dieses im Bereich Fußverkehr geförderte Modellprojekt. „Jetzt ist der | |
| Punkt erreicht, wo unsere Fachleute sagen, ihr beachtet die entscheidenden | |
| Themen nicht: Wo geht denn der verdrängte Verkehr hin? Drängt er auf eine | |
| Hauptstraße und behindert dort vielleicht eine Buslinie? Was ist im Notfall | |
| mit Krankenwagen und Löschfahrzeugen?“, begründete die Sprecherin die | |
| Entscheidung. | |
| Liest man die Projektbeschreibung auf der vom Bezirksamt Mitte betriebenen | |
| Website, klingt es nicht unbedingt, als habe man sich über solche Fragen | |
| keine Gedanken gemacht. Über Beteiligungsformate, aber auch | |
| Verkehrszählungen sollten aus insgesamt 28 Kiezen 12 destilliert werden, in | |
| denen – nach einer weiteren Beteiligungsrunde, unter anderem mit | |
| „Kiezspaziergängen“ – ein Kiezblock zu planen und bis Frühjahr 2026 | |
| umzusetzen wäre. Vom Arkonaplatz über die Lehrter Straße bis zum Soldiner | |
| Kiez ist (bzw. war) alles dabei. Auch die Beteiligung von Feuerwehr, | |
| Polizei und BSR ist laut Bezirksamt gewährleistet. | |
| ## Poller als Stein des Anstoßes | |
| „Da gehen die Meinungen auseinander“, sagt Nelken. Fakt ist: Die Frage, ob | |
| einzelne Poller in einem Notfall das rechtzeitige Eintreffen von | |
| Einsatzkräften verhindern, schlägt medial immer wieder hohe Wellen. Als die | |
| B.Z. [3][nach der Einrichtung des Kiezblocks rund um den Neuköllner | |
| Richardplatz] bei einem „Ortstermin“ beobachtete, wie ein Feuerwehrmann mit | |
| einem umklappbaren Poller kämpfte, thematisierte die AfD dies prompt im | |
| Verkehrsausschuss. Polizeipräsidentin Barbara Slowik Meisel sagte dort, es | |
| „gehe nicht“, dass bezirkliches Handeln „unter Umständen das Leben von | |
| Menschen gefährde“. | |
| Während der grüne Verkehrsstadrat von Mitte, Christopher Schriner, schon am | |
| Donnerstag mitteilte, dass es „eine wohlwollende Würdigung“ wäre, die | |
| Begründungen der Senatsverwaltung „als sachfremd zu bezeichnen“, und auf | |
| bereits bestehende „verbindliche Finanzierungszusagen“ pochte, verwies die | |
| Sprecherin von Changing Cities, Ragnhild Sørensen, darauf, dass die Bezirke | |
| nun auf sich alleine gestellt seien. Das größte Problem dabei sei das | |
| Abklemmen der Fördermittel, das freilich schon früher begonnen habe. | |
| Per Anweisung der Landesebene verhindern ließen sich einzelne Projekte aber | |
| nicht: „Wenn eine BVV beschließt, einen Kiezblock einzurichten und das aus | |
| eigenen Mitteln zu finanzieren, kann der Senat im Prinzip nichts machen. | |
| Darauf hat er keinen Zugriff.“ Unklar ist, ob man das im Haus von Ute Bonde | |
| genauso sieht: Ihre Sprecherin hatte gegenüber dem Tagesspiegel angedeutet, | |
| dass trotz fehlender Zuständigkeit für das Nebenstraßennetz die in der | |
| Senatsverwaltung angesiedelte Verkehrslenkung Bezirksprojekte verhindern | |
| könne, wenn diese negative Auswirkungen auf das Hauptstraßennetz hätten. | |
| Für die verkehrspolitischen SprecherInnen der Grünenfraktion, Antje Kapek | |
| und Oda Hassepaß, zeigt die CDU „wieder einmal, dass sie an einem sicheren | |
| und zukunftsfähigen Verkehrssystem in Berlin kein Interesse hat“. Und | |
| Roland Stimpel vom Fußverkehrsverein FUSS bezeichnet Senatorin Bonde als | |
| „Gefährderin der gehenden Mehrheit“ – die zudem nichts gegen Falschparker | |
| und E-Scooter tue, Tempo 50 wieder einführe und längst versprochene | |
| Zebrastreifen nicht anlegen lasse. | |
| ## Kommt der nächste Volksentscheid? | |
| Bei so viel Aufruhr in der Mobilitätswende-Szene fragt sich eigentlich nur: | |
| Steht Berlin demnächst vor einer Neuauflage des Fahrradvolksentscheids, um | |
| die faktische Aushöhlung des vor zehn Jahren erkämpften Mobilitätsgesetzes | |
| zu stoppen? Ragnhild Sørensen von Changing Cities winkt ab – vorläufig: | |
| „Auch wenn das immer im Hinterkopf mitschwingt, haben wir die Pläne für | |
| einen neuen Volksentscheid noch nicht konkretisiert.“ Es gebe aber jetzt | |
| viel zu tun: „Unsere Ehrenamtlichen sind gerade auf 180, die organisieren | |
| Demos, da kommt jetzt eine ganze Welle. Aber sonst müssen wir einen kühlen | |
| Kopf bewahren und schauen, wie das weitergeht.“ | |
| 16 May 2025 | |
| ## LINKS | |
| [1] https://kiezblocks-mitte.de/ | |
| [2] https://www.berlin.de/sen/uvk/presse/pressemitteilungen/2025/pressemitteilu… | |
| [3] /Poller-und-Kiezblocks/!6032633 | |
| ## AUTOREN | |
| Claudius Prößer | |
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